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ARD-Radio-Recherche Sport Geplatzter Doping-Test hinterlässt Fragen nach Effizienz der Kontrollen im Fußball

Das Doping-Kontrollsystem im Fußball weist offenbar eklatante Mängel auf. Dies zeigen Recherchen des ARD-Hörfunks. Demnach sollte ein Spitzenspieler der Fußball-Bundesliga durch die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA) unangekündigt getestet werden. Da der Profi aber an mehreren in Frage kommenden Adressen nicht anzutreffen war, konnte die geplante Kontrolle nicht durchgeführt werden.

Stand: 23.06.2016

Doping-Kontrolleur steht vor eimem Fußballtor | Bild: picture-alliance/dpa

Nach Informationen von ARD-Radio-Recherche Sport wollte die NADA Bundesliga-Star Thiago Alcántara vom FC Bayern München im Oktober 2014 unangekündigt testen. Dazu suchten NADA-Kontrolleure den Profi an mehreren Orten gleichzeitig. Doch der Fußballer war nicht anzutreffen – weder an seiner Privatadresse und auf dem Trainingsgelände des FC Bayern München, noch in der Klinik Quirón in Barcelona, wo er damals operiert worden war und wo er sich nach NADA-Informationen hätte aufhalten sollen. Trotz mehrmaliger Versuche bekamen die eigens nach Spanien gereisten Kontrolleure in dem Krankenhaus keine ausreichende Auskunft darüber, ob sich Thiago dort aufhalte oder wo er zu finden sei.

Schwächen des Doping-Kontrollsystems im Fußball

Auch wenn Thiago nach aktuellem Stand der Dinge kein Verstoß gegen die Regeln zu unterstellen ist, offenbart der Fall frappierende Schwächen des Doping-Kontrollsystems im Fußball. Denn würde ein Spieler zur Zeit eines geplanten NADA-Tests dopen wollen, hätten die Kontrolleure offenbar selbst unter größtmöglichen Anstrengungen keine Garantie, ihn zu finden.

Kein Kommentar

Das Management des Spielers lehnte ein Interview ab. Auf unterschiedliche Anfragen der ARD-Radio-Recherche Sport und des zeitweise ebenfalls an der Recherche beteiligten Senders NDR-Info hatte das Management es zunächst als „absolut falsch“ bezeichnet, dass es einen verpassten Dopingtest in der Klinik gegeben haben könnte. Später war das Management zu klaren Aussagen nicht mehr bereit. Der FC Bayern München und die Klinik Quirón wollten sich zu dem Thema ebenfalls nicht äußern.

Die NADA-Vorstandsvorsitzende Andrea Gotzmann dementiert nicht, dass es einen solchen Fall gegeben hat. Doch sie bittet um Verständnis, „zu einzelnen Fällen keine Stellung nehmen“ zu können.

Dopingkontrollen über den Verein

Im deutschen Profi-Fußball läuft das Meldesystem für unangekündigte Dopingkontrollen bei ausländischen Spielern über den Verein. Der Bundesliga-Klub muss angeben, wo sich der Spieler mit der Mannschaft befindet, und wann er auf dem Trainingsgelände für einen Test anzutreffen wäre. Ist der Spieler verletzt, muss eine alternative Adresse angegeben werden. So war es nach den Recherchen von ARD-Radio-Recherche Sport auch in diesem Fall.

Damit konfrontiert, antwortet der Deutsche Fußball Bund:

"Es gab einen Fall, der nach Einschätzung des DFB und nach Abstimmung mit der NADA nicht als Meldepflichtverstoß des Vereins einzuordnen war und daher zu keiner Sanktionierung führte. Es lag auch kein Sachverhalt vor, der eine Sanktionierung des Spielers nach sich gezogen hätte."

Stellungnahme des Deutsche Fußball Bunds

Auf Rückfrage nach dem konkreten Grund für diesen Schluss lieferte der DFB binnen einer angemessenen Frist keine Erklärung. Erst Stunden nach Verstreichen der Frist nahm der DFB schließlich Stellung: http://www.dfb.de/news/detail/stellungnahme-des-dfb-zum-meldesystem-bei-dopingkontrollen-148780/

Keine Aufklärung durch spanische Anti-Doping-Agentur

Auch die spanische Anti-Doping-Agentur konnte auf Anfrage nicht zur Aufklärung des Falles beitragen. Generell gelten nach den weltweiten Anti-Doping-Regeln im Spitzensport drei versäumte Dopingtests beziehungsweise Verstöße gegen die Meldepflicht innerhalb eines Jahres als Dopingfall, der im Normalfall eine Sperre zur Folge hat. Auch bei deutschen Fußball-Nationalspielern hat es in der Vergangenheit schon verpasste Tests oder Verstöße gegen die Meldepflicht gegeben, jedoch bei keinem Spieler drei Mal innerhalb des kritischen Zeitraums von einem Jahr. Darüber hatte bereits die Web-Doku „Abseits“ von BR und arte berichtet.

ARD-Radio-Recherche Sport  

ARD-Radio-Recherche Sport ist das Recherche-Team der Hörfunk-Sportredaktionen aller ARD-Landesrundfunkanstalten. Die Radioreporter recherchieren zu Hintergrundthemen des Sports und berichten darüber deutschlandweit in den Sendern der ARD. Die Koordination liegt beim Bayerischen Rundfunk in München.


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