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Wo schmeckt Bayerns Bier am besten? Regierungsbezirk 1: Schwaben

500 Jahre Reinheitsgebot – da dreht sich in Bayern ein Jahr lang alles ums Bier. Wir haben uns gefragt: Aus welchem der bayerischen Bezirke kommt eigentlich das beste Bier? Unser Autor Georg Bayerle ist der Meinung: Natürlich aus Schwaben!

Stand: 05.03.2016 | Archiv

1. Station: "Bier-Mekka" Meßhofen

Die ‚Bier-Reise‘ durch Schwaben führt Georg Bayerle in nicht unbedingt bekannte Dörfer: Meßhofen zum Beispiel, ein Ortsteil der Gemeinde Roggenburg im Landkreis Neu-Ulm. Unter Kennern ist es ein kleines Bier-Mekka.

Einmal in der Woche ist bei Brauer Clemens Kolb in Meßhofen Brautag.

Die Fans kommen von weit her, um für 17 Euro eine Kiste handgemachtes Märzen oder Weizen abzuholen oder in der kleinen Braugaststätte einzukehren. Seit 1841 existiert das winzige Sudhaus, das Clemens Kolb in fünfter Generation weiterführt.

Am Brautag steht der 53-jährige bereits um halb zwei Uhr in der Nacht auf den Beinen. Wichtigstes Rezept dabei: er braut das Bier wie zu Zeiten des Reinheitsgebotes: ohne irgendwelche Stabilisatoren oder Filtrierung. Heraus kommt ein dunkles, naturtrübes Märzen, sehr würzig und kräftiger als das gewöhnliche Bier.

Früher reichte das Brauerjahr von Michaeli bis Georgi

In Zeiten vor modernen Kühlmethoden wurde Märzen zum Abschluss des Braujahres eben im März produziert, weil es durch den höheren Gehalt an Stammwürze und Alkohol länger aufbewahrt werden konnte. Denn Bier war ursprünglich ein Getränk der kalten Jahreszeit, das Brauerjahr reichte von Michaeli bis Georgi, also vom 29.9. bis 23.4. Die relativ kurze Haltbarkeit von ungefähr sechs Wochen ist daher auch ein Qualitätsmerkmal für das Meßhofer Bier.

Bier - so unverfälscht wie der schwäbische Charakter

Keines schmeckt genau wie das andere, weil jeder Sud beginnend mit den Zutaten ein wenig anders verläuft. Es ist eben ein Bier so unverfälscht wie der schwäbische Charakter, pur und echt. Darum ist es einzigartig. Mit bewusster Einfachheit wird die Treue zum Produkt gewahrt.

2. Station: Das Biberacher Urdunkel

Nur vier Kilometer weiter bewahrt Richard Schmid in der Brauerei Biberach ein anderes Geheimrezept auf: das Biberacher Urdunkel.

Richard Schmid bei dem, was ein Braumeisters am meisten macht: putzen!

Der Ururgroßvater des heutigen Braumeisters muss ein großer Tüftler gewesen sein: Er hat mit verschieden gedörrten und getoasteten Malzen experimentiert und Hopfen speziell portioniert. Herausgekommen ist ein Rezept, das er sich im Jahr 1877 auf einem Zettel notiert hat und das Richard Schmid heute noch verwendet.

Dabei wurde die Einrichtung der Brauerei mit der Zeit selbstverständlich immer wieder modernisiert. Die Computersteuerung der Brauanlage mutet an wie eine Leitstelle aus der Frühzeit der Science-Fiction-Filme: der „Brotkasten“, wie das Steuerpult im Jargon der Brauer heißt, tut seit 1991 seine Dienste.

Ganz von Hand dagegen zieht der Brauer die Hefe auf: so wird das Umschütten der Hefe von einem Eimer in den anderen genannt, bei dem der Hefebrei mit möglichst viel Sauerstoff angereichert werden soll, damit der Gärprozess richtig in Gang kommt.

Noch ein Grund, warum das schwäbische Bier das Beste ist: es ist das Produkt des starken schwäbischen Eigensinns. Hier drückt der markante, individualistische Charakter von Land und Leuten dem Nahrungsmittel seinen Stempel auf.

3. Station: Das „Schlössle“ in Neu-Ulm

Das Meßhofener, das Biberacher und das Schlössle-Märzen.

Den ganzen Reichtum der schwäbischen Bierkultur bringen die Vertreter dreier Brauerein an der dritten Station, dem Schlössle in Neu-Ulm auf den Punkt. Bei der Blindverkostung im holzverkleideten Saal des Brauereigasthofs ist als dritte Spezialität auch das Märzen vom Schlössle mit von der Partie. Weil wir die Biere immer mischen und auch ein schon verkostetes oder nur vermeintlich anderes in die Versuchsanordnung einbauen, ist die Prüfung ganz schön schwierig.

Die Schwaben waren schon immer der Zeit voraus…

Richard Schmid bei der Blindverkostung.

Am Ende ist es Richard Schmid, der zielgerichtet jedes einzelne Bier genau dem richtigen Produzenten zuordnet. Und es zeigt sich, dass für jedes dieser handwerklichen Biere alte Rezepte rausgekramt wurden, wie sie heute für die so genannten „Craft-Biere“ wieder modern geworden sind.

Für die Schwaben ist diese Modewelle, die aus Amerika zu uns geschwappt ist, ein alter Hut. Sie sind die eigentlichen Erfinder der „Craft-Biere“ und waren damit immer schon der Zeit voraus…


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