Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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28. Juni 1756 Marschall Richelieu entdeckt die Mayonnaise

Nein, erfunden hat Marschall Richelieu die Mayonnaise nicht, aber entdeckt und zwar am 28. Juni 1756 im Mittelmeer auf der Baleareninsel Menorca. Deren Hauptstadt Mahon gab der berühmten Sauce den Namen, die näheren Umstände scheinen galanter Art gewesen zu sein.

Stand: 28.06.2011 | Archiv

28 Juni

Dienstag, 28. Juni 2011

Autor(in): Anja Mösing

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

Fast unmöglich, dass Sie in den letzten - sagen wir mal sieben Tagen - um sie herum gekommen sind: Vielleicht war ein Hauch von ihr an einem Salat, oder sie umhüllte die Innereien eines Sushi-Röllchens, oder eines Sandwiches, sie könnte sich auch an delikate Meeresfrüchte geschmiegt haben, oder an klein geschnippelte Fleischwurst, es ist aber auch denkbar, dass sie bei Ihnen als dicker Klacks oben auf einer Tüte Pommes gelandet ist: die Mayonnaise.

Diese umwerfend vielseitige Sauce wurde am 28. Juni 1756 entdeckt: von Marschall Louis Francois Armand de Vignerot du Plessis, Herzog von Richelieu. Nein, nicht dass Sie denken: Kardinal Richelieu. Die Sache mit der Mayonnaise geht auf das Konto von Marschall Richelieu, dem Großneffen des Kardinals. Ein Neffe, dem das Rokkoko-Leben gut gefallen hat.

Er war am Pariser Hof bekannt für seine lockeren Moralvorstellungen und für seine Genusssucht. Es heißt, beides - Frauen und Speisen - genoss er, wo immer sie ihm begegneten. Und als Marschall von Frankreich kam er mit seinen Truppen ganz gut herum. Schließlich sollte zu seiner Zeit ausgefochten werden, ob England oder Frankreich die größte europäische Kolonialmacht ist. Rund um die Welt wurden dazu Scharmützel geführt. Eines gewann Marschall Richelieu für die Franzosen, als er im Jahr 1756 mit seinen Truppen die Baleareninsel Menorca eroberte - die kleine Schwester der Insel Majorka (Mallorca). Mit diesem Sieg wischte er den Engländern eins aus, die hatten Menorca bis dahin besetzt gehalten. Ehrensache, dass es sich der Marschall auf Menorca hat gut gehen lassen. Unser Beweis: Die Mayonnaise!

Die galanten Umstände, unter denen der alte Genießer die Sauce entdeckt haben mag, lässt uns ein Brief erahnen, den der Marshall einer Dame auf Menorca hinterließ.

" ... Sollte ich Euch jemals vergessen, Madame, diese zarte Sauce, mit welcher Ihr meinen Gaumen so viele Male glücklich machtet, wird mich stets an Euch erinnern, und von jetzt an will ich sie, da ich ihr nicht Euren Namen geben kann, nur noch Mayonnaise nennen".

Die Dame ließ der Marschall demnach auf der Insel zurück, das Rezept für die leckere Sauce nahm er mit an den Pariser Hof, wo er sich als Eroberer Menorcas feiern ließ. Und er setzte noch eins drauf und ließ sich nebenbei noch als Entdecker bewundern. Als Entdecker einer neuen Sauce, die er nach der Hauptstadt der kleinen Insel als "Sauce de Mahón" vorstellte. Schnell wurde daraus die "Mahonnaise" und dann wegen des für Franzosen schier unaussprechlichen "Hs" die "Mayonnaise". Natürlich galt diese zarte Sauce aus Öl, Eigelb, Salz und Essig oder Zitrone bald als ausgesuchte, französische Delikatesse.

Denn so ist der Mensch: Den Entdecker verwechselt er gern mit dem Erfinder. Dabei ist sonnenklar, nichts kann ein Entdecker entdecken, was nicht schon vor ihm da war: Auch Columbus hat Amerika und seine Ureinwohner ja nicht erfunden, nur gefunden. Ausgedacht hat er sich lediglich ihren Namen. Worüber sich die „Indianer“ noch heute erregen - und zu Recht. Da hat es die kleine Sauce aus dem Mittelmeer fast besser: Mit ein bisschen Fantasie kommen wir - wo wir ihr auch begegnen - auf ihren Geburtsort: die kleine Hafenstadt Mahón mitten im Mittelmeer.


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