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Ideen, Coaching, Fördermittel Durchstarten mit dem Startup (auch in Corona-Zeiten)

Die Angst zu scheitern. Eine Pleite hinlegen. Sich mit Behörden und Papierkram rumärgern. Wer will das schon, wer will das Risiko eingehen, ein Unternehmen zu gründen? Andererseits: Manche Studierende haben gerade während des Studiums eine gute Geschäftsidee. Warum also nicht doch den Schritt wagen? Die, die es getan haben, sagen: Trotz harter Arbeit und viel Mühe hat es sich gelohnt. Und: noch nie war es so einfach und risikoarm als Studierende oder Absolvent*innen ein Startup zu gründen. Sogar in Corona-Zeiten ist (fast) alles möglich.

Von: Jan Kerckhoff

Stand: 16.10.2020

Der Gerüst-Bau-Roboter des Startup Kewazo – Montage im Makerspace an der TU München | Bild: BR/Jan Kerckhoff

Mit einfach, schnell und günstig gebauten Prototypen zum Erfolg

Eric Söhngen beim Weiterentwickeln seines Büro-Laufbands.

Eric Söhngen hat an der TU München Medizin studiert und als praktizierender Arzt erlebt, welche negativen gesundheitlichen Folgen das Sitzen im Büro verursacht: Diabetes, Rückenschmerzen, Gefäßerkrankungen. „Sitzen ist das neue Rauchen“ – das bestätigen auch viele Studien. Söhngen kam daher auf die Idee Bewegung ins Büro zu bringen – mit einem Laufband, genauer gesagt einem „Geh-Band“. Er gründete das Startup „Walkolution“. Dessen Produkt „Wanderlust“ soll ermöglichen, sämtliche Büroarbeiten statt im Sitzen im Gehen zu erledigen – egal ob Arbeiten am Computer, lesen oder telefonieren. Doch wie so ein Gerät entwickeln, testen, die dafür nötigen Werkstoffe und Maschinen finden? Als Jung-Unternehmer griff er auf die Gründerhilfen zu, die an der TU München angeboten werden.

Ein Beispiel für die Möglichkeiten am Makerspace: 3D-Druck.

Hier gibt es beispielsweise das „Makerspace“ - ein Unternehmen, das zum Gründerzentrum „UnternehmerTUM“ der TU gehört und eine 1500 Quadratmeter große Werkshalle mit allen nötigen High-Tech-Maschinen anbietet: Vom Laser- und Wasserstrahl-Schneider über Fräs-Maschinen bis hin zum 3D-Drucker im industriellen Maßstab. Und nicht nur die Technik fand der Unternehmensgründer hier, sondern auch das nötige Know-How:

"Hier haben wir Zugang zu erstklassigen Talenten von der TU München. Wir haben hier einen super Maschinenpark vor Ort und können ganz, ganz schnell unsere Ideen in Prototypen umsetzen. Und das, was hier Sinn macht, können wir später in der Serienfertigung in das fertige Produkt einfließen lassen."

(Eric Söhngen)

Alle Maschinen und Geräte stehen frei zur Verfügung. Für die richtige Anwendung der Industrie-Maschinen gibt es Kurse und auch Hilfe durch Trainer vor Ort – oft erfahrene Student*innen der TU München. Allerdings ist für den Zutritt zum Makerspace eine Mitgliedschaft nötig, für die eine Gebühr fällig ist. Die Höhe richtet sich nach dem Status, ob man studiert oder Unternehmer*in ist. Das erste halbe Jahr ist für Studierende kostenlos, dann werden 100 Euro im Monat fällig. Es gibt aber auch Stipendien, die die Kosten übernehmen. Für alle anderen gibt es gestaffelte Preise – bis 1375 Euro pro Jahr. Immer noch ein Klacks im Vergleich zu dem, was derart leistungsfähige Maschinen sonst kosten.

Ein „Super-Maschinenpark,“ ein „Show-Room“ und viel Förderung

Die Gründerhilfe UnternehmerTUM der TU München, zu der das Makerspace gehört und die im selben Gebäude sitzt - kurze Wege sind ein weiterer Vorteil am Campus - vermittelt den Startups auch Werkstudenten, die wie der angehende Mechatroniker Leon Freiberg beim Entwickeln neuer Produkttechniken helfen. Eine Win-Win-Situation: Das Startup bekommt Know-How, der Student Praxis: „Wir lernen im Studium die Theorie, zum Beispiel wie man die Festigkeit von Werkstoffen berechnet. Und hier setzen wir es dann in die Praxis um.“

 Im Makerspace schraubt auch die Software-Ingenieurin Eirini Psallida an einem Roboter. Der soll an Baugerüsten angebracht, automatisch Gerüstbauer mit Bauteilen und Werkzeugen beliefern – sicher, schnell und schonend für deren Gesundheit. Zusammen mit acht Kolleg*nnen hat die ehemalige TU-Studentin das Unternehmen „KEWAZO“ gegründet und den Roboter für die Baustelle entwickelt. Jetzt nutzen sie und ihre Kollegen nicht nur die Technik des Makerspace sondern auch im einem benachbarten Gebäude ein großzügiges, voll ausgestattetes Büro des GATE, des Garchinger Gründer- und Technologiezentrums, einer weiteren Gründerhilfeeinrichtung. Anfangs gab es die Räume sogar kostenlos, jetzt für eine relativ geringe Miete.

Eric Söhngen mit seinem Büro-Laufband im corona-konformen Show-Room am Gründerzentrum Garching.

Im selben Gebäude, zwei Stockwerke tiefer, hat auch der Büro-Laufband-Entwickler Eric Söhngen einen GATE-Raum bezogen. Hier nutzt er die schnelle Internet-Infrastruktur des GATE und hat einen Online-Showroom für sein Produkt eingerichtet um – ganz Coronakonform – weltweit sein Gerät vorführen und vertreiben zu können. Schon jetzt verkauft er so viele Büro-Laufbänder, dass sein Unternehmen finanziell unabhängig ist und stetig wächst.

Mit Förderprogrammen starten

In ihrem Büro schreiben die beiden Roboter-Unternehmer Eirini Psallida und ihr Kollege Artem Kuchokov zurzeit an einem Antrag für eine weitere finanzielle Förderung. Sie sind sozusagen noch auf der letzten Weg-Etappe bis zum Ziel eines Unternehmens, das ausschließlich von seinen Verkäufen leben kann. Solche Förderungen – manche bieten mehrere hunderttausend Euro, je nach Produkt, Aufwand und Marktchancen – gibt es von Universitäten, dem Staat oder auch der EU. Manche sind sehr einfach zu bekommen: Ein paar Fragen zur Idee und zum Vorhaben, schon gibt es die Finanzierung für ein Jahr. Andere sind komplizierter. Sie erfordern beispielsweise einen ganzen Businessplan, aber auch dabei helfen einem Coaches und Berater von UnternehmerTUM.

Im Businessplan wird das Geschäftsmodell und die Produktidee skizziert, auch welche Marktchancen realistisch sind, welche Vertriebswege sinnvoll, und welche Risiken es gibt, wie hoch die Kosten und die möglichen Verluste. Um unternehmerisch erfolgreich zu sein, haben sich Eirini Psallida und Artem Kuchukov zudem einen Manager ins Boot geholt, der schon 20 Jahre Erfahrung in Geschäftsführung hat. Und sie fertigen ihren Roboter bei einem kleinen, aber ebenfalls erfahrenen Mechatronik-Hersteller im Osten Münchens, der zugleich auch Mentor für die TU München ist.

Auch das Team von KEWAZO hat es also geschafft aus ursprünglich einer Idee von Studierenden durch jahrelange harte Arbeit, aber auch mit Förderprogrammen, Coachings und Unterstützung der Gründerhilfen der Uni ein Unternehmen zu formen.

"Jeden Morgen stehst Du auf und weißt nicht, was Dich erwartet. Aber Du machst weiter, denn es ist einfach spannend!"

(Artem Kuchukov)


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