Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. November 1929 Mickey Mouse debütiert im Film "Steamboat Willie"

Eine kleine Maus in pluderiger Hose, das Käppi schräg auf dem Kopf, pfeift am Steuerrad eines Dampfers vor sich hin. Von der Handlung her ist der Film nicht sehr kompliziert, aber der Ton macht die Musik. Und so wird Mickey Mouse in dieser Rolles des "Steamboat Willie" weltberühmt. Autorin: Susanne Hofmann

Stand: 18.11.2022 | Archiv

18 November

Freitag, 18. November 2022

Autor(in): Susanne Hofmann

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Ihr erster großer Auftritt fällt zusammen mit einer bahnbrechenden Erfindung: dem Tonfilm. Zu den beschwingten Klängen eines Gassenhauers spielt sich die freche, kleine Maus mit den großen, kreisrunden, schwarzen Ohren und den schlaksigen Armen und Beinen in die Herzen der Zuschauer. Die Handlung des Kurzfilms ist dabei eher unspektakulär: Matrose Mickey schippert auf einem Mississippi-Dampfer dahin und gabelt unterwegs einen Haufen Farmtiere und seine Gefährtin Minnie Mouse auf.

Handlung eher weniger

Zur Sensation machen den Zeichentrick-Streifen die bis dahin - im wahrsten Sinne des Wortes - unerhörten Klangeffekte. Mickey pfeift sich einen, dreht das ratternde Steuerrad im Takt zur Musik und lässt die Schiffshörner ertönen. Er und Minnie funktionieren die Tiere zu Musikinstrumenten um - die Ziege zur Drehleier, die Ente zum Dudelsack, das Gebiss der Kuh zum Xylophon. Und so geht es munter dahin - Pling-Plong, Krach-Bumm, Doing, Plopp, Schnatter, Quieck, Tut-Tuuut - eine veritable Sound-Partitur erklingt parallel zur Orchestermusik. Ton und Cartoon bilden eine so organische Einheit, als wäre alles aus einem Guss entstanden.

Konzert auf dem Wasser

Doch weit gefehlt. "Steamboat Willie", so heißt der Ton-Trickfilm, ist das Produkt kniffliger Tüftelei und fast schon ein Akt der Verzweiflung. Als sich Walt Disney 1928 an die Arbeit macht, muss der damals 27-Jährige gerade einen Tiefschlag verkraften. Er hat die Rechte an seiner beliebten Comic-Figur Oswald, dem lustigen Hasen, verloren.

Zudem haben ihn wichtige Mitarbeiter verlassen. Und zu allem Überfluss geht nun auch noch sein Geld zur Neige. Ein Ersatz für Oswald muss her. Fieberhaft entwerfen Disney und sein Team neue Tierfiguren - und verwerfen sie wieder, bis endlich eine kleine Maus auf einem Blatt Papier entsteht: Mickey Mouse.

Und weil der Tonfilm damals der letzte Schrei ist, setzt Disney sich in den Kopf: Die Figur soll in diesem neuen Genre debütieren. Als der Cartoon fertig ist, machen die Disney-Leute eine Test-Vorführung: Sie projizieren den Film auf ein Bettlaken und erzeugen live die passenden Klänge dazu: Einer spielt Mundharmonika, einer macht Soundeffekte mit dem Mund, einer schlägt auf Blechschüsseln. Und siehe da: Es funktioniert. Disney ist Feuer und Flamme. Er bucht Orchester und Tonstudio zur Vertonung des Films und - erlebt eine Pleite. Die Musiker schaffen es einfach nicht, synchron zu den Bildern zu spielen, die Akzente sitzen nicht, der erhoffte Effekt bleibt aus. 1.000 Dollar für die Katz. Doch Disney verkauft sein Auto und bucht mit dem Erlös das Studio für eine weitere Session. Diesmal klappt es - Bilder und Rhythmus greifen ineinander, der Film ist im Kasten.

Und am 18. November 1928 ist es so weit: Im Colony Theatre, einem New Yorker Kino, wird "Steamboat Willie" erstmals vor Publikum gezeigt - als Vorfilm. Die Zuschauer sind hingerissen und schlagartig verliebt in die quietschlebendige Maus. Begeisterte Filmkritiken bereiten Mickeys weltweitem Siegeszug den Weg. Im Laufe der Jahre mausert er sich zu einer Ikone des 20. Jahrhunderts.


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