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Recherche BR/internationale Medienpartner Griechische Polizei spannt Flüchtlinge für Pushbacks ein

An der EU-Außengrenze benutzen griechische Polizeibeamte Flüchtlinge offenbar als Handlanger für illegale Pushbacks. Das haben gemeinsame Recherchen des ARD-Politikmagazins report München mit dem Spiegel, Lighthouse Reports, Le Monde und dem Guardian ergeben.

Stand: 27.06.2022

Griechische Polizei spannt Flüchtlinge für `Pushbacks´ ein | Bild: BR/ Alexandros Avramidis

Dem Team aus Reporterinnen und Reportern gelang es nach monatelangen Recherchen erstmals, mit sechs dieser Männer zu sprechen. Sie gaben unabhängig voneinander an, zu gewaltsamen Zurückweisungen in die Türkei gedrängt worden zu sein – im Gegenzug seien ihnen Aufenthaltspapiere versprochen worden. Die Angaben der Geflüchteten lassen sich der Recherche zufolge mithilfe von Fotos, Satellitenbildern und offiziellen griechischen Dokumenten verifizieren.

Im Auftrag der Polizei: über die Grenze zurückgedrängt

Bewohnerinnen und Bewohner grenznaher griechischer Dörfer berichten zudem, es sei in der Region "ein offenes Geheimnis", dass Geflüchtete im Auftrag der Polizei Migrantinnen und Migranten über die Grenze zurückdrängten. Bauern und Fischer, die das Sperrgebiet am Fluss Evros betreten dürfen, haben demnach immer wieder Geflüchtete bei ihrer Tätigkeit beobachtet: Migranten sehe man am Evros nicht, sagt ein Anwohner. "Außer jene, die für die Polizei arbeiten." Auch drei griechische Polizeibeamte bestätigten dem ARD-Politikmagazin report München und seinen Recherchepartnern die Praxis. Die Aktionen würden von der Polizei als so gefährlich eingeschätzt, dass diese dafür vermehrt Geflüchtete einspanne, um die eigenen Beamten zu schützen. Offizielle Anfragen ließen das griechische Innenministerium und die Polizei bis Dienstag unbeantwortet.

Das Reporterteam konnte außerdem einen syrischstämmigen Mann identifizieren, mit dem die Polizei nach übereinstimmenden Aussagen von Flüchtlingen und Anwohnern bei den Pushbacks zusammenarbeitet. Wie aus einer Polizeidatenbank hervorgeht, war er in seiner Heimat in Drogenhandel und Schmuggel verstrickt. Bei der Auswahl von Flüchtlingen als Helfer kooperiere er mit Menschenschmugglern in Istanbul, gaben die Flüchtlinge an. Er habe die Operationen beaufsichtigt und sei besonders gewalttätig gegen Asylsuchende vorgegangen. Eine Anfrage des Reporterteams ließ er unbeantwortet.

"An Abgründigkeit nicht zu überbieten"

Laut europäischem Recht ist Griechenland verpflichtet, Schutzsuchenden, die griechisches Territorium erreichen, ein Asylverfahren zu eröffnen. Die griechische Regierung setzt sich, wie andere EU-Staaten auch, seit Jahren systematisch über dieses Gesetz hinweg.

"Dieses Vorgehen ist ein Bruch mit allen Werten, die wir in der Europäischen Union vertreten", sagt Luise Amtsberg, die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung. "Das ist an Abgründigkeit und Perfidität nicht zu überbieten."

Hinweis:

Zur Verwendung frei bei Quellennennung „gemeinsame Recherchen des ARD-Politikmagazins report München mit Spiegel, Lighthouse Reports, Le Monde und dem Guardian.

Der Bayerische Rundfunk berichtet am Dienstag, 28.Juni auf BR24, im Hörfunk und um 22.00 Uhr im Ersten in der Sendung report München. Informationen auch bei tagesschau.de, im ARD-Mittagsmagazin und in der ARD Mediathek.


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