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Die Zukunft der Steinernen Stadt Fragwürdiger Pistenbau unterm Langkofel in Südtirol

Während der Winter aus Sicht der Skisportler wieder einmal Kapriolen schlägt und im Vinschgau kürzlich mit 15 Grad die höchste Nachttemperatur im Winter seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen wurde, wird trotzdem immer weiter ausgebaut. In Südtirol hat ein relativ kleiner Eingriff in die Naturlandschaft eine besonders große Wirkung.

Von: Georg Bayerle

Stand: 09.02.2024

Langkofel: Baustelle im Naturerbe | Bild: Nosc Cunfin

Unter dem Langkofel im Grödner Tal befindet sich das Naturdenkmal der „Città dei Sassi“, der „Steinernen Stadt“. Die Fläche mit riesigen Felsbrocken ist einzigartig. Im Zuge der Sella Ronda führt ein schmaler Skiweg durch das Areal – und genau den hat das Seilbahnunternehmen verbreitert und ausgebaut. Südtiroler und italienischer Alpenverein, Naturschutzverbände und eine Bürgerinitiative kämpfen jetzt nicht nur für die Renaturierung, sondern für den Schutz des ganzen Gebiets als „Naturpark Langkofel“.

Naturdenkmal „Città dei Sassi“

Das Naturdenkmal der „Città dei Sassi“ befindet sich direkt unter dem Felsmassiv des Langkofel und besteht aus einem Gelände, das mit unterschiedlichsten Felsbrocken übersät ist. Mitten hindurch führt ein schmaler Ziehweg, der verschiedene Liftanlangen verbindet und auch Teil der Sella Ronda ist. Weil die heutigen Pistenfahrzeuge um einen halben Meter auf nun sechs Meter breiter geworden sind, wollte der Liftbetreiber den Ziehweg ebenfalls anpassen.

Hier ist der deutlich verbreitete Ziehweg zu sehen

Mit Fotos und Zeichnungen belegen Naturschützer, was aus der vorgeblich kleinen Verbreiterung geworden ist: Felsblöcke wurden weggeräumt, natürliche Bodenwellen aufgefüllt. Doch genau diese „Unordnung“ der Felsen mit einzelnen Zirben und Lärchen zwischendrin macht den einzigartigen Charakter dieser alpinen Landschaft aus. Stellenweise wurde die Schneise jetzt auf 12 Meter ausgewalzt. Die bebaute Strecke ist nun fünfmal so lang wie genehmigt, sagen die Umweltschützer.

Verantwortlich ist die Liftgesellschaft Piz Sella. Auf die zweimalige schriftliche Anfrage der BR-Bergsteigerredaktion gibt es keine Antwort. Für die Bürgerinitiative Nosc Cunfin sowie die Alpenvereine Südtirols und Italiens wurde eine rote Linie überschritten. Die Kritik am tiefen Eingriff in die natürliche Felssturz-Landschaft der „Steinernen Stadt“ hat inzwischen auch Arno Kompatscher, der Landeshauptmann Südtirols, erreicht. Kompatscher versucht, den Fall zu glätten und meint, dass man den Eingriff „so darstellen kann, dass es gut aussieht“. Umweltschonendere Möglichkeiten habe es nicht gegeben. Kein Wort darüber, dass die Pistenbauarbeiten deutlich über das genehmigte Maß hinausgehen.

Mit einer Unterschriftenaktion wollen Naturschützer gegen die Ausbaustelle vorgehen

Die Alpenvereine, Natur- und Umweltschutzverbände in Südtirol drängen inzwischen auf eine Renaturierung der Schäden unter dem Langkofel. Karlheinz Dejori und die Bürgerinitiative „Nosc Cunfin“ sind schon einen Schritt weiter: Sie haben im Grödnertal eine Petition gestartet mit dem Ziel, die Langkofelgruppe mit der Steinernen Stadt und dem Quellgebiet der Confinböden in den Naturpark Rosengarten-Schlern einzugliedern.

Knapp 70.000 Unterschriften hat die Online-Petition Stand heute. Demnächst soll sie an Arno Kompatscher übergeben werden. Im Interview stellt sich der Südtiroler Regierungschef auf die Seite von „Nosc Cunfin“, delegiert die Verantwortung aber an die Kommunen des Grödnertals. Diese sollten den Antrag in den laufenden Bürgerbeteiligungsprozess zum Gemeinde-Entwicklungsplan aufnehmen. Generell würden keine neuen Liftprojekte in Südtirol mehr genehmigt, versichert der Landeshauptmann. Alle weiteren Neubauten, die es auch in diesem Winter wieder gegeben hat, seien Projekte aus den vergangenen Jahren. Südtiroler Naturschutzgruppen wie „Nosc Cunfin“ können bis dato allerdings keine Trendwende bei den immer weitergehenden Eingriffen feststellen.


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