Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Oktober 1830 Der Grundstein für den Bau der Walhalla wird gelegt

Bedeutende Persönlichkeiten sollten in der Gedenkstätte "Walhalla" in Donaustauf geehrt werden, so der Wunsch von König Ludwig I. Um als Marmorbüste in der "Walhalla" verewigt zu werden, war aber ein Kriterium unverzichtbar: "teutsch" musste man sein, sonst kam nicht rein. Und nur wer drin ist, ist drin. Autor: Thomas Grasberger

Stand: 18.10.2022 | Archiv

18 Oktober

Dienstag, 18. Oktober 2022

Autor(in): Thomas Grasberger

Sprecher(in): Irina Wanka

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Der Mensch liebt den Vergleich. Deshalb gibt es Olympische Spiele, Fußballweltmeisterschaften, Schönheitswettbewerbe für Rauhaardackel oder Wettkämpfe im Holzfällen. Kaum ist so ein Turnier vorüber, werden eiligst Listen erstellt, wo man schwarz auf weiß nachlesen kann, wer die anmutigste Kugelstoßerin, der treffsicherste Mittelstürmer, der best-frisierte Dackel oder die schlagkräftigste Holzfällerin ist.

Wer reinkommt ist drin

Auch Fertigsuppen und Schnurlos-Telefone haben ihre Bestenlisten. Ebenso die reichsten Milliardäre der Welt, die alljährlich von Wirtschaftsmagazinen gekürt werden. Das Prinzip ist immer ähnlich: Hauptsache man steht drauf! Exklusivität lautet das Stichwort! Denn nichts ist für einen Guten, Schnellen, Reichen, Klugen oder Schönen ärgerlicher als eine Bestenliste, auf der sein Name gar nicht auftaucht. "Wer reinkommt ist drin", heißt daher die erste Folge der berühmten Fernsehserie "Kir Royal" aus den 1980er Jahren. Im Film ist es Klatschreporter Baby Schimmerlos, der bestimmt, wer in seinen Zeitungs-Kolumnen Erwähnung findet und somit drin ist, in der Münchner High Society. Im Bayern des 19. Jahrhunderts hat der Monarch das Sagen, wer reindarf, zum Beispiel in die Walhalla. Denn sie ist des ersten König Ludwigs ewige Bestenliste aus Stein. Der bekanntlich länger hält als Zeitungspapier, weshalb der Bayernkönig all die Büsten und Tafeln für seine Walhalla-Helden aus Marmor anfertigen ließ. Die Grundsteinlegung erfolgte übrigens am 18. Oktober 1830, einem Montag. Die Woche ging also gut los im Königreich, denn mit dem Renommier-Bau machte sich Ludwig I. nicht nur um die Erinnerungskultur, sondern auch um die Förderung des ländlichen Raums verdient.

Hauptsache "teutsch"

Sein deutsches Nationaldenkmal Walhalla entstand nämlich nicht wie ursprünglich geplant im Englischen Garten Münchens, sondern in Donaustauf bei Regensburg. Also dort, wo man Bestenlisten-mäßig noch nicht ganz so verwöhnt war wie in Isar-Athen. Dafür war die Panorama-Lage auf dem Plateau überm Donau-Ufer unschlagbar für einen klassizistischen Bau. In dessen Hallen wurden zunächst 160 bedeutende Persönlichkeiten "teutscher Zunge" geehrt. Von A wie Arminius, dem Römer-Bezwinger, bis W wie Wulfila, dem Goten-Bischof. Und dazwischen jede Menge Büsten von Königen und Kaisern, Malern, Dichtern und Komponisten. Hauptsache sie waren irgendwie "teutsch". Darum ging´s Ludwig I., der ein leidenschaftlicher Franzosen-Gegner und ein großer Deutschland-Freund war.

Entsprechend lang war sie, seine "teutsche" Bestenliste". Und trotzdem, irgendwer fehlt immer. Und sei es bloß Martin Luther, was seinerzeit dem Walhalla-Kritiker und Dichter Heinrich Heine sauer aufstieß. Später sollten beide, Luther und Heine, - quasi im Nachrückverfahren - noch Einzug halten in die heilige Halle. Erstaunlicherweise ist aber auch der Marmor-Ruhm auf Dauer nicht unvergänglich. Als Anfang des 21. Jahrhunderts drei dicke historische Bände über "Deutsche Erinnerungsorte" erschienen, da fehlte - ausgerechnet! - unsere Walhalla von Donaustauf. Ja mei, so geht’s: Nicht einmal ewige Bestenlisten halten ewig.


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