Respekt - Respekt

Meinungsfreiheit

RESPEKT Meinungsfreiheit

Stand: 05.02.2021

  • Das in Artikel 5 des Grundgesetzes verankerte Recht auf Meinungsfreiheit schließt die "Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film" ausdrücklich mit ein.
  • Meinungsfreiheit bedeutet: sich selbst frei äußern zu können, aber auch: anderen eine freie Meinungsäußerung zu gestatten, ohne sie niederzumachen.
  • Meinungsfreiheit ist weit mehr als das Recht zur freien politischen Meinungsäußerung.
  • Auch "nur" private Kommentare im Netz gehören dazu.
  • Wer andere durch seine Meinungsäußerungen angreift oder ihnen etwa durch Cybermobbing schadet, missbraucht seine Meinungsfreiheit.

Im Artikel 5 des Grundgesetzes heißt es ganz klar: "Eine Zensur findet nicht statt." Meinungsfreiheit erfordert Toleranz, aber auch die Orientierung an gesellschaftlichen Werten und die Einhaltung demokratischer Gesetze. Das Gleichgewicht all dieser Faktoren wird auch in unserem Alltag immer wieder neu auf die Probe gestellt. Auf YouTube oder Twitter werden immer wieder Beiträge oder Accounts gelöscht. Die Gründe sind nicht immer nachvollziehbar. Zum Beispiel: Wo endet Meinungsfreiheit zu Corona-Maßnahmen, wo beginnen wirklich gefährliche "Verschwörungserzählungen"? Wie gehen wir generell um mit unterschiedlichen Auffassungen davon, was erlaubt werden sollte und was zensiert werden darf?

Welche Meinungsäußerungen sind strafbar?

  • Den Massenmord an den Juden leugnen oder den Nationalsozialismus verherrlichen: Hier greift Paragraph 130, Volksverhetzung.
  • Über Personen negative Dinge behaupten, die man nicht beweisen kann, zum Beispiel: "Angela Merkel ist eine Diktatorin." Das gilt als üble Nachrede oder Verleumdung.
  • Wenn ein Kritiker behauptet, ein Autor sei "steindumm". Zu sagen, was der Autor schreibt, sei steindumm, ist dagegen in Ordnung – wenn auch nicht besonders nett.

Meinungsfreiheit, Menschenwürde, Religionsfreiheit

Moderator Ramo Ali ist aus Syrien geflüchtet, weil er dort wegen kritischer Äußerungen verhaftet wurde. Er weiß, wie es ist, in einem Land zu leben, in dem freie Meinungsäußerung lebensgefährlich geworden ist. In Deutschland ist er nun mit Demonstrationen konfrontiert, die sich zum Teil gegen Geflüchtete richten – auf Basis des Grundrechts der freien Meinungsäußerung. Entscheidend ist, dass die Ausübung der Meinungsfreiheit andere Rechte nicht verletzt, wie zum Beispiel die Unantastbarkeit der Menschenwürde und die Religionsfreiheit. Doch wie lässt sich das Grundrecht "Meinungsfreiheit" mit anderen Grundrechten in Einklang bringen?

"Mindestens ein Mensch wurde umgebracht, weil er mit mir gesprochen hat. Mir wurden diese Augenzeugenberichte überlassen – und die müssen gehört werden. Ist es das wert, für die Meinungsfreiheit zu sterben? Ich weiß es nicht. Ich hatte keine Wahl, ich habe Glück, dass ich noch am Leben bin und dass ich diese Informationen weitergeben kann."

Aleksei Borovnikov, investigativer Journalist

Würdest du dein Leben riskieren, um deine Meinung zu sagen?

In 62 Prozent aller Staaten gibt es keine oder eine eingeschränkte Meinungsfreiheit (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung). In Saudi-Arabien wird ein Blogger öffentlich ausgepeitscht, in der Türkei verlieren Wissenschaftler ihren Job, weil sie eine Petition für Frieden unterzeichnet haben. Auch Journalisten leben oft gefährlich in solchen Ländern. Etwa der ukrainische Journalist Aleksei Borovnikov. Er geriet in Lebensgefahr wegen seiner Recherchen. Im Osten der Ukraine kämpft nämlich die ukrainische Armee gegen pro-russische Separatisten. Aleksei hat herausgefunden, dass zwischen den Kriegsgegnern geschmuggelt wird. Die Bekanntmachung dieser Tatsache passte einigen Machthabern nicht. Aleksei Borovnikov und seinen Interviewpartnern wurde mit dem Tod gedroht.

Wie frei sind wir eigentlich in unserer Meinungsbildung?

Weniger frei als wir denken. Das liegt zum einen daran, dass unser Gehirn faul und deshalb leicht zu manipulieren ist. Beispiel: Wenn ich eine Umfrage mache und in der Frage eine Zahl vorkommt und ich als Antwort mehrere Zahlen als Option angebe, wird überdurchschnittlich häufig die Zahl aus der Frage auftauchen. Das nennt man Framing. Ein zweiter Grund ist, dass wir emotional aufgeladenen Geschichten mehr glauben als nüchternen Fakten. Unsere Befürchtung, etwa an Covid-19 zu sterben, wird sofort steigen, sobald uns jemand einen schrecklichen Tod durch Ersticken schildert. Die Statistik hilft da wenig. Laut Robert Koch-Institut beträgt die Wahrscheinlichkeit für unter 50-Jährige, mit Covid-19 zu sterben, nur 0,4%. Bei über 80-Jährigen liegt das Risiko bei 10%. Dennoch: Es ist für viele, auch junge Menschen, sehr wahrscheinlich, dass es auch sie oder ihre Angehörigen treffen könnte.

Hass im Netz: falsch verstandene Meinungsfreiheit

Die einen zeigen ihre Meinung in Bekundungen auf offener Straße, andere nutzen virtuelle Orte. In der RESPEKT-Reportage trifft Ramo Ali Schülerinnen und Schüler, die Cybermobbing und Hass im Netz erfahren haben. Warum gerade das Internet so häufig als Bühne für Hass-Botschaften genutzt wird: Auf Facebook wird ja der Kommentar zuerst angezeigt, der die meisten Likes hat. So entstehen dann riesige Shitstorms.

"Wir können eben nachweisen, dass Likes generell nicht immer aus der normalen Bevölkerungsmehrheit kommen, sondern dass es eben eine kleine Gruppe von Hasskommentatoren gibt, die sich immer gegenseitig hochliken."

Philipp Kreißel, Netzinitiative #ichbinhier

Fazit: Meinungsfreiheit ist ein Recht und eine Pflicht

Das Recht auf Meinungsfreiheit – ein Grundrecht, das jedem einzelnen Menschen wertvolle Freiheit überträgt, aber auch Verantwortung zur Verteidigung grundlegender Werte wie die Achtung der Menschenwürde.

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