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Auf den Spuren des Tiroler Nationalsängers Ludwig Rainer Stille Nacht am Achensee

Um das Jubiläum „200 Jahre Stille Nacht, Heilige Nacht“ ist ein regelrechter Hype entstanden. Im Salzburger Land, in der Kapelle von Oberndorf, ist das wohl berühmteste Weihnachtslied am 24. Dezember 1818 erstmals gesungen worden. Doch weltweit verbreitet wurde das Lied von Tiroler Nationalsängern aus dem Zillertal, allen voran von Ludwig Rainer aus Fügen.

Von: Andrea Zinnecker

Stand: 22.12.2018 | Archiv

Auf den Spuren des Tiroler Nationalsängers Ludwig Rainer | Bild: BR; Andrea Zinnecker

Später hat er sich als reicher Mann am Achensee niedergelassen und dort auch das erste Grandhotel gebaut. Heute aber ist Ludwig Rainer ziemlich in Vergessenheit geraten. Im Heimatmuseum Sixenhof in Achenkirch am Nordende des Sees erinnert eine Ausstellung an den Stille-Nacht-Popstar des 19. Jahrhunderts, und auf den Spuren von Ludwig Rainer lässt sich am Achensee eine hübsche Weihnachtswanderung unternehmen.

Porträt von Ludwig Rainer

Ein bettelarmer, aber hochmusikalischer Bergbauerbub aus dem Zillertal, noch dazu ein lediges Kind, wird zu einer europäischen Persönlichkeit, die am englischen Königshof ebenso ein aus ausgeht wie beim russischen Zaren. Ludwig Rainer gilt als Entertainer und Popstar des 19. Jahrhunderts, sagt Franz Waldhart, der Obmann des Heimatmuseums Sixenhof. Er war nicht nur ein begnadeter Sänger, der auch komponiert und arrangiert hat, sondern auch ein findiger Geschäftsmann, der während seiner zehn Jahre in Russland den General-Import von Spielhahnfedern für die Donaumonarchie organisiert hat und zudem Wein, Weib und Gesang sehr aufgeschlossen und drei Mal verheiratet war. Ludwig Rainer – Lebemann und Lebenskünstler und sozusagen der Ennio Morricone des 19. Jahrhunderts.

Instrumente aus der Zeit von Ludwig Rainer

Ins Zillertal kam das Stille-Nacht-Lied durch den Zillertaler Orgelbauer Carl Mauracher, der die defekte Orgel in der Kapelle von Oberndorf repariert hat. Bei der Rückreise ist Carl Mauracher beim Wimmer-Wirt in Waidring eingekehrt, wo eine 7. Strophe dazu getextet und komponiert wurde. 1819 soll Stille Nacht, Heilige Nacht angeblich bei der Christmette in der Kirche von Fügen gesungen worden sein. Das lässt sich nicht nachweisen. aber für 1822 ist die Aufführung des Lieds beim Besuch von Zar Alexander und Kaiser Franz-Joseph dokumentiert. Von den „Ur-Rainern“ wurde das Lied dann hinaus in alle Welt getragen. Im Alter von 17 Jahren ging es für Ludwig Rainer nach Amerika. 1839 wurde das Stille-Nacht-Lied erstmals am Hamilton-Denkmal in New York gesungen. Nach vier Jahren in Amerika und Kanada füllt Ludwig Rainer mit der „Rainer Family“, wie die Gruppe inzwischen heißt, dann die größten Konzertsäle Europas und prägt auch optisch in Fantasietrachten das Bild der Tiroler Nationalsänger. So hat auch Ludwig Rainer mit seinen Sängern maßgeblich zum Klischee des Tirolers beigetragen. Nach den Freiheitskämpfen mit Andreas Hofer war in ganz Europa ein regelrechter Tirol-Hype entstanden und bis in die 1860er- Jahre hinein galt „Stille Nacht, Heilige Nacht“ als Tiroler Volkslied.

Memento mori

Als reicher und berühmter Mann ließ sich Ludwig Rainer dann am Achensee nieder, auf einer kleinen Halbinsel am Ostufer, und erreichtet 1870 hier das Grandhotel Achensee mit Wirtschaftsgebäude und Villa für seine eigene Familie. Vom Heimatmuseum Sixenhof in Achenkirch lässt es sich auf dem Uferweg in einer knappen Stunde zum Seehof-Areal wandern, vorbei am Rainerbründl, einer gefassten Quelle für Fuhrleute und Wanderer. Das Rainerbründl befindet sich heute in Achenkirch, das Grandhotel ist abgebrannt, doch die schmucke Seehofkapelle von Ludwig Rainer hat alle Zeiten überdauert. Errichtet hat er das kleine Gotteshaus im neugotischen Stil, weil ihm der Pfarrer in Achenkirch aufgrund des lockeren Lebenswandels die Kommunion verweigert hat. Daraufhin ließ er die Kapelle bauen und jeden Sonntag eigens einen Pfarrer kommen, der um 11 Uhr, wenn die illustre Rainer-Gesellschaft ausgeschlafen hatte, den Gottesdienst hielt. Eine Christmette gibt es heute leider nicht mehr in der Seehof-Kapelle, aber in der Pfarrkirche von Achenkirch. Auf dem Friedhof befindet sich das aus Laaser Marmor angefertigte Grabmal von Ludwig Rainer. Den Sinnspruch hatte sich der 1893 Verstorbene noch selbst ausgesucht: „Ausgelitten, ausgerungen, viel gereist und viel gesungen“.

Franz Waldhart - Wanderguide und Obmann des Heimatmuseums

Die Ausstellung über Ludwig Rainer im Heimatmuseum Sixenhof in Achenkirch ist bis zum 27. Dezember am Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Sehenswert ist auch eine Sonderausstellung im Barockschloss Fügen im Zillertal: „Stille Nacht und der Klang der Alpen“, zu sehen noch bis zum 3. Februar, jeweils Dienstag bis Sonntag von 13 bis 17 Uhr, aber nicht am 1. Weihnachtsfeiertag und an Neujahr.


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