Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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25. Juli 1110 Mathilde wird mit acht Jahren zur römisch-deutschen Königin gekrönt

Mathilde hätte es fast zur ersten eigenständigen Königin von England gebracht. Mit acht Jahren zur römisch-deutschen Königin gekrönt, mit 12 mit dem Kaiser verheiratet, mit 23 verwitwet, entwickelte sie Ambitionen, die deutliche Spuren in der europäischen Geschichte hinterlassen haben. Autorin: Brigitte Kohn

Stand: 25.07.2023 | Archiv

25 Juli

Dienstag, 25. Juli 2023

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Frauen im Mittelalter, sind das nicht die, die in den Burgen den Minnesängern lauschen und auf ihren Ritter warten, um ihm nach bestandener Aventiure den Siegerkranz auf die Locken zu drücken? Nein, das ist ein Klischee. In Wirklichkeit gestalten Frauen das mittelalterliche Leben erstaunlich aktiv mit. Bauersfrauen ackern Seite an Seite mit ihren Männern, Nonnen machen durch Frömmigkeit, Bildung, organisatorische und intellektuelle Leistungen von sich reden, Königinnen und Kaiserinnen nehmen erheblichen Einfluss auf Staatsaktionen. Eine ganz besonders ambitionierte Herrscherin ist Mathilde von England im 12. Jahrhundert. Erst ist sie die Gattin des römisch-deutschen Kaisers, des Saliers Heinrich V., und nach dessen Tod kämpft sie darum, die erste aus eigener Machtvollkommenheit regierende Königin Englands zu werden.

Ohne Männer!

Denn England ist das Land, in dem sie 1102 als Tochter des anglonormannischen Königs geboren wird. Bereits mit acht Jahren wird sie nach Mainz geschickt, um mit dem deutschen König Heinrich V. verlobt zu werden. Diese Verbindung steigert das Ansehen des englischen Königs, und Heinrich kann die reiche Mitgift seiner kindlichen Verlobten gut brauchen, denn er muss den Italienzug finanzieren, um sich vom Papst in Rom zum Kaiser krönen zu lassen und so den traditionellen imperialen Anspruch der römisch-deutschen Herrscher zu behaupten.

Sich hoch heiraten

Die Krönung Mathildes zur Königin findet am 25. Juli 1110 statt, noch vor seiner Abreise. Während der Zeremonie hält der Erzbischof von Trier das Kind ehrfürchtig in den Armen.
Als ihr Erzieher wird er ihr in den folgenden Jahren das hohe imperiale Selbstbewusstsein vermitteln, das ihr gesamtes Leben prägen wird. Kaum ist sie 12 und geschlechtsreif, steigt die prunkvolle Hochzeit. Chronisten rühmen die liebliche Erscheinung der Braut, verraten aber nichts über ihre Gefühle. Mathilde scheint problemlos in ihre Rolle als Teilhaberin an der kaiserlichen Herrschaft hineingewachsen zu sein. Bereits mit 15 Jahren tritt sie in Italien als Richterin auf und schlichtet Streitigkeiten, auch mit Heeresangelegenheiten befasst sie sich. Als Heinrich an Krebs stirbt, ist sie erst 23 und kinderlos.

Ihr Vater, der englische König, hat mittlerweile seinen Sohn bei einem Schiffsunglück verloren und beschließt, die Tochter als Thronfolgerin aufzubauen. Doch Mathilde hat einen Konkurrenten, den Grafen Stephan von Blois, dem es gelingt, sich mit Hilfe seiner machtbewussten Frau den Thron zu sichern. Mathilde kämpft mit allen Mitteln gegen die beiden, und England versinkt 12 Jahre lang in Anarchie und Bürgerkrieg. Das nehmen die Chronisten Mathilde sehr übel. Sie beschreiben sie als kalte, stolze und überhebliche Unruhestifterin und vermissen weibliche Milde. Immerhin gelingt es der Kaiserin, wenn schon nicht sich selbst, so doch einem ihrer Söhne aus einer zweiten Ehe den Thron zu sichern, der dann ein Großreich aufbauen wird. Mathilde hat also bedeutende Weichen gestellt, und Historiker mutmaßen heute, dass man ihren Kampfgeist wohl kaum so kritisch betrachtet hätte, wenn sie ein Mann gewesen wäre.


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