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FilmMittwoch im Ersten Bergfried

Eine harmlose Geschichte in der unberührten Natur der Alpen? Das Idyll trügt. Jo Baier inszeniert hier eine packende und aufwühlende Geschichte über das Leben mit Schuld und der unstillbaren Sehnsucht nach Rache und Erlösung: Als kleiner Junge musste Salvatore mit ansehen, wie seine gesamte Familie von Nazischergen erschossen wurde. Mittlerweile erwachsen, macht er sich auf die Suche nach dem Mörder, von dem er nur weiß, dass er unbehelligt in einem österreichischen Bergdorf lebt ... Die Geschichte basiert auf einem bis heute nicht aufgearbeiteten Verbrechen deutscher Soldaten im Sommer 1944.

Stand: 01.08.2016

In den Hauptrollen sind Fabrizio Bucci als Salvatore und Peter Simonischek als Stockinger zu sehen. Katharina Haudum ist Erna, Stockingers Tochter und Geliebte Salvatores. Die Zimmerfrau Frieda (Gisela Schneeberger) unterstützt Salvatore mit wichtigen Informationen über die älteren Männer im Dorf. Kieran Lux spielt Stockingers Enkel Bertl, zu dem allein der alte Mann eine innige Beziehung pflegt.

Inhalt


In einem österreichischen Bergdorf ist das Leben Anfang der 80er Jahre noch so, wie es immer war: Stallarbeit, Stammtisch, Grabpflege. Salvatore (Fabrizio Bucci), ein Italiener von Anfang 40, quartiert sich dort für zwei Wochen im einzigen Gasthof ein. Dem Fremden begegnen die Männer des Dorfes mit Misstrauen. Ihnen gefällt nicht, dass er überall Fotos und Notizen macht. Was führt er im Schilde? Ist er etwa hinter ihren Frauen her? Salvatore hat einen guten Grund, im Dorf zu sein. Als kleiner Junge wurde er Zeuge, wie seine gesamte Familie Opfer eines Nazi-Massakers wurde. Jahrzehnte später sucht er nun nach dem ehemaligen SS-Mann, der 1944 in seinem Heimatdorf in der Toskana seine Mutter, Geschwister und Großeltern erschossen hat. Nur aufgrund des schon leergeschossenen Magazins wurde er verschont.

Salvatore, der seitdem immer wieder von traumatischen Erinnerungen heimgesucht wird, sinnt auf Rache und will den Mörder seiner Familie endlich stellen. Doch er weiß nicht mehr, als dass dieser unbehelligt in diesem Bergdorf leben muss. Anhand alter Fotografien versucht er nun über die Zimmerfrau des Gasthofes, Frieda (Gisela Schneeberger), etwas über die älteren Männer des Dorfes zu erfahren. Nach anfänglicher Skepsis hilft sie ihm Stück für Stück bei seinen Recherchen. Als ein potenzieller Täter kristallisiert sich der alte Stockinger ( Peter Simonischek) heraus. Dieser Sturkopf ist unnahbar, nur für seinen Enkel Bertl (Kieran Lux) hegt er so etwas wie Gefühle. So lässt er auch Salvatore mit seinen bohrenden Fragen abblitzen. Ganz im Gegensatz zu seiner lebensfrohen Tochter Erna (Katharina Haudum). Sie sieht in dem geheimnisvollen Italiener einen Verbündeten, der wie sie eine Außenseiterrolle im Dorf hat. Die alleinerziehende Mutter des kleinen Bertl würde der Enge des Bergdorfes und der Strenge ihres Vaters allzu gerne entfliehen. Als Erna bei einer ihrer waghalsigen Fahrten durch den Wald gegen einen Baum fährt, ist Salvatore rechtzeitig zur Stelle und bringt sie ins Krankenhaus. Erna verliebt sich in den charmanten Italiener, und zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Romanze. Doch Erna ahnt nicht, was Salvatore tief in seinem Herzen bewegt. Er ist von der Frage getrieben, wer seine Familie auf dem Gewissen hat. Nach weiteren Hinweisen von Frieda scheint letztendlich nur noch ein Verdächtiger übrig zu bleiben: Ernas Vater Stockinger. Salvatore ist fest entschlossen, den alten Mann zur Rechenschaft zu ziehen. Wie wird der halsstarrige Stockinger reagieren, wenn er mit seinen Kriegsverbrechen konfrontiert wird?

"Mich interessiert an der Figur des Stockinger das, was man die ‚Banalität des Bösen‘ nennt. Dass das Leben scheinbar gar keine Spuren mehr von der Vergangenheit aufweist."

Peter Simonischek

"Schon als junger Mensch bin ich gern in die Toskana gereist und habe auf diese Weise unter anderem die wunderbare kleine Stadt Lucca für mich entdeckt. Damals, in den achtziger Jahren, ahnte ich noch nicht, dass nur wenig nördlich des malerischen Städtchens, in den Apuanischen Bergen, im Sommer 1944 deutsche Soldaten ein schreckliches Massaker an italienischen Zivilisten, Frauen, Kindern und alten Männern verübten, dass eine deutsche SS-Einheit ganze Bergdörfer ausgelöscht und dem Erdboden gleichgemacht hatte. Erst viele Jahre später erfuhr ich davon, hörte zum ersten Mal den Namen Sant’Anna di Stazzema, und davon, dass man hier am 12. August des Jahres 1944 etwa 560 Zivilisten umgebracht hatte, darunter allein 140 Kinder!
Das hat mich seither nicht mehr losgelassen. Umso mehr, als der Massenmord in den italienischen Bergen ja kaum bekannt ist, nie „aufgearbeitet“, nie gesühnt wurde. Selbst in Italien dauerte es bis 2005, bis man die letzten noch lebenden Täter (und es sind immerhin zehn Deutsche namentlich genannt, die nie in Deutschland verfolgt oder verurteilt wurden) in Abwesenheit anklagt und verurteilt. Ohne irgendwelche Konsequenzen für die Täter, die weiterhin in Deutschland unbehelligt bis ins hohe Alter im Kreise ihrer Familien leben konnten."

Jo Baier, Drehbuchautor und Regisseur

Besetzung 
SalvatoreFabrizio Bucci
ErnaKatharina Haudum
StockingerPeter Simonischek
Robert (4)Kieran Lux
Robert (34)Benedikt Blaskovic
Salvatore (4)Bilal Yasar
Stockinger (31)Martin Loos
RomyEva Herzig
SchorschGerhard Liebmann
FriedaGisela Schneeberger
EberweinWerner Prinz
Frau EberweinMarietta Sulzbacher
FriedelHarald Posch
ScheingraberJohannes Herrschmann
Frau ScheingraberJohanna Handl
JosefaBrigitte Karner
Stab 
Drehbuch und RegieJo Baier
KameraMartin Gschlacht
SchnittClaus Wehlisch
ProducerMarkus Olpp
HerstellungsleitungMelanie Bührdel (BR), Hartmut Köhler (Zieglerfilm München), Jakob Pochlatko (epo Film)
ProduktionsleitungCornelia Schmidt-Matthiesen
ProduzentenMarc Müller-Kaldenberg, Regina Ziegler (Zieglerfilm München), Dieter Pochlatko (epo-film)
RedaktionClaudia Simionescu (BR), Frank Tönsmann (WDR), Klaus Lintschinger (ORF)

"Bergfried" ist eine Koproduktion von Zieglerfilm München (Produzenten: Marc Müller-Kaldenberg, Regina Ziegler), epo-film (Produzent: Dieter Pochlatko), BR (federführend), WDR und ORF für Das Erste und für den ORF. Das Projekt wird gefördert von CineStyria, Fernsehfonds Austria und FFF Bayern.


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