In einer Kiesgrube in Erding haben Archäologen zwölf römische Gräber entdeckt.
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In einer Kiesgrube in Erding haben Archäologen zwölf römische Gräber entdeckt.

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Römischer Friedhof in einer Kiesgrube in Erding entdeckt

Vor rund 2.000 Jahren haben sich die Römer in Südbayern angesiedelt und noch immer schlummern unentdeckte Schätze aus dieser Zeit unter der Erde. In einer Erdinger Kiesgrube wurden jetzt römische Gräber entdeckt - mit ungewöhnlichen Fundstücken.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau - Der Süden am .

Adam Fowler legt gerade ein antikes Fundstück frei. Mit einem feinen Spachtel schabt der archäologische Ausgrabungs-Helfer um eine rund 20 Zentimeter breite, rotbraune Urne aus Keramik. Wenn er vorsichtig arbeitet, kann er sie vielleicht noch ganz aus der Erde heben.

Ein paar Meter daneben liegen noch drei weitere Männer am Boden. Auch sie sind damit beschäftigt, Urnen oder andere Grabbeilagen aus der Erde zu holen, in dem sie Erdschicht für Erdschicht abtragen.

In Plastikschälchen werden die Fundstücke dann gesammelt und fein säuberlich beschriftet. Die "Füllung" der Urnen, der sogenannte "Leichenbrand" wird in Tütchen abgefüllt. Anhand des Gewichts soll später im Labor herausgefunden werden, ob ein Mann, eine Frau oder sogar ein Kind vor rund 1.800 Jahren an dem Ort verbrannt wurde.

Forscher finden zwölf römische Gräber und viele antike Gegenstände

Insgesamt zwölf römische Gräber haben die Forscherinnen und Forscher vergangene Woche in der Kiesgrube entdeckt. Darin sind aber nicht nur Urnen zum Vorschein gekommen, sondern auch eine größere Tierfigur aus Kalkstein (vermutlich ein Löwe mit Flügeln), ein Öllämpchen und ein Esslöffel.

Da, wo heute in der Nähe von Erding Kies abgebaut wird, war früher einmal eine Villa Rustica, also ein römisches Landhaus. Das hatte Harald Krause, Leiter des Museums Erding, schon vor rund zehn Jahren entdeckt. "Wir hatten in der Kiesgrube erkannt, dass es dort dunkle Flecken im Kies gibt, die auf Postenstellungen ehemaliger Häuser hinweisen. Wir haben das dann gemeldet ans Denkmalamt", erzählt der Archäologe.

Antike Urnen und Grabbeilagen schlummern 1800 Jahre unter der Erde

Die Gräber liegen in der Nähe des ehemaligen Landgutes. Das Steinfundament der Villa Rustica ist schon vor einigen Jahren abgetragen worden - ebenso die Überreste eines Bades samt antiker Fußbodenheizung.

Doch nun gibt es eine weitere Sensation: Die entdeckten Urnengefäße und Grabbeilagen des römischen Friedhofes in unmittelbarer Nähe des ehemaligen Wohnhauses sind erstaunlich gut erhalten - obwohl sie mindestens 1800 Jahre unter der Erde lagen.

Wie im römischen Reich zu dieser Zeit üblich, hatten die Bewohnerinnen und Bewohner ihre Verstorbenen auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Die Überreste wurden dann in Wohnortnähe in Urnen aus Keramik bestattet.

Experten: Neue Erkenntnisse über römische Geschichte in Bayern

Auch Salvatore Ortisi, Professor für Archäologie in München, ist begeistert von der Entdeckung und geht sogar davon aus, dass die Fundstücke neue Erkenntnisse über die römische Geschichte in Bayern liefern könnten.

Laut Ortisi sind Funde dieser Art in Bayern zwar nicht ungewöhnlich, sie sind aber außergewöhnlich gut erhalten. "Tatsächlich in der Qualität und in der Menge aus Gräbern ist es schon beachtenswert. Und was wirklich toll ist, das ist diese Tierskulptur, die da zutage kam. Das ist gerade für den Raum hier ganz exzeptionell", so der LMU-Professor am Ausgrabungsort in der Kiesgrube.

Villa Rustica lag an der alten Römerstraße nach Augsburg und Regensburg

Noch ist nicht ganz klar, wie groß das ehemalige römische Landgut war und wie viele Menschen dort gelebt haben. Sicher ist nur: Es befand sich in der Nähe der alten Römerstraße, die in die Römerstädte Augsburg und Regensburg führte.

Vermutlich wurden auf dem Anwesen bei Erding landwirtschaftliche Güter angebaut und dann von dort aus an der alten Römerstraße entlang in die Städte gebracht.

Fundstücke sind vielleicht bald im Museum Erding zu sehen

Die Ausgrabungen sind mittlerweile fast abgeschlossen. Die antiken Fundstücke werden jetzt nach München gebracht, damit sie noch genauer untersucht werden können.

Wenn alles gut läuft, sind sie vielleicht auch schon bald im Museum Erding zu sehen. Dafür muss die Stadt Erding aber erst noch mit dem Kiesgrubenbesitzer in Verhandlung treten, denn ihm gehören die Fundstücke derzeit noch, da er der Grundstücks-Eigentümer ist - das ist in Bayern so geregelt.

Beide Seiten, die Stadt Erding und der Besitzer der Kiesgrube, haben aber schon angedeutet, dass man sich einigen werde. Schließlich sollen die historisch wertvollen Gegenstände auch für nachfolgende Generationen sorgsam bewahrt werden.

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