Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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26. August 1813 Der Dichter Theodor Körner fällt in Lützows verwegener Jagd

Freiwillige gegen Napoleon - nicht immer kampf-, dafür wortgewaltig. Das macht nicht kugelsicher. Doch wer stirbt, wird Freiheitsheld. Die Farben der Freiheit: Schwarz, Rot, Gold. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 26.08.2015 | Archiv

26 August

Mittwoch, 26. August 2015

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Sie waren ein Spezialkommando. Sie kämpften aus dem Hinterhalt, schlugen plötzlich und unvermutet zu. In den Wäldern hielten sie sich versteckt, Bauern und Dorfbewohner unterstützten sie. Sie waren erstaunlich viele: Dreitausend Musketiere zu Fuß, sechshundert Reiter, an die hundert Artilleristen. Alles Männer aus gutem Hause, Studenten und Handwerker, die eins gemeinsam hatten: Sie wollten ihr Land vom Feind befreien.
Der Feind: das war Napoleon. Seine Truppen hielten die Heimat besetzt.

Einige deutsche Länder hatten sich mit ihm verbündet. Auch sie waren der Feind. Und jetzt, da Napoleon einen Fehler gemacht hatte - er war gegen Russland gezogen und hatte dort eine katastrophale Niederlage erlitten - jetzt war die Gelegenheit gekommen, ihn auch aus deutschen Landen hinauszuwerfen. Dafür kämpften sie, und das mit ausdrücklicher Erlaubnis des preußischen Königs.

Friedrich Wilhelm III. hatte seinen Militärführern gestattet, Freiwilligen-Truppen aufzustellen. Junge Männer mit patriotischem Sinn, die sich Uniform, Waffen und Pferd selbst beschaffen und für ihren Unterhalt selbst aufkommen mussten. Um sie einheitlich einzukleiden, nahm man die damals übliche bunte Soldatenkleidung und färbte sie. Schwarz. Dazu goldfarbene Knöpfe aus Messing, und rote Schulterklappen. Das waren die "Schwarzen Jäger".
Und die berühmtesten der "Schwarzen Jäger" waren die des Majors von Lützow.

Prominente Freiwillige

Berühmt waren sie aber nicht etwa, weil sie militärisch so bedeutend gewesen wären. Eigentlich konnten sie nämlich gar nicht so viel ausrichten. Berühmt waren sie, weil in ihren Reihen so prominente Leute kämpften. Friedrich Jahn, der Vater aller Turner, war ein Lützowscher Jäger. Der Dichter Joseph von Eichendorff. Oder sein Kollege Theodor Körner, der eigens für seine Jäger ein Schlachtenlied geschrieben hatte.

"Was glänzt dort vom Walde im Sonnenschein?
Hör's näher und näher brausen.
Es zieht sich herunter in düsteren Reih'n
und gellende Hörner schallen darein,
erfüllen die Seele mit Grausen.
Und wenn ihr die schwarzen Gesellen fragt:
Das ist Lützows wilde, verwegene Jagd."

Eines der berühmtesten deutschen Freiheitslieder. Und in der Vertonung durch Carl Maria von Weber ein Paradestück deutscher Liedertafeln.

Schwarz, Rot, Gold

Körner selber hat Pech gehabt bei den Jägern. Am 26. August 1813, vier Monate, nachdem er das Paradestück gedichtet hatte, griff seine Truppe im Wald einen Versorgungszug der Franzosen an. Dabei erhielt Körner einen tödlichen Bauchschuß. Man schaffte die Leiche in ein nahes Dörfchen mit Namen Wöbbelin und begrub sie unter einer Eiche. Und damit begann der deutsche "Körner-Kult". Das Grab geriet zu einem Pilgerort. Jahresgedenkfeiern wurden abgehalten. Politiker aller möglichen Fraktionen beanspruchten den
"Freiheitshelden Körner" für sich: die frühen Demokraten genauso wie die Kriegstreiber des ersten, die Nationalsozialisten des zweiten Weltkriegs und danach auch noch die Nationale Volksarmee der DDR.

Und: sogar die Lützowschen Farben haben die Zeit überdauert. Nachdem Napoleon geschlagen und das Freikorps in die reguläre Truppe eingegliedert worden war, fingen deutsche Studenten an, sich demonstrativ in den Farben der Lützowschen Jäger zu kleiden: Schwarz, Rot und Gold, als Symbol einer demokratischen Veränderung im Land. Und als man - noch viel später - Farben für eine neue deutsche Fahne gesucht hat, hat man dieses "Schwarz-Rot-Gold der Freiheit" wieder aufgegriffen.

So sehen uns in unseren Landesfarben noch heute die verwegenen Jäger des Majors von Lützow an, mit ihrem Dichter Theodor Körner und ihrem Verlangen nach Freiheit und Unabhängigkeit der Heimat.


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