Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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13. Dezember 1903 Italo Marchiony erhält Patent auf Eistüten-Maschine

Eine Eistüte ist praktisch: Eis kann so ohne Besteck und Geschirr angeboten werden, und die Verpackung wird gleich mitgegessen, so dass kein Abfall entsteht. Das Backen der Waffeltüten dauerte früher allerdings eine Weile. Zu lange, fand der geschäftstüchtige Eisverkäufer Italo Marchiony. Autorin: Susi Weichselbaumer

Stand: 13.12.2021 12:00 Uhr | Archiv

13 Dezember

Montag, 13. Dezember 2021

Autor(in): Susi Weichselbaumer

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Manche Ideen liegen in der Luft. Die Zeit ist reif, braucht es nur noch den richtigen Ort. In den 1890er Jahren ist das New York, zumindest wenn es um Speiseeis geht. Das Geschäft mit der kalten Köstlichkeit boomt, blöderweise werden viele Leute krank davon. Nicht, weil das Eis schlecht wäre. Die Glasnäpfchen, in denen die Straßenverkäufer das Eis ausgeben, lassen sich - vor Ort am Eisstand auf der Straße – schlecht waschen. Die städtischen Gesundheitsbehörden drohen mit dem Eis-Aus. Was aber wäre eine Alternative zur Eisglasschale?

Die Eistüte aus Waffelteig

Ein extra Behältnis für jeden Kunden und jede Portion, das man mitessen kann! Aus Waffelteig – die Idee hatten schon andere vorher, in Italien und Großbritannien gibt es das bereits. Der Auswanderer Italo Marchiony bringt die Eiswaffel sozusagen – zumindest rein gedanklich – aus den Dolomiten in seine Wahlheimat New York mit. Dort betreibt er in den 1890ern einen Eiswagen auf der Wall Street, eine Karre zum Ziehen, spezialisiert auf Zitroneneis. Das gibt Marchiony wie in den USA üblich in Whiskeygläsern aus. Die brechen dauernd, oder bekommen Füße. Der Italiener probiert es mit gefalteten Papierbechern. Die fliegen in der Gegend herum und er muss ständig hinter seinen Kunden aufräumen. Marchiony lässt den American Way of Life sein und macht es wie daheim in Italien: Gebäck statt Glas oder Papier. Die Waffeln backt er am Stand, noch warm formt er sie zu Bechern. Oben weit, unten flach. 

Eiswaffel-Imperium

Die Wall Street-Angestellten investieren ihr Mittagspausen-Budget begeistert in Zitrone in der Waffel.

Marchiony expandiert, betreibt bald 45 Verkaufswagen. Sein Eis wollen alle. Warten, bis der nächste Waffelbecher gebacken ist, im geschäftigen Manhattan keiner. Also erfindet Marchiony eine Eiswaffelmaschine. Eine Art Waffeleisen mit zehn Einkerbungen. In einer alten Garage zieht er seine Waffelbäckerei auf, zigfach entstehen hier Waffelbecher mit winzigen Henkeln dran. 1903 gibt es dafür ein Patent. Marchiony lässt den Straßenverkauf sein und startet in New Jersey eine Eiswaffelfabrik.

Und er ist nicht der einzige. 1904 gehen dem amerikanischen Eisverkäufer Charles Menches die sauberen Tellerchen aus, als seine Angebetete sich dem Stand nähert. Also kauft er dem Bäcker am Stand nebenan eine frische Waffel ab, rollt die - für sie - zum Eis-Hörnchen und eröffnet wenig später den ersten Eiscreme-Waffel-Großhandel in Ohio. Auf der Messe in Louisiana macht es im selben Jahr ein anderer Eisverkäufer genauso. Er braucht Nachschub an Verpackungsmaterial und lässt den Konditor am Nebenstand Waffeln rollen. Ob der Eisverkäufer in Louisiana Marchiony – der Eiswaffelbechererfinder – selbst war? Dazu gehen die Quellen auseinander. Auch dazu, wer das Eishörnchen, später die Sandwich-Waffel, Bananenform-Waffel oder Muschelform-Waffel in den USA als Erster präsentiert hat. Oder wessen Eiswaffelbackmaschine früher patentiert wurde. Für Marchionys wird bis heute in der Regel der 13. Dezember 1903 kolportiert. Auf dem Patent steht der 15. – aber die Waffel-Idee lag damals offensichtlich in der Luft. Und: Wer schneller ist, dem schmilzt weniger Eis. 


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