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Das Thema Der wahre Mose - Eine Suche nach der Stecknadel

Stand: 25.04.2012 | Archiv

Je greifbarer der durch Redaktoren und gelehrte Schreiber in mehreren Jahrhunderten "geschaffene" biblische Mose wird, desto blasser, schemenhafter und unwirklicher wird die historische Gestalt.

Das Rätsel des historischen Mose - Eine Bestandsaufnahme

Zwischen dem erzählten Geschehen, das der Pentateuch in die Zeit vor der Wende vom zweiten zum ersten Jahrtausend vor Christus datiert und der literarischen Ausformung, die frühestens ein halbes Jahrtausend später einsetzt und mehrere verwickelte Phasen durchläuft, klafft mindestens ein halbes Jahrtausend. Weder die Geburtsgeschichte, noch die Zehn Gebote sind authentisch, und auch als Führergestallt spielt Mose in den ältesten und ursprünglichen Überlieferungen keine Rolle. Dass er auch nur eine einzige Zeile hinterlassen und die Tora geschrieben hat, glaubt längt kein ernsthafter Wissenschaftler mehr. Auch außerhalb der Bibel nur Schweigen: Mose wird nicht erwähnt, mit keinem Wort, in keiner Quelle.

Die Sichtung der Fakten

Was bleibt dann vom Gesetzgeber, Befreier, Volksgründer, Wüstenfuchs und Großschriftsteller? Nichts davon ist belegbar, das Meiste unwahrscheinlich. Als faktisch belegte historische Gestalt ist Mose nicht fassbar. Ist demnach alles erfunden? Nicht unbedingt. Obwohl einige Forscher ihn längst als pure Fiktion abgeschrieben haben, ist der Mann vom Nil nicht gänzlich erledigt. Einiges spricht dafür, dass sich die Mose-Erzählungen um einen geschichtlichen Kern angelagert haben, die dem späteren Funktionszuwachs entgegenkam. Aber was wissen wir über den "historischen" Mose? Hat er wirklich gelebt?

Spurensuche in Ägypten

Neben den Total-Abwrackern der Mose-Gestalt, die ihr kein Jota historischer Wahrheit zugestehen, gibt es etliche Forscher, die zumindest an der Wahrscheinlichkeit eines mehr oder minder geschichtlichen Kerns festhalten. Und tatsächlich spricht eine Reihe von Argumenten für die Plausibilität dieser Annahme.

  • Der Name Mose geht auf das ägyptische Namenselement msj zurück, das "hat geboren" bedeutet und in Namen wie Thutmosis, Ahmoses oder Ramses (Ra-Mosis) auf die gebärende Gottheit hinweist. Die im Pentateuch gebrauchte Namensdeutung "Ich habe ihn aus dem Wasser gezogen" ist von der hebräischen Wurzel mšh "herausziehen" abgeleitet, aber nicht plausibel. Sie erscheint als später Versuch, den tatsächlich ägyptischen Namen mit der nachgeschobenen Geburtsgeschichte zu harmonisieren.
  • Ein weiteres Indiz liefert die Heirat mit der Midianiterin Zippora. Da die midianitischen Kamelbeduinen im 7. Jahrhundert als feindselige Ausländer und Mischehen zwischen Hebräern und Midianitern als anstößig galten, hätten die Verfasser des 7. Jahrhunderts ein solches Detail sicherlich nicht erfunden.
  • In engem Zusammenhang mit den midianitischen Wüstennomaden, deren Kerngebiet sich in etwa über das Gebiet des heutigen Jordanien erstreckte, steht auch der Name, mit dem sich Jahwe, der bis dahin namenlose Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs im brennenden Dornbusch offenbart. Jahwe ist ursprünglich ein Gewitter- und Kriegsgott, den die Midianiter seit dem14. Jahrhundert v. Chr. verehrten.
  • Ägyptische Dokumente aus der Zeit der Pharaonen Ramses II. (1290-1224 v. Chr.) Merenptah (1224-1204 v. Chr.) belegen, dass sich Beduinenstämme aus dem südlichen Palästina zwischen dem östlichen Nildelta und dem heutigen Sueskanal (Gosen) aufhielten und dort ihre Tiere weideten. Auch die im Buch Exodus genannten Vorratsstädte Pithom und Ramses wurden unter den Ramessiden im Ostdelta des Nils ausgebaut.
  • Dass Ägypter und zeitweilig in Ägypten weilende Beduinen zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden, ist ebenso belegbar, wie die Verfolgung flüchtender Bausklaven durch ägyptische Grenztruppen. Dass deren Streitwagen ägyptischer Grenztruppen dabei in sumpfigem Gelände steckenblieben und herbe Verluste erlitten, ist nicht unwahrscheinlich.

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