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Unterwegs auf der Sbrinz-Route von Luzern nach Domodòssola Mit Saumtieren über die Alpen

Die Via Sbrinz ist einer von zahlreichen Wegen, die von Nord nach Süd über den Alpenhauptkamm führen. Wer dort wandert, hat aber hier die seltene Gelegenheit, die Strecke in Begleitung von Säumern und deren Tieren zu bewältigen und im Takt des Hufschlags über die Alpen zu wandern – eine ganz besondere Erfahrung.

Von: Doris Bimmer

Stand: 29.09.2023

Unterwegs auf der Sbrinz-Route von Luzern nach Domodòssola | Bild: BR; Doris Bimmer

Die bekannten Fernwanderwege über die Alpen basieren oft auch auf alten Handelsrouten, die vor langer Zeit angelegt und mit Saumtieren begangen wurden. Jahrhundertelang wurden auf diese Weise die Waren und Güter mühsam über die Pässe transportiert, bis ins späte 19. Jahrhundert hinein. Bei uns sind diese Saumpfade kaum noch bekannt, doch in der Schweiz wird die Tradition noch gepflegt, auch auf der Sbrinz-Route.

Aufstellung der Säumer am frühen Morgen des zweiten Tages. Die Tiere wollen ebenso loslegen wie Säumer und Wanderer.

Der Förderverein Sbrinz-Route organisiert mehrmals im Jahr geführte Touren, die sich eng am Original orientieren. Unsere Gruppe besteht aus neun Tieren (fünf Pferde, ein Maultier und drei Esel), aus 15 Säumern und 23 Wanderer. In dieser Konstellation machen wir uns in Sarnen im Schweizer Kanton Obwalden auf den Weg. Die Sbrinz-Route beginnt südlich von Luzern und endet nach sieben Etappen in Domodòssola im Piemont. Tourguide Daniel Pflühler macht sich zum 35. Mal auf den Weg, er kennt die Strecke in und auswendig. Rund 6000 Höhenmeter sind zu bewältigen auf dem weg von Sarnen über den Brünig nach Meiringen, weiter auf den Grimselpass, hinab nach Obergesteln, dann hinauf auf den Griespass, gut 2500 Meter hoch, und hinab nach Domodòssola auf nur 260 Meter Meereshöhe. Eine Woche haben wir dafür Zeit.

Die jeweilige Etappe endet immer im Tal.

Nur diejenigen Wanderer, die schon zum wiederholten Mal diese Tour machen, wissen, was auf sie zukommt. Alle anderen fragen sich, ob sie die Route überhaupt schaffen werden und wie so eine Wanderung mit Saumtieren abläuft. Doch Organisator Werner Grossniklaus vom Förderverein Sbrinz-Route sagt: „Wenn du im Takt des Hufschlages wandern kann, dann merkst du gar nicht, dass du gehst. Die Pferde geben den Takt vor und du gehst den Takt mit und plötzlich bist du am Ziel.“  Er wird Recht behalten. Alle, sogar diejenigen, die extra für die Tour eine Knieoperation aufgeschoben haben, wandern bis nach Domodòssola und wieder zurück in die Schweiz. Die sieben Etappen gen Süden sind vor allem über die beiden Pässe, den Grimselpass und den Griespass, anspruchsvoll und mitunter schwierig, aber jeder Meter ist auch ein Stück Geschichte.

Oben am Griespass riecht es nicht nur ganz anders. Der Wanderer fragt sich unweigerlich Sah es vor 200 Jahren dort auch schon so aus.

Seit dem 12.Jahrhundert schon wurden auf dieser Route der in der Innerschweiz hergestellte Sbrinz-Käse und Salz nach Italien geliefert, im Gegenzug brachten die Säumer mit ihren Tieren Wein, Leder und Gewürze in die Schweiz zurück. Durch drei Kantone – Obwalden, Bern und Wallis – geht es von Sarnen aus Richtung Italien, durch eine atemberaubende Landschaft, vorbei an vielen Stauseen. Von Tal zu Tal verändern sich Natur, Dialekt und Architektur. Abends enden die Etappen entsprechend der Säumertradition immer im Tal. Vor allem wegen der Gefahren durch Wetter und Wegelagerer übernachteten die sehr gläubigen Säumer nie am Berg - und so genießt die Wandergruppe einen kleinen Luxus im 21. Jahrhundert: Das große Gepäck transportiert der Begleitbus ins jeweilige Quartier. Im Rucksack tragen die Wanderer nur das, was sie tagsüber brauchen: Kleidung, Getränke, Sonnenschutz.

Bei der Verabschiedung nach einer Woche schwingt Wehmut mit, hat doch auf dieser Tour alles gepasst: Das Wetter war gut, die Gruppe harmonisch, Unfälle gab es zum Glück keine. Das ist nicht immer so. Auch im Sommer gibt es schon mal Dauerregen oder schneebedeckte Pässe. Dreimal im Jahr finden geführte Wanderungen auf der Sbrinz-Route statt, eine gibt es noch in diesem Jahr, sie startet am 2. Oktober in Sarnen. Wer die Route auf eigene Faust erkunden will – die Via Sbrinz führt gut markiert auf den alten Säumerpfaden von der Schweiz nach Italien.


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