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Schweiß, Schwitzen Wieviel Schwitzen ist unbedenklich?

Flüssigkeit verliert jeder beim Schwitzen, das ist ganz normal. Wieviel aber jeder schwitzt, ist individuell unterschiedlich. Doch übermäßiges Schwitzen macht manchen Menschen das Leben schwer. Gesundheit! Reporter Fero Andersen begleitet einen Hyperhidrose-Patienten zur Behandlung. Die könnte sein Leben verändern. 

Von: Susanne Wimmer

Stand: 03.07.2023

Es lässt sich bei heißem Wetter eigentlich kaum vermeiden - das Schwitzen. Noch dazu, wenn man sich zusätzlich sportlich betätigt. Schwitzen macht zwar wenig Spaß, nützt aber. Der Schweißfilm auf unserer Haut ist wie eine körpereigene Klimaanlage. Bei zu hohen Temperaturen kühlt er uns herunter. Doch bei ein bis zwei Prozent der Menschen in Deutschland ist das anders. Sie schwitzen übermäßig viel – egal ob Sommer oder Winter. Hyperhidrose nennt sich die krankhafte Art des Schwitzens. Bei Lorenz ging es los mit Beginn der Pubertät, als er 14 war.  

"Mir ist aufgefallen, dass ich mich eher nicht mit ausgestrecktem Arm gemeldet habe und da ist was unangenehm. Und dann kommt man so drauf, oh Gott, das ist ja ständig nass und versucht das irgendwie zu kaschieren. Für den Alltag bedeutet das: Man nimmt am Morgen einen Rucksack mit, packt den mit möglichst vielen schwarzen oder weißen T-Shirts und je nach Tagesform nach zwei bis drei Stunden bildet sich ein Salzrand und spätestens da läßt sich´s farblich nicht mehr kaschieren und du musst dich umziehen."

Lorenz, Hyperhidrose-Patient

Wieviel Schwitzen ist normal?

Die verschwitzten T-Shirts führen im Winter auch noch dazu, dass Lorenz sich oft erkältet. Doch wieviel Schwitzen ist  “normal” und was sollte jeder bei Sport in der Hitze beachten? Gesundheit! Reporter Fero Andersen fragt nach bei Sportmedizinerin Dr. Katrin Esefeld. 

"Grundsätzlich ist es so, wenn´s sehr heiß ist, sollte man eher moderatere Übungen machen, wo der Puls nicht von Haus aus so weit hochgeht. Bei Hitze also lieber kürzer und langsamer trainieren. Gut geeignet ist da zum Beispiel der Unterarmstütz oder auch Plank. 30 Sekunden zum Beispiel und dann wieder Pause. Das ist natürlich schon anstrengend, aber mehr jetzt für die Muskulatur als für Herz-Kreislauf."

Dr. med. Katrin Esefeld, Fachärztin für Innere Medizin, Sportmedizin und Leistungssport

Bei Sport im Sommer: Schutz nicht vergessen

Wichtige Grundregeln für Sport in der Hitze sind: Kopfbedeckung, luftige Kleidung, eincremen und vor allem - viel trinken. Aber reicht dafür nur Wasser?

"Ja, Wasser sollte dann schon auch mit Elektrolyten oder Salz ein bisschen angereichert sein oder Mineralwasser. Wenn man nur Wasser trinkt, verdünnt man nochmal den Salz-  oder den Natriumgehalt und das kann schlimmstenfalls zu neurologischen Symptomen führen. Wieviel Flüssigkeit man beim Sport verliert, ist individuell sehr unterschiedlich. Man sagt meistens so 150 bis 200 ml alle viertel Stunde."

Dr. med. Katrin Esefeld, Sportmedizinerin, München 

Hyperhidrose: Wenn Menschen zu viel schwitzen

Aber es gibt tatsächlich Menschen, die schwitzen einfach zu viel und nichts hilft dagegen. Sie können Tabletten nehmen, Deos oder Cremes und schwitzen trotzdem, wie Lorenz. Er hat nichts unversucht gelassen und eine ganze Sammlung allein von Antioxidantien, also Deos mit Aluminiumsalzen, die vorübergehend die Schweißdrüsen verstopfen. 

"Das sind medizinische Deos, die bekommt man auch nur auf Rezept. Aber es hat nur ganz wenig geholfen. Das hier sind die Chemikalien. Die regulieren das Nervensystem, dass die Schweißdrüsen nicht mehr ganz so viel Schweiß produzieren.."

Lorenz, Hyperhidrose-Patient  

Und noch etwas zeigt er Reporter Fero Andersen. Pads, die ähnlich aussehen wie eine Damenbinde.

"Man kann die hier so unter die Achseln kleben und hoffen, dass dann eben nichts mehr rauskommt, aber es ist halt nicht stark genug. Und das sind hautfarbene T-Shirts. Dieses Material soll, so die Werbung, relativ elastisch sein und kein Wasser durchlassen. Aber auch das kommt superschnell an seine Grenzen."

Lorenz, Hyperhidrose-Patient  

Früher hatte Lorenz einen Job, in dem er Hemden tragen musste, für ihn der reinste Horror. Heute trägt er fast ausschließlich schwarze T-Shirts und wäscht sie beinahe täglich. Aktuell lebt er außerdem solo.

"Wenn man sich näherkommt oder intimer wird, ist das Schwitzen ein Problem. Ich weiß nicht, ob aus manchen Affären vielleicht etwas geworden wäre, wenn ich mich offener gezeigt hätte."

 Lorenz, Hyperhidrose-Patient 

Hyperhidrose-Therapie: Hilfe gegen zu viel Schwitzen

Lorenz hofft jetzt auf eine Thermobehandlung, bei der die Schweißdrüsen dauerhaft verödet werden sollen, Kostenpunkt knapp 2000 Euro. Wenn alles nach Plan läuft, hat sein übermäßiges Schwitzen danach endlich ein Ende. Im Deutschen Hyperhidrose-Zentrum von Dr. Christoph Schick kommen ganz unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Sie reichen von Medikamenten, über Strom- oder Botoxbehandlungen bis zur OP oder der Thermotherapie. Die soll auch bei Lorenz eingesetzt werden, warum ausgerechnet diese Methode?

"Wenn man eine dauerhafte Lösung sucht, dann müssen wir wirklich der Drüse zu Leibe rücken und wir müssen die Drüsen richtiggehend veröden. Das funktioniert mit der Hitzeeinwirkung."

PD Dr. med. Christoph Schick, Deutsches Hyperhidrose Institut, München

Zuerst gilt es, die Bereiche zu finden, an denen Lorenz besonders stark schwitzt. Auf eine Jod-Lösung trägt Assistentin Silke Fischer Weizenstärke auf. Dann wird die Achselhöhle örtlich betäubt.  

"Wir fluten den ganzen Achselraum jetzt mit einem Betäubungsmittel, denn wir können eine solche Hitze von fast 70 Grad nicht aushalten. Das ist tatsächlich wie eine Herdplatte unterm Arm."

  PD Dr. med. Christoph Schick, Deutsches Hyperhidrose Institut, München

Die Behandlung hatte Erfolg. Es sind keine Schweißflecken mehr zu sehen.

Schließlich kommt ein fönartiges Gerät zum Einsatz. Punkt für Punkt saugt es die Haut an. Die Wärme landet nur dort, wo die Schweißdrüsen sitzen und verödet sie. Ein Kühlsystem schützt die oberste Hautschicht vor Verbrennungen. Nach nicht ganz einer Stunde ist die Behandlung vorbei. Zwei Tage lang muss Lorenz die Haut gut kühlen. Dann geht es ihm wieder gut. Bei vier von fünf Patienten braucht es keine Nachbehandlung.


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