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Hunde Entspanntes Gassigehen: Das hilft gestressten Hunden

Haben Sie einen jungen, stürmischen oder bewegungsfreudigen Hund? Dann kennen Sie das bestimmt: Sie möchten Ihr Energiebündel draußen auf der Gassirunde so richtig gut auslasten, damit zuhause Ruhe einkehrt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Nach dem Spaziergang kann Ihr Hund erst recht nicht entspannen. Was in so einem Fall helfen kann, weiß Hundetrainerin Anja Petrick.

Stand: 02.12.2022 11:49 Uhr

Border Collie beim Gassigehen | Bild: BR / Philipp Kimmelzwinger

Wenn Sie einen jungen oder sehr aufgeweckten Hund besitzen, haben Sie das sicher auch schon oft gehört: dass Sie mit so einem Hund besonders viel spazieren gehen müssen, möglichst weit und möglichst schnell, damit Sie ihn so richtig gut auspowern. Unterwegs sollten Sie natürlich auch noch viel üben, damit Ihr Hund perfekt hört.
Wenn Sie das machen und dann nach Hause kommen, kommt Ihr Hund gar nicht zur Ruhe, macht vielleicht sogar Dinge kaputt und ist einfach sehr aufgeregt.

Das liegt daran, dass weniger oft mehr ist.

Natürlich müssen junge oder energiereiche Hunde rennen dürfen und Sie sollten diesem Bedürfnis auf jeden Fall Raum geben. Allerdings muss das nicht unbedingt in Form von exzessivem Bällewerfen oder stundenlangem Spielen mit anderen Junghunden passieren.
Vor allem bei Hunden in der Pubertät und sehr schnellen Hunden ist es nicht immer die beste Lösung, mit diesen besonders viel zu üben oder besonders weit unterwegs zu sein. Oft überfordert das die Hunde und Sie haben dann genau den gegenteiligen Effekt zu dem, was Sie eigentlich haben möchten: Statt einem entspannten Hund haben Sie einen gestressten Hund zuhause. Und Sie sind selbst frustriert, weil Ihr Hund irgendwann einfach nicht mehr auf Ihre Signale reagiert.

Stellen Sie sich vor, Sie sind mit einem Freund unterwegs an einem Ort, der für Sie sehr interessant ist und wo es viel zu sehen gibt: im Shoppingcenter, im Baumarkt oder einem Buchladen. Sie möchten sich in Ruhe alles anschauen, aber permanent zieht Ihr Freund Sie weiter, sagt Ihnen, dass Sie stehen bleiben, da wegkommen oder woanders hingehen sollen. Was glauben Sie, wie lange Sie das mitmachen würden und wie genervt Sie danach wären?
So ähnlich geht es häufig unseren Hunden. Was genau der beste Spaziergang ist, hängt dabei vom eigenen Hund ab.

Folgende Dinge können Ihrem Hund helfen, sich auf den Spaziergängen besser zu entspannen:

  • Nutzen Sie eine mindestens drei Meter lange Leine. Alle kürzeren Leinen engen die Hunde sehr stark ein. Wenn Sie Ihren Hund gar nicht freilaufen lassen können, wäre eine fünf bis zehn Meter lange Leine sinnvoll.
  • Üben Sie nicht permanent mit Ihrem Hund. Bauen Sie Ihre Signale, die Sie üben möchten, ab und an beim Spazieren gehen ein, aber rufen Sie beispielsweise Ihren Hund nicht fünfmal hintereinander ohne Grund ab. Irgendwann möchte er sich auch seinen hündischen Dingen widmen.
  • Wenn Ihr Hund stehenbleibt, bleiben Sie hinter oder bei ihm stehen und warten Sie, bis er weitergeht. So wird der Spaziergang automatisch entschleunigt.
  • Probieren Sie einmal einen Spaziergang der Stille aus – und geben Sie Ihrem Hund nur ein Signal, wenn es unbedingt sein muss.
  • Legen Sie Pausen ein. Bleiben Sie einfach mal an einer Stelle stehen, atmen Sie durch und lassen Sie auch Ihren Hund Pause machen. Machen Sie dies bitte an einem Ort, der nicht so aufregend für Ihren Hund ist. Wenn ihn die Pausen frustrieren, wenn er bellt, quietscht und Sie anspringt, können Sie „Pause machen“ auch mit ihm üben und fangen dabei mit ganz kurzen Mini-Momenten an, in denen Sie innehalten, Ihren Hund ein paar Leckerchen suchen lassen und dann weitergehen.
  • Gehen Sie alleine mit Ihrem Hund spazieren. So können Sie sich ganz auf ihn konzentrieren und selbst die Stille genießen.
  • Machen Sie unterwegs gemeinsame, schöne Dinge mit Ihrem Hund: Finden Sie Würstchenbäume, balancieren Sie gemeinsam über Baumstämme und interessieren Sie sich für die „Hobbys“ Ihres Hundes.
  • Bei vorsichtigen oder unsicheren Hunden gehen Sie öfter den gleichen Weg, hier können Sie auch „Inselspaziergänge“ machen: dabei finden an denselben Orten dieselben Übungen oder Spiele statt. Auf einer bestimmten Wiese können Sie Ihrem Hund jedes Mal ein Spielzeug verstecken, das er finden darf, vielleicht gibt es auf dem Weg einen bestimmten Stein, auf den Ihr Hund hüpfen kann und eine Stelle am Fluss, wo Sie gemeinsam im Wasser plantschen. Das schafft Erwartungssicherheit beim Hund, denn Rituale geben Sicherheit.

Und noch ein Rat zum Schluss:

Nehmen Sie sich und Ihren Hund nicht zu ernst. Wenn mal etwas nicht so gut funktioniert oder Ihr Hund mitten in der Pubertät steckt und selbst nicht mehr weiß, wie er heißt, dann legen Sie eine Trainingspause ein. Lassen Sie die Leine dran und gehen Sie einfach eine Zeitlang dort, wo Sie ihre Ruhe haben und Ihr Hund sich ebenfalls besser entspannen kann. Hunde lernen ein Leben lang. Wir Menschen übrigens auch.

Weitere Tipps zu den wichtigsten Themen rund um Ihren Hund finden Sie in Anja Petricks Buch "Wir sind ein Team - Hunde fair trainieren", erhältlich im BRshop.

Viel Erfolg mit diesen Tipps wünschen Anja Petrick und "Wir in Bayern"!


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