Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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3. Juli 1869 Weltweit erste Zahnradbahn in New Hampshire eröffnet

Wie kommt man auf einen Berg, ohne außer Atem zu geraten? Klar: per Bahn! Doch eine Berg-Bahn braucht Steigeisen, erkannte der New Hampshirer Erfinder Sylvester Marsh und erfand die Zahnradbahn. Autorin: Christiane Neukirch

Stand: 03.07.2020 | Archiv

03 Juli

Freitag, 03. Juli 2020

Autor(in): Christiane Neukirch

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Was ist das Glück des Gipfelstürmers? Ist es nicht die Freude, nach den Strapazen des Aufstiegs oben anzukommen und als einsamer Bezwinger der Bergeshöhen die Aussicht zu genießen? Und nicht zu vergessen: der Stolz, diese Freude anderen vorauszuhaben, weil man etwas geleistet hat, während jene der Faulheit frönten?

Welch unschöne Überraschung dann, wenn man keuchend den Gipfel erreicht – und dort auf eine Traube Menschen stößt! Ausgeruhte Menschen, fröhlich durcheinander redend, weil sie noch jede Menge Atem übrig haben. Menschen in Sandalen.

Bin schon da!

Ja, was des einen Leid, ist des anderen Freud: Wer hat nicht als Kind, von den Erwachsenen zur Bergwanderung gezwungen, schon mal davon geträumt, den Gipfel ohne Mühen zu erreichen? Sich hinauftragen zu lassen und sich oben frisch und unverschwitzt direkt zur Brotzeit zu setzen?

Möglich, dass es Sylvester Marsh auch so erging. Der Tüftler und Erfinder lebte damals in New Hampshire im Schatten des Mount Washington. Knapp 2000 Meter hoch ragt das weiße Haupt dieses Berges aus einem recht flachen Umland in den Himmel. Die Sehnsucht, von dort oben den Weitblick zu genießen, dürften viele haben, so dachte er sich – und als Unternehmer witterte er die Chance, seinen Heimatort und den dazugehörigen Berg touristisch zu erschließen.

Wie aber bringt man die nötige Menge zahlender Gäste möglichst bequem auf den Berg?

Massentourismus unterm Gipfelkreuz! Aber wie?

Klar doch: mit der Bahn! Für eine Eisenbahn war die Strecke eindeutig zu steil, soviel war Sylvester Marsh klar. Er versammelte also ein Team von Ingenieuren um sich, tüftelte mit ihnen an einer technischen Lösung – und kam schließlich auf das Zahnrad. Zwischen den Schienen ließ er eine geriffelte Mittelspur anbringen, in die die Lok mit einem Antriebszahnrad hineingreift und sich so den Hang hinaufziehen kann.

Die Zahnradbahn war geboren. Am 3. Juli 1869 schnaufte die Dampflok namens “Hero“ – “Heldin“ – erstmals im öffentlichen Betrieb die 5 Kilometer lange Strecke hinauf und beförderte die Fahrgäste über 1000 Höhenmeter dem  Gipfel entgegen. Bald hatte sie unter den Besuchern ihren Spitznamen weg: “Old Peppersass“ -  die “Alte Pfeffersoße“; denn ihr senkrecht stehender Dampfkessel erinnerte stark an eine Flasche Tabascosauce.

Fast auf den Tag genau 60 Jahre nach der Eröffnung wurde “Old Peppersass“ dann doch Opfer der physikalischen Kräfte: aus ihrem Antriebsrad brach bei einer Talfahrt ein Zacken heraus und der Zug sauste ungebremst abwärts. Zum Glück konnten fast alle Passagiere rechtzeitig abspringen und sich retten.

Für “Old Peppersass“ ging es in Pension. Sie wurde aus all ihren Einzelteilen liebevoll wieder zusammengefügt und als Denkmal an der Basisstation aufgestellt – dort glänzt sie bis heute, die Mutter aller Zahnradbahnen.


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