Unternehmen - Der BR


2

BR-Magazin-Tipp: Kultur Satirischer Gentleman

Laurence Sternes Megaroman "Tristram Shandy" als Hörspiel

Stand: 09.10.2015

Bei den Aufnahmen des Hörspiels "Tristram Shandy" von Laurence Sterne im Studio 10: Anna Drexler (Rolle: Mutter) und Peter Fricke (Rolle: Vater) | Bild: BR/Ulrike Kreutzer

Tristram Shandy ist ein einzigartiges Werk in der Literaturgeschichte: Erschienen zwischen 1759 und 1767, experimentiert Autor Laurence Sterne in diesem neunbändigen Roman selbstbewusst mit der Form. In einer Zeit, als der Roman selbst noch nicht klar definiert oder gar etabliert ist, lotet Sterne bereits dessen Grenzen aus, spielt mit der Wirkung auf seine Leser und lässt wie nebenbei fragwürdig erscheinen, wie er überhaupt erzählen kann, wovon er vorgibt, erzählen zu wollen: "Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman". Verspricht der Titel nämlich eine wohlgeordnete und fein aufbereitete, womöglich auf ein Ziel hin erzählte Lebensgeschichte, so enttäuscht der Erzähler diese Erwartungen sofort. Stattdessen prägt den Roman eine assoziative Struktur: Vor und zurück blickt der Erzähler, der sich nicht an eine Chronologie halten mag; ebenso wechselt sein Gestus – von beißender Satire bis zu pathetischen Beschreibungen.

Vom Leben dieses vermeintlichen Protagonisten und Ich-Erzählers, Tristram Shandy, liest man entsprechend wenig – seiner Zeugung wird ebenso viel Aufmerksamkeit geschenkt wie seiner Geburt, von der erst im dritten Band berichtet wird. Sehr einprägsame und detailreiche Beschreibungen gelten dagegen anderen Figuren: allen voran Tristrams Vater und seinem Onkel Toby – zwei äußerst eigenwillige, bisweilen schrullige Charaktere, die der Erzähler aber nie so sehr dem Lächerlichen preisgibt, dass sie darüber ihre liebenswerte Note verlieren, ganz Karikatur werden.

Karl Bruckmaier hat das Monumentalwerk für das Radio bearbeitet, als neunteiliges Hörspiel mit Stefan Merki als Tristram Shandy. Sein Ziel: "den Hörgewohnheiten des 21. Jahrhunderts ebenso Rechnung zu tragen wie den zeitlosen, den klassischen Qualitäten dieses Urtexts aller Genreverletzungen."


2