Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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24. März 1765 Amerikanische Siedler müssen britische Soldaten beherbergen, Quatering Act

Ist die Bude auch sehr klein, einer passt noch immer rein. Das dachten sich Politiker im Laufe der Menschheitsgeschichte wieder und wieder und quartierten die Einen bei den Anderen ein. Wie etwa britische Soldaten in den Kolonien Übersee. Die wollte dort nur niemand so recht haben. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 24.03.2022 | Archiv

24 März

Donnerstag, 24. März 2022

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Caroline Ebner

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Günstig ein paar Nächte in Paris verbringen, mal übers Wochenende in London unterkommen, mit wenig Geld nach New York: Couchsurfen macht‘s möglich. Für die einen ist das Ausdruck ihrer Sparfuchsmentalität. Den anderen gibt es ein Gefühl von Freiheit.

Zu wissen, man hat ein Bett und vielleicht auch ein Frühstück. Und man lernt gleichzeitig die Leute vor Ort kennen, fühlt sich willkommen, taucht ein in den Alltag seiner Gastgeber. Genießt deren Gastfreundschaft, kocht oder isst gemeinsam, erzählt sich Geschichten. Alles mit dem Gedanken: Wenn bei mir jemand anklopft, dann revanchier ich mich. Gastfreundschaft eben.

Du und ich und wir und dann Heimreise

Nur: Verpflichtet will eben niemand dazu werden. Schließlich heißt es ja GastFREUNDSCHAFT. Und das meint auch, die Freiheit zu haben, nein zu sagen. Nein, das ist mein Bett und nein, das ist mein Platz - und die brauch ich jetzt auch beide. Und wer weiß schon immer, wer da so kommt? Vielleicht stinkt der ja, vielleicht benimmt sich die ganz unmöglich, vielleicht mögen die meine Leberwurst nicht.

Insofern ist das, was am 24. März 1765 in den 13 amerikanischen Kolonien in Kraft tritt, ganz gewiss kein Akt der Gastfreundschaft. Mit dem sogenannten Quatering Act - zu Deutsch Einquartierungsgesetz - verpflichtet die britische Krone ihre amerikanischen Kolonisten dazu, britische Soldaten zu beherbergen und zu versorgen.

Welcome ...

In Kolonien, bei Siedlern, wo ohnehin gerade noch alles irgendwie improvisiert und rau wirkt im Vergleich zum zivilisierten Europa. Zu Zeiten, als die Buden vergleichsweise klein und schlecht isoliert sind. Als Waschmaschinen meist aus einem Stück Riffelblech und Kernseife bestehen. Da sollen nun auch noch bewaffnete Soldaten mit einquartiert und durchgefüttert werden. Essen teilen und dicht an dicht leben mit Soldaten aus dem Land, das man hinter sich gelassen hat?!?! Platz abgeben an schwitzige Typen mit stinkenden Socken und hässlichen roten Uniformen!?! Bah!

In Kriegszeiten war das für die meisten noch irgendwie akzeptabel. Die Soldaten boten Schutz in einem umkämpften Land. Aber jetzt? Der Siebenjährige Krieg in Nordamerika gegen die Franzosen war mittlerweile schon zwei Jahre vorbei. Verteidigung? Damit wollen die Briten doch nur neue Gesetze und Steuern durchsetzen! Reine Schikane diese Truppen, finden viele Kolonisten, und eine teure noch dazu. Soll die britische Krone doch selbst für ihre Soldaten sorgen!

Naja, um ehrlich zu sein: Aus dem eigenen Bett verdrängt wurde durch die Rotröcke wohl niemand - auch wenn das das populäre Bild bis heute vermittelt. Aber für Baracken, Herbergen und Ställe sorgen, und für die Soldaten bezahlen - das sollten die Kolonien schon. Wohin das Ganze geführt hat? Am Ende ist der Quatering Act Teil eines Vorspiels, das blutig im amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gipfelt.

Erfreulich, dass es beim Couchsurfen heute noch nicht so weit gekommen ist. Da müssen zwar gelegentlich auch schon höhere Instanzen einschreiten, wenn mancher die Sache mit dem Beherbergen und der Gastfreundschaft arg überstrapaziert. Über juristische Kleinkriege wird das aber hoffentlich nie hinausgehen.


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