Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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11. März 222 Der römische Kaiser Elagabal wird ermordet

Elagabal war gerade erst 14, da wurde er plötzlich römischer Kaiser. Doch ängstlich aus der Toga guckte er deswegen nicht. Der Junge glaubte an die Kraft eines Meteor-Steins, den er in Rom zum höchsten Gott machen wollte. Vier Jahre später, am 11. März 222 wurde er umgebracht.

Stand: 11.03.2011 | Archiv

11 März

Freitag, 11. März 2011

Autor: Thomas Morawetz

Sprecher: Johannes Hitzelberger

Redaktion: Thomas Morawetz / Wissenschaft und Bildung

"Kinder an die Macht" hat Herbert Grönemeyer 1986 gesungen, und Millionen Eltern waren entzückt: Ja! Die Kinder, die könnten es besser mit ihrer natürlichen Unschuld und ihrem anarchischen Charme. Aber wir wollen uns heute einmal ein solches Beispiel näher ansehen. Wir haben nämlich einen Jungen zu bieten, der im Jahr 204n.Chr. geboren wurde und im Alter von gerade einmal 14 Jahren römischer Kaiser geworden ist: In die Geschichte eingegangen ist er unter dem Namen Elagabal.

Es gibt ein Bildnis von ihm: Die Büste zeigt ein offenes kindliches Gesicht, eine niedrige Stirn, die Haare ein bisschen wuschlig im Pony; erste Spuren von einem leichten Flaum auf der Lippe. Ganz anders als die bärtigen Herkulesse, die seine Vorgänger waren.

Der letzte dieser Haudegen war Caracalla. Nach dessen Tod wäre seine Familie fast schon abgehakt gewesen für die römische Geschichte, aber halt! Da ist dann doch noch einer aus seinem Geschlecht! Ein Knabe, erst 14 und eigentlich zu weitläufig verwandt. Aber seine Großmutter streut das Gerücht, er sei ein illegitimer Sohn des alten Kaisers. Die Soldaten glauben es nur zu gerne, der Alte war ja schwer in Ordnung, und wenn das sein Sohn sein soll ... na bestens.

Elagabal ist vermutlich im fernen Syrien aufgewachsen, in Emesa, dem heutigen Homs. Von dort kommt seine Familie, und dort wird der Junge mit vielleicht dreizehn Jahren der Hohe Priester eines, na ja, lokalen Sonnengottes, des Schutzgottes von Emesa. Hoher Priester mit 13! Das ist auch für antike Verhältnisse ein starkes Stück. Und erst für den Jungen!

Und jetzt auch das noch! Kaiser! Mit 14 der mächtigste Mann der Welt! Jetzt kann das Experiment "Kinder an die Macht" beginnen. Noch bevor er in Rom ankommt, bringt Elagabal seinen Lehrer um, den braucht er jetzt ja nicht mehr. Wer aber mit ihm ankommt, ist sein Sonnengott, der bislang so schön auf ihn aufgepasst hat. Dieser Gott ist ein schwarzer Meteorstein, ein vom Himmel gefallenes Zeichen. Auf mehreren Münzen sieht man ihn, bienenkorbförmig mit ein paar Dellen. Die nächsten Jahre müssen die Römer nun erleben, wie dieser Stein die alte Jupiter-Religion ablösen soll. Elagabal macht ihn zum neuen Reichsgott Nummer eins; mit luxuriösen Tempeln und verschwenderischen Riten. Der Knabe selbst benimmt sich schockierend exotisch: Endlose Berichte schildern seine sexuellen Eskapaden. Nachts in den Puffs der Altstadt bietet er sich selbst als Stricher an und kassiert dafür kräftig Geld. Sogar von Kinderopfern für seinen Gott ist die Rede.

Nach vier Jahren haben ihn die Römer satt. Am 11. März 222n.Chr. wird er bei einer kleinen Revolte in einer Kaserne in Rom umgebracht. Seine Leiche wird durch die Stadt zum Tiber geschleift.

Der Stein, der in Rom nicht Gott sein durfte, wird zurückgebracht nach Emesa. 50 Jahre später kommt es dort zu einer folgenschweren Wiederentdeckung: Nahe der kleinen Stadt gewinnt Kaiser Aurelian eine Schlacht und ist sich sicher: Den Sieg verdankt er dem Sonnengott von Emesa. Zurück in Rom erbaut er dem "Sol invictus" - der unbesiegten Sonne - einen Tempel. Und dieser Sol wird nun tatsächlich auf Dauer die alte Jupiter-Religion ablösen. Sein Geburtstag wird am Tag der Wintersonnenwende gefeiert. Das ist der Tag, den bald darauf die Christen als Weihnachtstag übernehmen, als Geburtstag ihres Gottessohnes: Jesus Christus wird die neue Sonne! Grönemeyer, Elagabal, Meteorstein, Jesus - was für verschlungene Zusammenhänge!


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