Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Juni 1482 Erstes in München gedrucktes Buch erscheint

Besser spät als nie: Am 28. Juni 1482 druckte Johann Schaur in München das erste Buch mit beweglichen Lettern - rund 30 Jahre nach Johannes Gutenbergs revolutionärer Erfindung. Da waren Bamberg, Nürnberg und Augsburg schon auf dem Weg zu Metropolen des Buchdrucks und des Buchhandels. Autor: Michael Zametzer

Stand: 28.06.2023 | Archiv

28 Juni

Mittwoch, 28. Juni 2023

Autor(in): Michael Zametzer

Sprecher(in): Irina Wanka

Redaktion: Frank Halbach

Hand aufs Herz: Wieso, weshalb, warum finden wir Alliterationen so angenehm? In der Lyrik sind sie gang und gäbe. Aber auch profane Politik profitiert von der Analogie der Anfangsbuchstaben, etwa bei schmissigen Slogans: "Willy Wählen, weil Willy weiß, was Wähler wollen!" oder bayerisch: "Mia san mia“, „wer ko, der ko" - und natürlich: "Laptop und Lederhosen". Roman Herzog schuf diese Alliteration anlässlich seines bundespräsidentiellen Eröffnungsbesuchs der Neuen Messe München 1998 und verbalisierte wörtlich mit Blick auf den Technologiestandort Bayern: "Hier sind Lederhose und Laptop eine Symbiose eingegangen“. Dass ein paar Jahre später Edmund Stoiber, eine lyrische Ausnahmebegabung ganz anderer Art, den Ausspruch gekonnt für seine Partei gekapert hat – geschenkt. Die Verbindung des Laptops mit der oberbayerischen Lederhose aber suggerierte eindeutig, dass Innovation, Fortschritt und High-Tech hauptsächlich im Raum München wachsen und gedeihen.
Und so gilt München auch heute als Medien-Metropole: Google, Apple, Microsoft: Die Tech-Riesen der Welt - in Bayern residieren sie an der Isar.

Die Wiege von Innovation und Fortschritt

München als Wiege von Innovation und Fortschritt? Nun ja, vor 550 Jahren jedenfalls hatte nicht die nachmalige Weltstadt mit Herz die Nase vorn im Wind der Zukunft. Seit Johannes Gutenberg in Mainz in den 1450er Jahren den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden hatte, verbreitete sich die revolutionäre Technik rasant in Süddeutschland. Allerdings nicht an der Isar, sondern am Lech, an Pegnitz und Regnitz. Die zweite Buchdruckerwerkstatt Europas – nach Mainz - stand nämlich in Bamberg. Dort tüftelte der gelernte Formschneider Albrecht Pfister am maschinellen Vervielfältigen von Schriften.

Und wenige Jahre nach Gutenbergs großem Wurf druckte er in seiner Offizin - so der damals gebräuchliche Name für Werkstatt - im Auftrag des Bistums zwei Bücher: Eine Armenbibel und die "Vier Historien", biblische Geschichten für das einfache Volk. Letzteres gilt nicht nur als erstes mit beweglichen Lettern gedrucktes Buch außerhalb von Mainz – es war auch das erste Mal, dass in einem Text das Wort "Drucken" als Bezeichnung für den mechanischen Vorgang des Druckens selbst verwendet wurde. Und damit ist Bamberg zum High-Tech-Medienstandort erster Stunde geworden. Das mag auch damit zusammenhängen, dass Bischofssitze generell attraktive, weil lukrative Standorte für frühe Druckereien waren. Die göttliche Lehre wollte schließlich unters Volk gebracht werden. So hatte Albrecht Pfister schon in den 1450er Jahren mit dem Druck von Ablassbriefen und Flugblättern im Auftrag des Bischofs sein Handwerk begonnen. Die "Schwarze Kunst" breitete sich aber auch dort aus, wo der Handel blühte: Nürnberg und Augsburg wurden so zu Metropolen des Buchdrucks.

München und die "Schwarze Kunst"

Und München? Ja, natürlich wurden auch in München Bücher gedruckt. Aber - es dauerte dann eben doch ganze 20 Jahre, bis nach dem Bamberger Albrecht Pfister auch der Drucker Johann Schaur in München das erste Buch fertiggestellt hat, am 28. Juni 1482: "Indulgentiae ecclesiarum principalium urbis Romae". Ein Reiseführer für Pilger auf dem Weg nach Rom.
Lange vor "Laptop und Lederhosen" also "Drucktafeln und Druckerschwärze" – mit leichter Verspätung dann doch auch in München.


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