Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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23. August 1709 In Schönheit sterben: Der Alchimist Caetano endet am goldenen Galgen

Er war eine Berühmtheit der Barockzeit, als Abenteurer, Alchemist und Goldmacher: Domenico Manuel Caetano, selbsternannter Graf von Ruggiero. Blöd, dass die Preußen das mit dem Goldmachen so unglaublich wörtlich nahmen. Friedrich I. ließ ihn an einem mit Flittergold beklebten Galgen aufhängen. Autor: Simon Demmelhuber

Stand: 23.08.2022 | Archiv

23 August

Dienstag, 23. August 2022

Autor(in): Simon Demmelhuber

Sprecher(in): Christian Baumann

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Gold - das ist kein Wort, das ist ein magisches Mantra! Sprecht es aus und spürt, wie es die Lippen sonnenwonnig rundet, wie es wohlig in die Seele sinkt und honigschwer von eurer Zunge tropft. Nur zu! Sprecht es aus und schaut ihm nach, seht, wie es schillernd hoch und höher steigt und - peng! - zerplatzt.

Gold begehren und Gold haben, das war schon immer zweierlei. Bauer, Bürger, Bettelmann meistern die Lektion aus dem Effeff, um 1700 lernt sie auch der Adel kennen. Kriege, Missernten, Schlendrian und Renommiersucht haben die Herren geschröpft, das Geld ist knapp, die Schulden drücken.

Die hohe Alchimie

Einen Glücksäckel müsste man haben, oder ein Wünschhütlein finden, die immerfort Gold und Silber brüten, und alles, alles wäre gut. Gibt´s leider nur im Märchen, doch das ist kein Grund, vorschnell aufzugeben: Wer nicht zaubern kann, treibt eben Wissenschaft. Und die Not der einen war noch immer das Geschäftsmodell der andern. Darum grasen Scharen mysteriengefirmter Alchimisten die europäischen Höfe ab, brüsten sich mit dem Besitz des Steins der Weisen oder der Tinctura magna und versprechen, lumpiges Blei in edles Gold zu verwandeln.

Und keiner hat den hermetischen Schmäh besser drauf als Domenico Caetano. Der Sohn eines neapolitanischen Falschmünzers legt als selbstnobilitierter Conte di Ruggiero eine grandiose Goldmacherkarriere hin. Das Auftreten eines Herren von Stand öffnet ihm die Türen der Adelspalais. Von Perücken, Spitzenjabots, Lorgnons umäugt lässt sich der Graf in den Salons stets gern zu einem Pröbchen seines Könnens verleiten. Er schmilzt Blei in brodelnden Tiegeln, träufelt Tinkturen, rührt zierlich um, e eccolo qua, das Wunder geschieht: Am Löffel haftet Gold!

Dass es in einer wachsversiegelten Aussparung verborgen war, merkt niemand. Der Haken sitzt, die Opfer schlucken ihn gierig und erbitten ein vertrauliches Tête-à-Tête.

Gold oder Leben

Caetano wirft den Köder aus, streicht fette Vorschüsse ein, lässt Kessel qualmen, präsentiert gelegentlich ein Gran geschmolzenen Dukatengolds als Vortrab künftiger Schätze und empfiehlt sich durch die Hintertür, sobald ein Gönner nachdrücklich quengelt. Das Spiel geht zehn Jahre gut. Bis er an König Friedrich I. von Preußen gerät. Anfangs läuft alles wie immer: Live-Show mit Goldproduktion, Start-up-Finanzierung, Rückzug ins Labor. Zuletzt wird Friedrich ungemütlich, Caetano büxt aus, wird eingefangen und preußisch knapp ermahnt: binnen Jahresfrist Gold oder Rübe ab.

Nachdem die Bleiveredelung final misslingt, löst Friedrich sein Versprechen ein. Am 23. August 1709 wird Caetano in Küstrin zum Galgen geführt. Das mit Goldflitter und golddurchwirkter Seide spöttisch umhüllte Schandgerüst glitzt und blitzt in der Sonne. Der Delinquent betet, legt Perücke und Halsbinde ab, spricht ein letztes Adieu, und scheidet jäh aus dieser schändlich unsensiblen Zeitlichkeit. Den baumelnden Leib lässt die Rachgier des Königs mit einem Mantel aus hauchdünnem Messingblech vermummen.

Der Betrüger hat seine Strafe erhalten. Bleibt nur eine Frage: Wer straft eigentlich den, dessen Dummheit und Gier den Trickser versucht?


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