Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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11. Dezember 1826 Leopoldine gestorben, Kaiserin von Brasilien

Was nützt der Frau alle Klugheit, ist ihr Mann ein - nun ja - weniger heller Kopf? Und was bringt all die Liebe, ist er wie Dom Pedro ein rechter Don Juan? Leopoldine hatte sich das Kaiserin sein sicher anders vorgestellt. Aber dafür hätte ihr Mann, Herrscher von Brasilien - nun ja - ein anderer sein müssen.

Stand: 11.12.2014 | Archiv

11 Dezember

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Autor(in): Herbert Becker

Sprecher(in): Krista Posch

Illustration: Anna Hunger

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Im Münchner Stadtteil Neuhausen gibt es eine Dom-Pedro-Straße und einen Dom-Pedro-Platz. Sicher wissen nicht einmal alle der dort Wohnenden, dass Straße und Platz nach einem brasilianischen Kaiser benannt sind. Und was wahrscheinlich so gut wie überhaupt niemand errät, das ist, warum dem Mann diese Ehre zuteil wurde.

Pedro wurde Ende des 18. Jahrhunderts als Spross des portugiesischen Königshauses in Lissabon geboren. Als er neun war, floh seine Familie vor den Truppen Napoleons nach Brasilien, zu jener Zeit eine Kolonie Portugals. Der ungestüme, sprunghafte und leicht reizbare Pedro ritt gern, und er liebte die Musik. Durch besondere schulische Leistungen fiel er nicht auf. Er war neunzehn, als man ihn mit der Erzherzogin Leopoldine von Österreich verheiratete.

Klug gewählt und vermählt

Die Habsburgerin war hoch gebildet und vielseitig interessiert; sie sprach mehrere Sprachen, sie zeichnete. Mit zwanzig trat sie vor den Traualtar - in Wien; an ihrer Seite: ihr Onkel, der Erzherzog Karl, als Stellvertreter des Bräutigams. Ein halbes Jahr später traf sie beim Ehemann in Rio ein. Sie soll sich schlagartig in den gut aussehenden Pedro verliebt haben. Und er merkte wohl, dass sie ihm überlegen war, jedenfalls folgte er in der Regel den Ratschlägen, die sie ihm gab. Dass er zum Beispiel im September 1822 die Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal erklärte und sich drei Monate später zum Kaiser krönen ließ, soll auf ihr Drängen zurückzuführen sein.

"Der Apfel ist reif", hatte sie in einem Brief an ihn geschrieben, "pflücke ihn jetzt, sonst wird er faul … Pedro, dieser Augenblick ist der wichtigste Deines Lebens."

Leopoldine wurde Kaiserin von Brasilien. Doch im selben Jahr geschah, was ihr Vater, Kaiser Franz I. von Österreich, von Anfang an befürchtet hatte: Pedro nahm sich eine Geliebte. Einem zeitgenössischen Bericht zufolge verlieh er ihr am Hof eine Stellung "als ob sie die wahre Monarchin wäre".

Unter anderem erhob er sie samt der Tochter, die sie ihm gebar, in den Hochadel. Überhaupt ließ er keine Gelegenheit aus, Leopoldine zu demütigen. Er entzog ihr die finanziellen Zuwendungen, er misshandelte sie körperlich. Während ihrer achten Schwangerschaft soll er sie so heftig in den Bauch getreten haben, dass sie eine Fehlgeburt erlitt. Zehn Tage später, am 11. Dezember 1826, starb sie neunundzwanzigjährig. Drei Jahre nach ihrem Tod heiratete Pedro die siebzehn Jahre alte Prinzessin Amélie von Leuchtenberg, eine Enkelin des bayerischen Königs Maximilian I.

Nochmal geheiratet. Weniger klug.

Seine politischen Verdienste? Er bewilligte eine Verfassung, allerdings eine, die das alte Klassensystem aufrecht erhielt. Er ließ einen separatistischen Aufstand niederschlagen … Aber irgendwann hatte er den Rückhalt des brasilianischen Parlaments so weit verloren, dass er zugunsten seines fünfjährigen Sohnes abdankte und nach Portugal zurückging.

Es ist anzunehmen, dass er den einen oder anderen Beitrag zur sozialen und politischen Entwicklung Brasiliens geleistet hat. Aber war das Grund genug, eine Straße nach ihm zu benennen? Eine Leopoldinenstraße gibt es in München nicht. In Wien auch nicht. Immerhin erhielt hundert Jahre nach Leopoldines Tod ein Bahnhof in Rio ihren Namen. Aber … der wurde inzwischen stillgelegt.


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