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Alpine Sprachrarität „Werdenfelsisch“ Eine dialektale Betrachtung zum Tag der Muttersprache

Dialekt - das ist die Art und Weise, wie man eine Sprache spricht. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen und bedeutet übersetzt "Redeweise von Gruppen". Und bei vielen Menschen ist die Muttersprache auch der Dialekt, der daheim im Ort oder in der Region gesprochen wird. Im Raum Garmisch-Partenkirchen ist das „Werdenfelsisch“. .

Von: Chris Baumann

Stand: 01.02.2024

Eine dialektale Betrachtung zum Tag der Muttersprache | Bild: BR; Chris Baumann

Niklas Hilber aus Oberau ist Germanist und erklärt, dass der Werdenfelser Dialekt eine Mischform aus dem Mittelbayrischen und dem Südbayerischen ist und auch schwäbisch-alemannische Einflüsse hat.

Niklas Hilber

Im Wortschatz gibt es zudem einen rätoromanischen Einfluss. Rätoromanisch wird heute noch im Kanton Graubünden in der Schweiz gesprochen. Doch das Rätoromanische gilt als eine der vier Grundsprachen, aus denen sich das Bayerische wie auch das Werdenfelsische entwickelt hat. Das Rätoromanische ist aus Formen des Vulgär-Lateins im Alpenraum entstanden und das Werdenfels hat vor der Völkerwanderungszeit zur Provinz Rätien gehört. Allerdings wird der Werdenfelser Dialekt nicht im ganzen Landkreis Garmisch-Partenkirchen gesprochen, denn die reichsunmittelbare Grafschaft Werdenfels war ein Teil des Hochstifts Freising mit der Nordgrenze zwischen Oberau und Farchant. Nach der Gründung des Klosters Ettal haben sich hier ab dem 14. Jahrhundert sehr spezifische dialektale Formen entwickelt, die sich vom Werdenfelsisch deutlich unterscheiden. Die Dialektgrenze ist zumeist sehr klar erkennbar: Werdenfelser Mundart wird von Grainau über Farchant, Garmisch-Partenkirchen, Wallgau und Krün bis nach Mittenwald gesprochen. Sehr ähnlich ist auch der Dialekt im etwas nördlicher an der Loisach gelegenen Eschenlohe. Da heißt es zum Beispiel der Toni hat „roade Hosen“, bei den Werdenfelsern heißt es der Toni hat „roade Hoasen“ – der Unterschied liegt also in den Halbdiphtongen

Der Werdenfelser Dialekt verwässert und droht auszusterben, sagt Niklas Hilber. Intakt ist er noch in den Isartalgemeinden Mittenwald, Krün, Wallgau und Partenkirchen. In Grainau, Garmisch und Farchant ist das typisch Werdenfelsische auf dem Rückzug, weil es vom Münchnerischen abgelöst wird. Das Aussterben der Dialekte lässt sich an sozialen Strukturen der Gesellschaft festmachen. Wenn Dialekte konkurrieren, setzt sich in der Regel der Dialekt mit dem höheren Sozialprestige durch.

Screenshot der Werdenfels App

Um das Werdenfelsisch zu Füßen der Zugspitze, des Wettersteins und Karwendels zu erhalten, haben sich Josef Bader aus Grainau und sein Schwiegersohn Alex Halemba aus Schlehdorf eine Quiz-App ausgedacht. Die non-Profit-App mit über 1000 Begriffen ist neben dem Wörterbuch aufgegliedert in vier verschiedene Spielmodi, erklärt Programmierer Alex Halemba: Im normalen Übungsmodus kann sich zehn Fragen stellen lassen und schauen, ob man sprachfit ist oder nicht. Im Modus „sei schnell“ sollte man sich an eine Zeit halten. Umso schneller man ist, umso mehr Punkte bekommt man, wobei die Punkte abhängig von der Komplexität des Wortes sind. Im nächsten Spielmodus geht es um das Antworten auf einzelne Wörter, man sollte also genau zuhören und die richtige Antwort unter drei vorgegeben Möglichkeiten finden. Im vierten Spielmodus geht es um Sprüche. Man bekommt einen Anfangstext und darf ihn dann vervollständigen. Die Werdenfelser Mundart-App ist eine gute Idee, um sich spielerisch mit dem Dialekt vertraut zu machen.

Josef Bader und Alex Halemba

Nur noch kleinräumig hat sich Werdenfelsisch erhalten. Am ehesten findet sich eine gewisse Übereinstimmung im Lechrainischen, das westlich vom Ammersee bis an den Lech gesprochen wird. Kompakte Dorfstrukturen mit einer stabilen Dorfgemeinschaft wie im Raum Garmisch-Partenkirchen helfen, den Dialekt weiterzutragen. Wo es mehr Einzelgehöfte gibt, wie zum Beispiel im Oberland in der Miesbacher Gegend, hat der Dialekt keine so gute Überlebenschance. Entscheidend ist die dörfliche Interaktion, betont der Germanist Niklas Hilber.


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