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Storno - todsicher versichert Interview mit Jeanette Hain

Stand: 09.04.2015

Olivia (Jeanette Hain, links) und Lena (Amelie Kiefer). Seltener Besuch: Olivia sucht nach Rupert. | Bild: BR/Barbara Bauriedl

Im Film sind Sie als Bauerstochter vor allem auf dem Bauernhof, quasi zwischen Misthaufen und Schweinestall anzutreffen. Sie selbst sind auf dem Land nahe München aufgewachsen und leben nun in der Großstadt. Können Sie dem Landleben etwas abgewinnen?
Meine Kindheit habe ich zwar nicht zwischen Misthaufen und Schweinestall verbracht, aber zwischen Hühnerstall und einem paradiesischem Gemüsegarten. Kartoffeln aus der Erde zu holen, in einem satten Zwetschgenbaum zu hängen oder den Hühnerstall auszumisten, kann schon ein echtes Abenteuer sein. Diese langjährigen Erlebnisse sind mein Herzschlag geworden und obwohl ich Berlin liebe, verbringe ich so oft, wie ich kann mit meiner Tochter Zeit auf einem alten Hof im herrlichen Havelland. Wir können dort leider keine Tiere halten, weil ich beruflich zu viel unterwegs bin, aber die Natur beschenkt einen jedes Mal aufs Neue mit ihrer Kraft und bringt einen - ganz nebenbei - spielerisch wieder zu sich selbst zurück.

Die von Ihnen gespielte Olivia Poltrock lebt in einer ganz eigenen Welt der Ausweglosigkeit und der obsessiven Pläne. Wie haben Sie sich auf diese Rolle vorbereitet?
Das Drehbuch von Georg Ludy, und Nils-Morten Osburg hat seine Figuren sehr facettenreich und vielschichtig in die Geschichte verwurzelt. Jan Fehse hat mit den Schauspielern eine Leseprobe gemacht und uns die Geschichte und ihre Erzähler, wie später auch während der Dreharbeiten, mit großer Sensibilität und Genauigkeit vermittelt. Das großartige, bis ins kleinste Detail durchkomponierte Kostümbild von Theresia Woghhat mich, zusammen mit den verfilzten Affenschaukeln, den Warzen und dem Hauch von blauem Lidschatten, den die Maskenbildnerin,  Britta Balcke, auf mein Gesicht gezaubert hat, nicht nur äußerlich in Olivia Poltrock verwandelt, sondern waren auch der Schlüssel zu der knorrig verträumt, verrückt verwilderten Seele der Bäuerin. Hinzu kam auch noch, dass wir das große Glück hatten, in Niederbayern auf einem Hof zu drehen, der schon beim Betreten eine Schatzkammer der Inspiration für die Figuren war.

Und wenn man als Vater den wundervollen Kollegen, Fred Stillkrauth, die Tuba träten hört, ist der Familienstammbaum perfekt.

Was ist das Reizvolle an dieser skurrilen Figur?
Olivia verfolgt seit Jahrzehnten einen Traum, der schier unerreichbar zwischen den Sternen hängt. Sie möchte vor dem Hof und ihren Vater, die zentnerschwer an Ihr hängen, fliehen und zwar nach Australien, in einem geblümten Sommerkleid, das schon ungeduldig in ihrem Zimmer wartet und ihrem Kanarienvogel, Piepsi, der dort viele freifliegende Freunde finden wird. Dieser Traum scheint in greifbare Nähe zu rücken, als sie den Versicherungsangestellten, Rupert Halmer, kennenlernt.

Der Reiz der Figur macht für mich ihre unermessliche Sehnsucht aus, die sie seit Jahrzehnten trotz einer gewissen Trostlosigkeit des Alltags, mit einer kindlichen, unbeschwerten Träumerei füttert und ihr immer wieder Hoffnung auf den Aufbruch in ein neues Leben schenkt. Ihr Zimmer ist eine farbenfrohe Oase, in dem sie die Sonne Australiens aufbewahrt, während der übrige Hof verfällt.

Olivia ist für mich ein Charakter, der sich aus den unterschiedlichsten und widersprüchlichsten Puzzlestücken zusammensetzt. Einerseits hat sie eine große Zartheit und Verspieltheit, wie mit ihrem Kanarienvogel, andererseits ist sie mit den Jahren lieblos, ungeduldig und grob im Umgang mit ihren Vater geworden. Wenn es darum geht, Ihr Ziel zu verfolgen, zeigt sie sich berechnend schlau, als sie aber bemerkt, dass ihr die Felle davonschwimmen, zögert sie keine Sekunde, um knallhart das Ruder wieder in ihre Richtung zu reißen. Olivia ist für mich nicht ein einzelnes Instrument, sondern ein ganzes Orchester und unter der großartigen Regie von Jan Fehse, hat es einen Mordsspaß gemacht, diese Rolle zu spielen.


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