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Tracks zum Sound Wie kommt der Musiker zum Film?

Kaum ein Film ohne Musik. Aber wer sorgt eigentlich für den passenden Soundtrack? Und wie wird man überhaupt Filmmusiker? Vier Komponisten verrieten es ...

Stand: 21.06.2021

Tracks zum Sound | Bild: BR

"Ich kenne niemanden, der sich nicht mit Musik auskennt! Auch wenn sich viele Menschen nicht mit Fachbegriffen auskennen, haben doch alle Gedanken und Empfindungen wenn sie Musik hören. Da unterschätzen sich viele selbst, glaube ich."

Jörg lemberg

Der Weg zum Beruf des Filmkomponisten ist nicht linear und verläuft auch nicht immer über eine entsprechende Ausbildung. Die Studiogäste repräsentierten dazu gewissermaßen drei Prototypen von Klangspurkünstlern. Die DJs und Musikproduzenten Benjamin Fröhlich und Florian Peter, der das Panel mit einer Soundperformance einleitete, sind als Quereinsteiger aus dem Bereich der elektronischen Musik zum Film gekommen. Die Filmemacherin Janna Ji Wonders vertont als Multitalent ihre Filme selbst und der Komponist Jörg Lemberg saß als Vertreter der im Wesentlichen klassisch ausgebildeten Komponistenriege auf dem Podium.

Als Komponist mit der meisten Erfahrung im Filmmusikgeschäft, konnte Lemberg im Panel wertvolle Einblicke in branchenübliche Prozesse geben. Peter und Fröhlich, berichteten dagegen von den neuen Herausforderungen, die das musikalische Arbeiten zum Filmschnitt mit sich bringt. Bei ihrem ersten Film "Zappelphilipp", eine Produktion im Auftrag des Bayerischen Rundfunks, hatten statische Soundflächen noch gut funktioniert, der erste Tatort hatte das nicht mehr zugelassen. Janna Ji Wonders lässt sich bei der Komposition von ihren Gefühlen leiten. Improvisation mit anschließender Reduktion auf einen wesentlichen Kern ist dabei ihr Geheimnis.

Neben Filmausschnitten mit Musik spielten alle Panelteilnehmer ihre Musik auch live, so dass sich im Studio 2 elektronische Beats, Klaviermusik und Popsong abwechselten. Ein dauerhaftes Überleben als Filmkomponist in einer extremen Nische ist schwierig, ließ Jörg Lemberg erahnen:

"Es liegt an uns, immer neue Wege zu gehen. Ein ausgesuchter Morricone-Fan wird mit diesem Stil bei einem Tatort Schiffbruch erleiden. Es ist unsere Aufgabe, sich auf neue Anforderungen einzustellen. Jeder Film erweitert die 'Klaviatur' um ein paar Töne."

Jörg Lemberg

Erst Partys, dann eigenes Plattenlabel

Zur Musik kam der Münchner Benjamin Fröhlich erst nach seinem Abitur, und das ganz unkonventionell. Er absolvierte seinen Zivildienst, begann aber schon in der Freizeit mit Freunden Partys zu organisieren und selber aufzulegen. Es folgten regelmäßige Clubabende, und schließlich arbeitete Benjamin Fröhlich in einem Plattenladen – den er später selber übernahm. 2006 fasste er dann richtig Fuß in der Musikbranche: Zusammen mit Tom Bioly gründete er das Label "Permanent Vacation" und arbeitet seitdem als Musikproduzent und Komponist.

Filmmusiker mit Stipendium

Den klassischen Weg zur Musik ging hingegen Jörg Lemberg (*1968 in Bremen). Er studierte an der Essener Folkwang-Hochschule zunächst Schulmusik, interessierte sich aber dann mehr für Soundtracks und bekam ein Stipendium für sein Zweitstudium im Fach Filmmusik und Sounddesign an der Filmakademie Ludwigsburg, das er 1998 mit dem Diplom abschloss. Für die Musik zu seinem Diplomfilm wurde er mit dem Rolf-Hans-Müller-Preis des SWR ausgezeichnet. Seitdem komponierte und produzierte er die Musik zu über 65 Spielfilmen, hauptsächlich für das deutsche Fernsehen: darunter zahlreiche Filme aus der "Tatort"-Reihe sowie der Thriller "Der Tote im Watt".

Musiker aus Leidenschaft

Der gebürtige Münchner Florian Peter (*1987) begann nach seinem Abitur als Musiker zu arbeiten, veröffentlichte seine Werke unter dem Pseudonym Bostro Pesopeo bei Permanent Vacation Records und bekam so Kontakt zu Benjamin Fröhlich. Darüber hinaus schreibt Florian Peter seit 2010 die Musik für verschiedene Theaterstücke, darunter "Die Legende vom heiligen Trinker", für Kurzfilme und gemeinsam mit Benjamin Fröhlich für den preisgekrönten BR-Film "Zappelphilipp" über einen temperamentvollen "Problemschüler". Auf dem Festival International de Programmes Audiovisuels (FIPA) in Biarritz, einem der wichtigsten TV-Festivals für anspruchsvolle Fernsehfilme, gewann er gemeinsam mit Benjamin Fröhlich den Preis in der Kategorie "Beste Originalmusik".

Kreatives Energiebündel

Janna Ji Wonders | Bild: privat

Schon vor ihrem Studium an der Hochschule für Fernsehen und Film in München sammelte die Deutsch-Amerikanerin Janna Ji Wonders praktische Erfahrungen beim Film. Großgeworden in einem Hippie-Dorf in Kalifornien und am Walchensee in Bayern, bekam sie nach dem Abitur Kontakt zur Filmbranche und übernahm verschiedene Jobs: Praktika bei Münchner Filmproduktionen, Cutterin, Teilnahme am "Berlinale Talent Campus" und Assistenz bei Volker Koepp für seinem Film "Dieses Jahr in Chernowitz" in New York. Neben ihrem Studium der Dokumentarfilmregie arbeitet Janna Ji Wonders als freie Regisseurin, Textdichterin und Sängerin. 2012 veröffentlichte sie ihr Debütalbum "Immer & Überall" mit ihrer Band YA-HA! und tourte durch Deutschland. Diese Liebe zur Musik prägt nicht zuletzt ihre Arbeit als Filmemacherin. So realisierte sie während ihres Studiums 16 Musikvideos. Ihre Dokumentarfilme "Bling Bling" über die GangstaRap-Szene in Los Angeles und "Kinder der Schlafviertel" über Punks in Moskauer Vorstädten liefen bereits erfolgreich auf internationalen Festivals und wurden mehrfach ausgezeichnet. Janna Ji Wonders Abschlussfilm an der HFF trägt den Titel "I Remember"; parallel dazu entwickelt sie das Drehbuch zu ihrem Debütfilm "Bavarian Mountain Girls" (AT).

Expertin für Fragen rund ums Kino

Susanne Hermanski studierte Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität und arbeitet als Kulturredakteurin bei der Süddeutschen Zeitung. Sie ist verantwortlich für die Filmberichterstattung sowie Ressortleiterin der SZ-Beilage "Extra" und des Magazins "Wohlfühlen". Zudem ist Susanne Hermanski Lehrbeauftragte an der Akademie für Mode und Design in München, unterrichtet dort den journalistischen Nachwuchs und gibt ihre Erfahrungen als Biografin, Kritikerin und Essayistin weiter.

Gäste

Benjamin Fröhlich | Musikproduzent • DJ

Jörg Lemberg | Filmkomponist

Florian Peter | Musikproduzent • DJ

Janna Ji Wonders | Filmstudentin • Musikerin

Moderation

Susanne Hermanski | Redakteurin SZ Extra


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