Respekt - Respekt

Demokratie lernen

RESPEKT Demokratie lernen

Stand: 04.11.2019

  • Demokratie-Lernen, das beginnt in der Familie: Erziehung soll nicht auf Angst und auf Strafe gründen, sondern Sinn für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung vermitteln.
  • Schon als Kind zu lernen, wie demokratisches Verhalten geht, ist enorm wichtig für unsere Demokratie.
  • Dazu braucht es vor allem Menschen, die selbst wertschätzend, offen, fair und auch im Konfliktfall konstruktiv miteinander umgehen und die uns demokratisches Handeln vorleben.
  • Neben den Eltern und anderen Verwandten, sind dies Lehrer:innen, Sporttrainer:innen, andere Kinder und Jugendliche und Erwachsene.

Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl 2019 war so groß wie lange nicht. Ein Sieg der Demokratie. Aber auch demokratie- und europafeindliche und nationalistische Parteien erhalten großen Zuspruch. RESPEKT fragt deshalb nach: Wo werden demokratische Werte wie Toleranz, Zivilcourage und ein friedliches Zusammenleben vermittelt? Wie viele Angebote macht der Lehrplan, was ist außerhalb des Unterrichts an Schulen möglich?

Wo lernen wir Demokratie?

Zwar lernen bereits Kleinkinder in der Kita ein soziales Miteinander und friedliche Konfliktlösung, danach aber ist erst einmal "Lernpause", wie es Dr. Frank Schiefer nennt. "Der einstündige Politikunterricht geht erst ab der 10. Klasse weiter." Schiefer lehrt Didaktik der Sozialkunde an der Uni Würzburg und ist Mitorganisator des Schülerparlaments in Fürstenfeldbruck. Ein Projekt, bei dem wenige ausgewählte Jugendliche aus mehreren Jahrgangsstufen demokratische Mitbestimmung an ihrer Schule üben. Sie kämpfen zum Beispiel für eine Neugestaltung des Schulhofs und eine bessere Ausstattung der Toiletten – mit Erfolg.

Demokratische Bildung in der Schule: viel zu wenig

Voraussetzung dafür aber sind eine interessierte Schulleitung, engagierte Lehrer:innen und Schüler:innen, die dafür ihre Freizeit nutzen. Das Schülerparlament ist ein Vorzeigprojekt, eine Ausnahme. "Schüler:innen verhungern in Sachen Demokratie", so das bittere Fazit von Frank Schiefer.

Demokratisches Handeln vorleben statt darüber reden

In der Kita ist mehr Raum für die Vermittlung demokratischer Grundwerte als im Lehrplan. Erzieher:innen haben den Auftrag, täglich soziale, emotionale und andere Fähigkeiten zu fördern, die wiederum positive Auswirkungen auf ein friedliches Miteinander haben. Sie tun das, indem sie den Kindern in praktischen Situationen zeigen, wie sie etwa Konflikte respektvoll klären können.

"Ich würde keinen Morgenkreis machen: 'Wir sprechen heute über Demokratie.' Dann verstehen die Kinder nicht, was ich sagen möchte. Wir nehmen Rücksicht, wir sprechen über Werte, es gibt Themen, die man im Kindergarten anspricht. Monatsthema ist zum Beispiel 'Teilen lernen'."

Filmzitat Cornelia Balzer, Erzieherin

"Mitte-Studie" zeigt: Demokratie steht auf dem Prüfstand

Alle zwei Jahre untersucht die sogenannte "Mitte-Studie" politische Meinungen in der Bevölkerung -  unter anderem: Einstellungen zur Demokratie; so auch 2019.

  • Einerseits gibt es eine hohe Zustimmung zur Demokratie: 86 Prozent der Befragten halten es für "unerlässlich, dass Deutschland demokratisch regiert wird."
  • Alarmierend aber: Etwa ein Drittel der Befragten fühlt sich von der Politik nicht vertreten und fühlt sich politisch machtlos.
  • Fast 30 Prozent sagen, die Demokratie führe "eher zu faulen Kompromissen als zu sachgerechten Entscheidungen".
  • 21 Prozent der Befragten – mehr als jede und jeder Fünfte! – neigen zu rechtspopulistischem und eindeutig antidemokratischem Denken.

Zahlen und Fakten: Quellen

1. "Mitte-Studie" der Friedrich-Ebert-Stiftung, in Zusammenarbeit mit dem Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (IKG)
Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung

2. Eurobarometer 2018/Europäische Werte
Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung

Engagement in der Schule

Dass Schüler:innen sich für Demokratie begeistern und dabei kreativ werden, erlebt Christina Wolf an einer Mittelschule in Neunburg: Zwei achte Klassen wollen etwas tun gegen Hass im Netz und gegen Fake News. Sie sprayen Toleranz-Graffitis, texten einen Freiheits-Rap, informieren sich in Seminaren über Menschenrechte. Dafür erhalten sie nun den "Bayerischen Ehrenamtspreis" – das Engagement der Schule und der Jugendlichen für Demokratie und Vielfalt gilt als außergewöhnlich.
Lehrerin Christine Schießl, die das Projekt begleitete, ist überzeugt, dass Schüler:innen etwas bewegen können und dass sie die Chance bekommen sollten, im Schulalltag demokratisch kreativ zu werden. Gerade auch außerhalb des Unterrichts.

"Für uns ist es wichtig, dass wir engagierte Lehrer haben, die das mittragen und nur so geht's. Leider müssen wir das momentan zum Nulltarif leisten. Brauchen würden wir Lehrer. An meiner Schule gibt's das, wir leben's vor, alle ziehen mit. Lehrer, die nötigen Stunden dazu: Das ist auch ein Geldfaktor."

Filmzitat Bettina Langtorius, Schulleiterin Grund- und Mittelschule Fürstenfeldbruck Nord

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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