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Hintere Ölgrubenspitze am Kaunergrat Felstrümmer im tauenden Permafrost

Gerade auf den Dreitausendern wird die landschaftliche Veränderung besonders greifbar, denn hier schmelzen die Gletscher rasant und der Permafrost taut auf. Die Hintere Ölgrubenspitze steht mit ihren 3296 Metern am Rande der Ötztaler Alpen mit-ten im Zentrum des Geschehens.

Von: Georg Bayerle

Stand: 09.09.2023

Felstrümmer im tauenden Permafrost | Bild: BR; Georg Bayerle

Ein unbekannter Name, aber prominent mitten in einer der größten Gletscherlandschaften der Ostalpen: die hintere Ölgrubenspitze. 3296 Meter ist der Gipfel im Kaunergrat am Rande der Ötztaler Alpen hoch und er ist ein Beispiel dafür, dass wilde und landschaftlich herausragende Dreitausender nicht unbedingt bekannte Klassiker sein müssen.

Wegspuren im Ödland

Das vom Gletscher ausgehobelte Tal

Im öden Gelände verliert sich die Wegspur zum Wannetjoch. Der Wildbach hat hier tiefe Muren gerissen, Pionierpflanzen gedeihen im Schutz großer Felsblöcke. Einst lag hier das Eis des Wannetferners, durch dessen kahle Wanne wir jetzt aufsteigen. Wir sind über die Gletscherzunge des Gepatschferners gegangen und dann ins darüberliegende Tal abgebogen. In der Form eines Boomerangs zieht sich das ehemalige Gletscherhochtal bis an den Felsaufbau der Hinteren Ölgrubenspitze, die wie ein gigantischer Trümmerhaufen daliegt. Da müssen wir irgendwie durch.

Kraxelei durch Felstrümmer

Sarah und Flo am Gipfel

Hart an der 3000 Meter Grenze schnauft Daniel bei jedem Schritt. An einer Gratstelle bleibt nichts anderes übrig, als die ein bis zwei Meter großen Brocken direkt zu überklettern. Da sie tonnenschwer übereinander gestapelt sind, wackelt nichts, auch wenn man fester zupackt. Ein etwas mulmiges Gefühl bleibt, denn hier ist nichts mehr mit dem gewachsenen Fels verbunden. Frier-und Tauvorgänge sowie der schmelzende Permafrost sprengen das Urgestein zu wilden Bruchlandschaften.

Der Mensch über dem Gletschermeer

Der Kaunergrat unten das Ölgrubenjoch

Ganz nebenbei aber entfaltet sich mit dem Höherkommen die Landschaft immer noch großartiger. Links zieht sich der Gepatschferner bis zur Weißkugel, rechts der Taschachferner mit der Wildspitze. Zu dritt allein sind wir auf dieser Route, die nicht schwierig ist, aber mühsam und alpin. Man muss sich zurechtfinden im Gelände ohne Weg und muss hindurchfinden durch die schüttere Landschaft. Trittsicher gehen, heißt es, und ab und zu mal unschwierig Felsen überklettern. Dann sind wir am höchsten Punkt, knapp 3300 Meter.

Rundtour am Gepatschhaus

Auch ein junges Paar aus München, das von der anderen Seite heraufkommt, ist gebannt von der Aussicht. Es ist ihr erster Gipfel im Gebiet. Sie sind vom Taschachhaus aufgestiegen, wo vom Gletscher auch nicht mehr viel übrig ist. Auf diese andere Seite führt der Abstieg zum Ölgrubenjoch und hinunter, nahe am Gepatschhaus, wo wir am Morgen gestartet sind. So wird die Tour durch die Gletscherwelt der Ötztaler zu einer Runde, die landschaftlich so eindrucksvoll ist, dass Daniel in manchen Momenten fast die Tränen gekommen sind.


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