Respekt - Respekt

Internet und Demokratie

RESPEKT Internet und Demokratie

Stand: 08.06.2022

  • Das Internet ist frei - das ist Vor- und Nachteil zugleich. Denn in Zeiten von Social Media kann jede:r so gut wie alles als "Information" ausgeben.
  • Die Presse wird auch als "Vierte Gewalt" im Staat bezeichnet. Landesrundfunkanstalten sollen zuverlässige Informationen bieten, die hohen Standards genügen.
  • Aber laut "Reporter ohne Grenzen" ist es weltweit nicht gut um die Pressefreiheit bestellt - auch nicht in Deutschland.
  • In drei Viertel aller Länder werden Journalist:innen in ihrer Arbeit behindert oder gar bedroht.

Über vier Milliarden Menschen auf der Welt nutzen Social Media. Allein auf Youtube werden jeden Tag pro Minute 500 Stunden Videomaterial hochgeladen. Und im ganzen Internet schätzt man, dass täglich eine Trilliarde Bytes dazukommen. Das Internet hat unzählige neue Jobs ermöglicht: Influencer:innen zum Beispiel stellen das eigene Leben ins Netz. Und fast alles, was wir wollen, dürfen wir auch posten. Unsere Freiheit im Netz scheint grenzenlos – und sie wird von vielen ausgenutzt.

Vielfalt erfordert kritische Auseinandersetzung

Im Internet gibt es viele Versionen von Wahrheit. Es gibt regionale News-Blogger und YouTuber, die in ganz Deutschland bekannt sind, Spezialkanäle für jeden Musikgeschmack, Gaming-Nachrichten und viele Organisationen haben News auf ihren Startseiten. Doch die Wenigsten haben "Nachrichtenkompetenz": das Wissen und die Erfahrung, sich wirklich kritisch und fundiert damit auseinanderzusetzen. Sich eine eigene Meinung zu bilden, die zumindest nahe an so etwas wie Wahrheit herankommt. Und je größer die Skepsis gegenüber der öffentlich-rechtlichen Berichterstattung ist, desto eher suchen Menschen nach Informationen an anderer Stelle. Doch viele wissen nicht, wie sie die Qualität einer Informationsquelle prüfen können.

"Es gibt ja sehr häufig eine About-Seite, da kann ich dann schnell mal rausfinden: Wie finanziert sich das Ganze denn? Ist da eine deutsche Firma dahinter? Oder stehen da gar keine Angaben? Und dann ist ganz schnell klar: Okay, hier gibt es offensichtlich keine vertrauenswürdigen Informationen für mich."

Markus Beckedahl, Gründer netzpolitik.org

Der Pressekodex und was er bedeutet

Definition

Regeln, die Journalist:innen bei der Berichterstattung zu beachten haben, stehen in erster Linie im "Pressekodex". Das ist eine Sammlung von 16 journalistisch-ethischen Grundrechten: Als oberstes Gebot steht darin die Achtung der Wahrheit und der Menschenwürde, weitere Punkte sind die Wahrung des Berufsgeheimnisses. Das bedeutet: die Identität von Informant:innen nicht preiszugeben. Redaktionelle Texte müssen klar von Werbung getrennt werden. Die Persönlichkeitsrechte jedes Menschen müssen geachtet werden. Und: Die Unschuldsvermutung gilt auch in der Berichterstattung.

Was Influencer:innen meist nicht liefern

Grundlage jeglicher journalistischen Arbeit ist eine saubere und gründliche Recherche. Die Fakten müssen stimmen und die veröffentlichten Inhalte müssen korrekt sein. Und die Berichterstattung muss ausgewogen sein – unabhängig von politischen Parteien oder wirtschaftlichen Interessen. So soll etwa auch immer die Gegenseite zu Wort kommen. Dafür soll in Redaktionen auch das "Vier-Augen-Prinzip" sorgen: Jeder Inhalt sollte vor der Veröffentlichung von mindestens einer Redakteur:in noch einmal überprüft und gegengecheckt werden.

Zahlen und Fakten

Pressefreiheit in Gefahr

  • Artikel 5 des Grundgesetzes garantiert die Meinungsfreiheit, also das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten. Eng damit verbunden: die Informationsfreiheit.
  • Die Organisation Reporter ohne Grenzen ermittelt die Zahlen von Übergriffen, Gewalttaten und Haftstrafen gegen Medienschaffende.
  • Auf den besten Plätzen des Rankings die skandinavischen Staaten mit Norwegen auf Platz 1, gefolgt von Finnland, Schweden und Dänemark.
  • Deutschland ist auf den 13. Platz abgerutscht. Der Grund: Die Übergriffe auf Medienschaffende haben sich 2021 im Vergleich zum Vorjahr verfünffacht.

Seriosität heißt manchmal: NICHT berichten.

Nina Poppel betreibt einen TikTok Kanal, in dem sie Menschen für Politik und seriöse Quellen sensibilisiert. Ihr ist im Gegensatz zu Influencer:innen wichtig, ihre eigene Meinung außen vor zu lassen und ihrer Zielgruppe zu vermitteln, wie sie recherchiert. Natürlich geht es auch darum, Menschen auf unterhaltsame Weise Themen nahe zu bringen, die sich sonst nicht mit Politik befassen. Und das in einer Minute. Deshalb, so Nina Poppel, recherchiere sie viele Themen und lasse die am Ende, weil sie da auch ihre Verantwortlichkeit sehe.

"Ich habe zum Beispiel mal ein Video gemacht, da habe ich gesagt: Leute, ich kann kein Video zum Nahost-Konflikt machen, weil es einfach unverantwortlich wäre, so einen langen, komplexen Konflikt in einer Minute zu machen."

Nina Poppel, Betreiberin des TikTok-Kanals nini_erklaert_politik

Kriegsprävention oder Zensur?

Das Verbot der Newsportale RT Deutsch und Sputnik im Frühjahr 2022 hat viele Diskussionen zum Thema Zensur ausgelöst. Verboten wurden sie, weil die Sender keine Sendelizenz hatten und trotzdem ihr Programm ausstrahlen wollten. Außerdem dienen beide Sender nach Auffassung der EU zur Verbreitung von Kriegspropaganda. Professor Stephan Weichert sagt: Im Fall von "RTdeutsch" und "Sputnik" sei das Sendeverbot die richtige Entscheidung. Grundsätzlich aber sei diese Frage nicht so einfach zu klären:

"Wo endet sozusagen freie Berichterstattung? Wo fängt Propaganda an? Das ist halt unheimlich schwierig einzuschätzen. Wer soll diese Einschätzung vornehmen? Medienrechtler, Wissenschaftler, Politiker? Da bewegen wir uns eigentlich häufig in einer Grauzone."

Prof. Stephan Weichert, Medienwissenschaftler

Autorin: Monika von Aufschnaiter

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