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Sport und Politik

RESPEKT Sport und Politik

Stand: 14.11.2022

"Sport ist nicht politisch!" Von wegen ...

  • Aus Sicht vieler Sportverbände soll Politik im Sport keine Rolle spielen. Bei Olympischen Spielen sind Demonstrationen und politische Meinungsäußerungen der Athlet:innen sogar ausdrücklich untersagt.
  • Spitzensportler:innen wehren sich inzwischen häufiger dagegen und engagieren sich politisch, auch während großer Turniere.
  • Sportvereine vertreten nach außen häufig Werte wie Gemeinschaftlichkeit und Gleichheit.
  • Gleichzeitig entwickelt die Fankultur eine Sensibilisierung für gesellschaftliche Themen.

Eine offene und tolerante Fankultur?

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Katar sorgt weltweit schon im Vorfeld immer wieder für negative Schlagzeilen, beispielsweise wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und homophober Äußerungen. Damit ist die WM nicht nur ein Sportereignis, sondern sorgt für politische Debatten. Diese Debatten werden zum Teil auch im Stadion geführt.

"Tatsächlich ist es so, dass Fan-Szenen durchaus auch gesellschaftliche Phänomene abbilden. [Da fand] in den letzten Jahren durchaus eine breite Sensibilisierung statt, was aber nicht heißt, dass es nicht trotzdem Fälle von Sexismus, von Homophobie, von Rassismus innerhalb von Stadien gibt."

Matthias Hummel, Leiter Fanprojekt Stadtjugendring Augsburg

Matthias Hummel ist Streetworker und Leiter des Fanprojekts des Stadtjugendrings Augsburg. Das Projekt gibt jungen Fans des FCA einen Raum, um zusammen zu kommen. Aber auch, um Zeichen gegen Antidiskriminierung und Antirassismus zu setzen. Denn die Welt des Fußballs ist keine heile Welt: Zu Matthias Hummels Aufgaben zählt es auch, bei Konflikten zwischen Fans sowie zwischen Fans und der Polizei zu vermitteln.

Wie wichtig ist Sport?

  • In Deutschland gibt es mehr als 87.000 Sportvereine mit rund 23 Millionen Mitgliedern (Stand 2021).
  • Am stärksten vertreten ist die Altersgruppe zwischen sieben und 14 Jahren.
  • In dieser Altersgruppe sind knapp 75 Prozent der Jungen und 57 Prozent der Mädchen Mitglied in einem Sportverein.
  • Sport ist auch Unterhaltung - und lukrativ obendrein: Für passiven Sportkonsum, also zum Beispiel den Besuch einer Sportveranstaltung, gaben in Deutschland Menschen ab 16 Jahren im Jahr 2019 rund 10 Milliarden Euro aus.
  • Im Profisport ist vor allem Fußball ein gigantischer Wirtschaftsfaktor. Die 1. Fußball-Bundesliga erzielte in der Saison 2020/2021 einen Umsatz von etwa 3,5 Milliarden Euro.
  • Große Sportereignisse sind dabei wichtige Bühnen für alle, die die Sport-Begeisterung der Menschen nutzen. Für Politiker zum Beispiel, die volksnah wirken wollen. Oder für Gruppen, die ihre Botschaften verbreiten möchten.

Zahlen und Fakten: Quellen (pdf)

Quellen "Wie wichtig ist Sport?" Format: PDF Größe: 106,15 KB

Sportverein als Familie

Sportvereine bieten oft Zusammenhalt und Zugehörigkeitsgefühl – ein wichtiger Faktor vor allem für Kinder und Jugendliche. Im Idealfall werden Werte wie Vielfalt, Toleranz und Respekt vorgelebt und praktiziert. Alfred Castano beispielsweise kümmert sich um die Mitglieder eines Taekwondo-Studios in Nürnberg. Die Mehrzahl der Jugendlichen kommt aus Familien mit Migrationsgeschichte. Immer wieder kommt es deswegen zu Spannungen. Wenn die Gruppe gemeinsam auf Turniere fährt, nutzt sie deshalb auch die Gelegenheit, immer auch Kirchen, Moscheen und Synagogen zu besuchen, um Respekt und Toleranz vor den Religionen einzuüben.

"Wir versuchen Einfluss zu nehmen. Dass die [Jugendlichen] wissen, sie leben hier in einem demokratischen Land, wo jeder alles tun kann, solange es dem anderen nicht schadet. Und [trotzdem] kann man politisch unterschiedlicher Meinung sein."

Alfred Castaño Manías, Betreuer von Taekwondo-Schüler:innen

Was ist Sport?

Sport als körperliche Betätigung mit sozialer Bedeutung ist nicht neu. In der Antike zählte beispielsweise bei den Olympischen Spielen die Leistung – nicht die Herkunft. Der Begriff 'Sport', wie wir ihn heute kennen, ist dagegen noch relativ jung und bezeichnete anfangs das elitäre Hobby britischer Adliger.

Profisport und Meinungsfreiheit

Politik wirkt sich auf Sport aus und umgekehrt, das scheint offensichtlich. Aber wie viel Einfluss kann der Sport auf Politik nehmen? Gerade im Hinblick auf Sport-Großereignisse stellt sich die Frage, warum sich der Spitzensport nicht stärker beispielsweise für Menschenrechte oder für den Klimaschutz einsetzt? Die Bühne und das Publikum wären ja vorhanden. Und wie wichtig sind eher "unsportliche Werte" wie Geld und Macht? Léa Krüger ist Säbelfechterin in der deutschen Damen-Nationalmannschaft und hat dazu eine klare Meinung.

"Geld spielt eigentlich die größte Rolle, weil das IOC natürlich durch die Olympischen Spiele Geld bekommt. Und wir Athleten sind aber wirklich quasi die letzten in dieser ganzen Leistungskette. Wir Athleten, die aber eigentlich die Hauptakteure sind, bekommen nichts von dem Geld, was das IOC durch die Olympischen Spiele eigentlich einspielt."

Léa Krüger, Athleten Deutschland e.V., Säbelfechterin

Sport und Politik kann man nicht voneinander trennen, sagt Léa Krüger. Sie klagt darüber, dass gerade bei sportlichen Großereignissen den Athlet:innen nicht erlaubt sei, ihre Meinung frei zu äußern. Aber anstatt Sport für eine politische Agenda zu instrumentalisieren, plädiert Léa dafür, die demokratischen Werte des Sports in den Mittelpunkt des Sports zu stellen: Solidarität und ein Austausch mit anderen Kulturen.

Autor:innen: Redaktion Lernen und Wissenslab / JS, jzw

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