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Gernstls Zeitreisen Die drei Folgentexte

Quer durchs Land, einfach drauf los: 1983 fuhren Franz X. Gernstl und HP Fischer entlang dem 10. Längengrad, vom Allgäu bis zur Ostsee. Nun – 30 Jahre später – machen sie die Reise erneut. Drei 45-minütige Folgen "Gernstls Zeitreisen" sind daraus entstanden und werden am 1., 2. und 3. Januar 2014, jeweils um 19 Uhr im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt.

Stand: 11.12.2013

Folge 1: Vom Allgäu bis zum Taubergrund

In der ersten Folge trifft Franz X. Gernstl die Geißenhanni wieder, eine junge Frau mit langen Zöpfen, die 1983 als Aussteigerin mit einem Dutzend Ziegen im Wald lebte. Sie ist umgezogen, in ein altes Bahnwärterhäuschen, sonst hat sich nicht viel verändert in ihrem Leben. Pläne für die nächsten 30 Jahre hat sie keine. Sie will sich einlassen auf das, was kommt. Im Grunde ist sie immer noch das Hippiemädchen von damals.

Im Westallgäu lebt Elektromeister Manfred Stör, den Franz X. Gernstl bei seiner ersten Reise noch nicht besucht hat. Stör ist ein Nostalgiker und sammelt alles, was alt und elektrisch ist. Der Tüftler hat ein "sprechendes Lexikon". Ein Eintrag handelt von der Rentendebatte in den 70er Jahren. Viel hat sich auch bei diesem Thema nicht geändert.

Weiter geht's nach Norden. In Ochsenhausen traf Franz X. Gernstl 1983 an einer Bushaltestelle ein Mädchen mit einer Löwenmähne. Sie gefiel ihm, weil sie, anders als er, gerne auf dem Land lebte. Wohin es das schöne Landei wohl verschlagen hat? In die Stadt jedenfalls nicht. Sie wohnt nun in Bellamont, einem noch kleineren Ort.

Nach einem Zwischenstopp in Ulm – der Stadt mit dem höchsten Kirchturm der Welt – trifft das Gernstl-Team den nächsten Bekannten. Den Jäger Heinz Gröner, der sie 1983 in die Geheimnisse des Tierstimmenimitierens einweihte. Er ist ein seltsamer Vertreter seiner Zunft, denn er mag es gar nicht, zu schießen.

Vor 30 Jahren hielt sich das Filmemacher-Trio nicht immer exakt an die Route des Meridians. Sie machten einen Umweg nach Degenbach, wo ein Musikfestival stattfand. Hier lernten sie Adi kennen. Er lebte damals mit einem Dutzend junger Leute in einer WG, die in einem ehemaligen Gefängnis eingerichtet war. Adi betätigte sich als Ersatzvater, weil er selbst keine Kinder hatte. Franz X. Gernstl hatte damals auch keine Kinder, wollte auch keine. Aber Adi war sich sicher, dass zum Glücklichsein Kinder gehören. Jetzt war der Reporter gespannt, was aus seinem Plan geworden ist. Doch der Besuch verläuft anders als erwartet.

Folge 2: Von Würzburg ins Werratal

In Würzburg begegnete das Reporter-Team 1983 einem tschechischen Objektkünstler, der den Meridian mit weißer Farbe auf das Pflaster malte. Mit seiner abstrakten Kunst sorgte er für Gelächter und Kopfschütteln. Auch bei Marktfrau Hermine. Ihre rötlichen Haare sind weiß geworden, ansonsten ist sie keck wie eh und je.

In der Tanzschule Bäulke kommt es zum Wiedersehen mit Simone und Alexandra. Simone war schrecklich in Danny verliebt, den Sunnyboy aus der Nachbarklasse. Das Problem: Danny wollte von Simone nichts wissen. Aus den kreuzbraven Mädchen sind erfolgreiche Frauen geworden. Den richtigen Mann hat Simone dann auch noch gefunden. Manchmal gibt es eben doch ein Happy End, auch wenn die Dinge erst mal aussehen, als würde die Welt untergehen.

Franz X. Gernstl ist dabei Würzburg zu verlassen, als er Manfred Felber, die Re-Inkarnation des legendären Modeschöpfers Rudolph Moshammer, entdeckt.

Ein Stück weit verläuft der 10. Längengrad durch Thüringen. 1983 war das noch DDR-Gebiet und man wollte Franz X. Gernstl und sein Team dort nicht drehen lassen. Heute ist die Grenze zwar offen, aber die Suche nach einer echten Thüringer Bratwurst gestaltet sich trotzdem schwierig.

Im Werratal und ziemlich genau in der Mitte Deutschlands liegt das Schloss Wolfsbrunnen. 1983 lebte hier ein Gruppe Sannyasin, Schüler des indischen Gurus Baghwan. Als das Team vorbeischaute, bereiteten sie gerade eine große Modeschau in Rot vor. Nur einer mochte nicht mitmachen: Govinda, acht Jahre alt. Er lief stattdessen in blauer Hose und blauem Pullover herum. Wie Franz X. Gernstl wollte er Reporter werden. Kurzerhand beschloss er, drei Tage mit ihm mitzufahren. Jeder Einwand zwecklos. Heute ist Schloss Wolfsbrunnen ein Hotel. Die Sannyasin sind vor 28 Jahren ausgezogen. Seither war Govinda nicht mehr hier. Gemeinsam mit Franz Gernstl streift er durchs Haus. Aus dem aufgeweckten Jungen ist ein nachdenklicher Mann geworden.

Folge 3: Von Northeim an die Ostsee

In der letzten Folge geht's nach Otze, ein typisch niedersächsisches Dorf. Fachwerk, Backstein und alte Bäume. Hierher kommt man auch ohne Navi, denn der 10. Längengrad geht direkt durch den Ort. Vor dem Haus mit der Nummer 16 treffen Franz X. Gernstl und sein Team eine Künstlerin, die an einem Mosaik arbeitet. Eigentlich ist sie Erzieherin, aber gleich nach der Ausbildung ist sie in die Welt hinausgezogen. Sie wollte nicht so werden, wie viele andere, die nach acht Stunden Arbeit fertig nach Hause kommen, vor dem Fernseher versacken und sich beschweren. Bald bricht sie wieder auf. Mit dem Rad, erst in die Türkei und dann weiter.

Adolf Meinecke will nicht weg. Der alte Mann ist auf dem Weg zum Feuerwehrhaus, um die Turmuhr aufzuziehen. Wie jeden Freitag. Im Schlepptau hat er Ziegenbock Ole, ein erstaunlich freundliches Tier, dass ihm auf Schritt und Tritt folgt.

Weiter im Norden liegt Hamburg. Im Stadtteil Ottensen besucht der Reporter nach 30 Jahren den Maler Dieter Plett zum zweiten Mal. Der Trieb, aus allem etwas zu machen, was herrenlos herumliegt, ist dem Lebenskünstler geblieben. Doch eines hat sich geändert: "Die Zeit ist knapper geworden", sagt Dieter Plett. Noch ist er nicht dahinter gekommen, woran das liegt.

Auf einem der stattlichen Höfe in Schleswig-Holstein hatte Gernstl bei seiner ersten Reise den künftigen Bauern kennengelernt - dachte er zumindest. Aber der Junge von damals lebt heute als Brunnenbauer in Irland. Je länger er weg ist, desto öfter kommt Stefan Petersen ins Grübeln, ob es richtig war, in die Ferne zu ziehen.

Friedrichsort bei Kiel. Hier hatte das Filmemacher-Trio 1983 den Holzschnitzer Ralf Heinrich getroffen. Ein Besessener, der gerade sein Lebenswerk vollendete - eine hochseetaugliche Segelyacht. Heute lebt Ralf Heinrich in einem Pflegeheim. Auf sein Schiff wird er nie mehr gehen. Traurig scheint ihn das nicht zu machen. Vielleicht liegt es daran, dass für ihn die Seele das Wesentliche ist.

Fazit dieser langen Reise

Das Gernstl-Team hat eine Menge Leute getroffen hat, manche sogar zweimal. Ein Rezept für ein gelungenes Leben scheint es nicht zu geben. Eines ist aber deutlich geworden: 30 Jahre sind eine kurze Zeit. Und deshalb ist es ratsam, das Leben nicht auf später zu verschieben.

Regie: Franz Xaver Gernstl
Redaktion: Dr. Bettina Hausler


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