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Brauchtum in Franken Osterbrunnen gestalten

Oberhalb der Tauber, auf dem Essigkrug, liegt Rothenburg: eine Stadt wie aus dem Mittelalter. Umgeben von einer schützenden Mauer ist die Geschichte hier lebendig geblieben, Traditionen hält man aufrecht.

Stand: 23.03.2012 | Archiv

Osterbrunnen | Bild: BR

Eine dieser Traditionen ist das jährliche Ausgestalten der Brunnen in Rothenburgs Innenstadt zu Ostern. Seit elf Jahren nimmt sich Ursula Ilgenfritz dieser Aufgabe an. Unterstützt wird sie dabei von Freunden und Bekannten.

Woher kommt’s?

Vermutlich stammt der Brauch, Brunnen zu Ostern zu schmücken, aus der fränkischen Schweiz; einer Region, die oft mit Wasserarmut zu kämpfen hat. Das Schmücken der Brunnen mit Eiern, also mit Symbolen der Fruchtbarkeit, kann daher als Bitte um Wasser und Leben interpretiert werden. Ganz geklärt ist der Ursprung des Brauches nicht. Traditionell schmückt man Osterbrunnen mit Fichtenzweigen. Hier unterscheidet sich der Rothenburger Osterbrunnen von der klassischen Variante. Auf dem helleren Buchs leuchten die Eier einfach intensiver, kommen besser zur Geltung. Außerdem "piekst" Buchs bei weitem nicht so stark wie die spitzen Fichtennadeln, so die Erfahrung von Ursula Ilgenfritz.

Am Anfang steht der Buchsbaum

Pünktlich zur bevorstehenden Osterzeit stehen die Zeichen auf Frühling, alles wächst und sprießt. Auch der immergrüne Buchsbaum im Garten von Ursula Ilgenfritz hat viele junge Triebe und muss etwas eingekürzt werden. Die anfallenden Zweige kommen Ursula Ilgenfritz gerade recht für ihre Osterdekoration in Übergröße. Das Schnittgut von nur einem Buchs reicht bei 4 cm Jahreszuwachs allerdings bei weitem nicht aus, um die Krone für den Brunnen in seinen Pelz zu hüllen. Doch die Nachbarn von Ursula Ilgenfritz helfen gerne aus und haben nichts dagegen, wenn sie, mit der Schere bewaffnet, in ihren Gärten auftaucht.

Vom Buchs zur Krone

Die Krone für den Osterbrunnen hat ein ortsansässiger Schmiedebetrieb übernommen, das Ausschmücken behält sich Ursula Ilgenfritz aber selbst vor. Bevor sie den Buchs bindet, wickelt die Hobbygärtnerin Efeu um das Gestänge. So wird der Stahl griffiger. Außerdem ist der Efeu zugleich Füllung. Durch ihn spart sie Buchs. Die Buchszweige selbst legt sie in kleinen Büscheln ringsherum dachziegelartig um das Stahlgerüst. Fixiert werden sie mit Blumendraht. Und noch einen Trick hat sich die Hobbygärtnerin im Laufe der Jahre angewöhnt: Blühenden Buchs verwenden! Denn der füllt noch besser, lässt sich also schneller und einfacher verarbeiten. Trotzdem, gute 50 Stunden braucht Ursula Ilgenfritz allein für die Vorarbeit, also das Binden von Girlanden und Krone für den Osterbrunnen.

Aus dem Garten in die Stadt

Sind Girlanden und Krone fertig, geht es für den Brunnenschmuck in Rothenburgs Altstadt, in die Rödergasse. Nachdem die 40 Kilo schwere Krone abgeladen ist, werden die ersten Eier befestigt. Allerdings nicht einzeln, das würde bei 2.600 Stück einfach zu lange dauern! Mit Blumendraht wurden die Eier zu Netzen und Schlangen aufgefädelt. Holzperlen zwischen den Eiern machen das Gerüst biegsamer. Trotzdem, das Anlegen des Schmucks erfordert Fingerspitzengefühl! Die Eier an der Krone werden noch am Boden befestigt. Ist die Krone angebracht, kann der restliche Brunnen geschmückt werden: Mit einem einfachen System aus Haken und Ösen wird in jede der vier Ecken des Wasserbeckens eine Buchsgirlande gespannt. Allein hierfür benötigen die Rothenburger zehn laufende Meter Buchsgirlande. Für den ganzen Brunnen sind es sogar 34 Meter. Um die Girlanden kommen zwei über Kreuz gewickelte Eierschlangen.

Plastik kommt nicht in Frage

Trotzdem gehen 400 der 2.600 Eier am Markusbrunnen jedes Jahr zu Bruch. Auch die vielen Schilder um den Brunnen mit der Bitte, nichts anzufassen, scheinen die Passanten leider nicht abzuschrecken. Plastikeier kommen für Ursula Ilgenfritz aber nicht in Frage. Sie bleichen in der Sonne zu schnell aus und verkratzen. Und das sprichwörtlich Gelbe vom Ei? Das verbäckt Realschullehrerin Ursula Ilgenfritz zu Kuchen oder gemeinsam mit ihren Schülern zu Plätzchen.


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