1. Juni 2021 Sisis Unterwäsche wird in München versteigert
"Still und diskret" wechselt getragene Damenunterwäsche in Fetischkreisen den Besitzer. In diesem Fall jedoch handelte es sich um 150 Jahre alte Wäsche, die noch dazu Kaiserin Elisabeth von Österreich, genannt Sisi, gehört hatte. Für 3.800 Euro wurden drei Teile von Sisis Wäsche 2021 in München versteigert. Autorin: Isabella Arcucci
01. Juni
Mittwoch, 01. Juni 2022
Autor(in): Isabella Arcucci
Sprecher(in): Caroline Ebner
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Ach Herrjeh, was für eine Aufregung! An diesem strahlenden Septembertag des Jahres 1897 kehrte beim Sonnenwirt in Nals nahe Meran doch tatsächlich die Kaiserin Sisi ein. Die braven Wirtsleute waren völlig aus dem Häuschen - und die ärmsten Hofdamen Ihrer Majestät völlig außer Puste. Sisi liebte stramme Märsche. Auf ihren Reisen und Kuraufenthalten legte sie täglich lange Strecken zu Fuß zurück. Manchmal bis zu 60 km an einem Tag! Bergauf bergab, vorbei an Klippen, rauschenden Bächen, reißenden Flüssen, tobenden Meeren - nur um dem eingeengten Leben als Kaiserin daheim in Wien zu entfliehen. Und natürlich, um schlank zu bleiben.
Fleischsaft statt Kuchen
Bei einer Größe von 1,72 achtete Elisabeth peinlichst genau darauf, nie mehr als 50kg auf die Waage zu bringen. Um 5 Uhr morgens begann sie den Tag mit einem mehrstündigen Sporttraining in den eigenen Gemächern. Nach endlosem Frisieren folgte ein kurzes Päuschen auf dem Canapé, während dem sie ihr Gesicht mit rohen Kalbsschnitzeln bedeckte. Diese hätte sie selbstverständlich nie gegessen. Die tägliche Diät der Kaiserin bestand aus Milch, Orangensaft und Fleischsaft, sprich Blut, das aus mehreren Kilo Rindfleisch eigens für Ihre Hoheit frisch gepresst wurde. Sisis Taille war geschnürt nur 48cm breit und musste täglich gemessen werden, genau wie ihre Arme, Schenkel und Waden.
Von alldem wusste die gute Sonnenwirtin freilich nichts. In panischer Freude rannte sie in die Küche und buk in aller Eile für den hohen Besuch einen Schokoladenkuchen - zum Schrecken der Kaiserin. Sisi aß aus Höflichkeit ein winzig kleines Stück. Den Rest konservierten die ehrfürchtigen Wirtsleute für die Nachwelt. Der von Ihrer kaiserlichen Majestät angeknabberte Kuchen ist heute in einer Vitrine des Museums von Schloss Trautmannsdorf in Meran zu bestaunen.
Ein kaiserliches Höschen in XXS
Die Hofärzte waren alarmiert über Elisabeths Lebenswandel und ebenso die Wiener.
Denn Sisi, so das Gerücht, trug keine Unterröcke! Die hätten sie wohlmöglich zu voluminös gemacht. Was die Kaiserin drunter trug, das konnte die Nachwelt am 1. Juni 2021 in der Nähe von München besichtigen. Für 3.800 Euro wurden ein Leibchen, Strümpfe und ein sogenanntes Wickelbeinkleid der Kaiserin versteigert. Das Auktionshaus Hermann Historica war in der Vergangenheit in die Kritik geraten, da dort auch Nazidevotionalien, wie eine Unterhose von Herrmann Göring, unter den Hammer kamen. Der Riesenschlüpper des NS-Verbrechers lässt sich jedoch in keiner Weise mit dem Spitzenhöschen Ihrer kaiserlichen Hoheit vergleichen. Sisis Wickelunterhose war in der Mitte offen. Das war damals üblich - und praktisch: für die schnelle Pipipause bei der 60 Kilometerwanderung.
Doch wer auch immer das gute Stück ersteigert haben mag, wird wohl kaum in der Lage sein, nun darin der Kaiserin sportlich nachzueifern. Denn Sisis Wäsche fällt kleiner aus als eine moderne Konfektionsgröße 32. Da hilft nur eine Radikaldiät mit Fleischsaft und Gewaltmärschen. Oder aber, man pfeift auf Figur und Fitness kehrt gemütlich im nächsten Wirtshaus ein und gönnt sich ein riesiges Stück Schokoladenkuchen!