BR Heimat

Zeit für Bayern Moorlandschaften

Der Augenzeuge Jürgen Krätzig nahe des Fundortes der Moorleiche Rosalinde im Weiter Filz zwischen Peiting und Hohenpeißenberg | Bild: BR / Chris Baumann

Samstag, 30.10.2021
21:05 bis 22:00 Uhr

  • Als Podcast verfügbar

BR Heimat

Heizen, heilen, fruchtbar machen
Der Wirtschaftsfaktor Moor im Wandel der Zeit
Von Chris Baumann

Geheimnisse, die im Torf schlummern
Mythos Moor
Von Elmar Tannert

Moderation: Simone Schülein

Wiederholung von 12.05 Uhr, Bayern 2
Diese Sendung hören Sie auch in der BR Radio App und ist als Podcast verfügbar.

Heizen, heilen, fruchtbar machen
Der Wirtschaftsfaktor Moor im Wandel der Zeit
Von Chris Baumann

Sie sind mystisch, feucht, oft wabert dort Nebel über den Streuwiesen oder zwischen den Birken: Die Moorgebiete. Seit hunderten von Jahren wurde Torf in den Mooren gestochen, um zu Heizen - eine billige Version der Braunkohle. Eine sehr anstrengende Knochenarbeit war der Abbau von Hand mit dem Torfstecher. In den Kendlmühlfilzen in Rottau, südlich vom Chiemsee, wurde, um auf billige Arbeitskräfte zugreifen zu können, sogar ein Gefängnis gebaut.
Der Torf hat aber auch heilende Wirkung. In einem Moorbad wird durch Wärme ein künstliches Fieber erzeugt. Dadurch wird der Immunstoffwechsel erhöht, der Körper schwebt im dickbreiigen Torfbad und die Gelenke entspannen. Bis zu den Gesundheitsreformen in den 1990er Jahren ein großer Markt. Spezielle Moorabbaufirmen mussten danach ihre Tätigkeit beenden oder haben sich mit kreativen Ideen, wie Salben oder Moorkissen, neu aufgestellt.
Bad Kohlgrub im Landkreis Garmisch-Partenkirchen hat sich hingegen auf alte Erfahrungen mit dem Moor besonnen. Für Frauen kann hier durch die Fulvin- und Ulminsäuren die Östrogenproduktion angeregt werden und sich dadurch die Möglichkeit einer Schwangerschaft erhöhen. Durch diese Behandlung sind schon einige Moorbabys entstanden.
Chris Baumann erzählt von den verschiedenen Anwendungsgebieten von Torf gestern und heute und fragt: Gehört in Zeiten der Klimadebatte die wirtschaftliche Nutzung der Moore der Vergangenheit an?

Geheimnisse, die im Torf schlummern
Mythos Moor
Von Elmar Tannert

Moore waren einst Wildnisse, dem menschlichen Nutzungswahn lange entzogen, und galten als gefährlich. Sie konnten dem unvorsichtigen Wanderer den Tod bringen und zogen den Tod an; immer wieder haben frühere Kulturen hier Menschenopfer gebracht oder Verbrecher hingerichtet, die als Moorleichen Jahrhunderte später wieder aufgefunden wurden. Kein Wunder, dass Moore in vielen Sagen als Orte des Unheils gelten, denen man zuschrieb, dass sie bis in die Hölle hinabreichen.
Vorsicht war geboten im Umgang mit den Mooren; wer sie dennoch überquerte, zumal des Nachts, den rührte es „schaurig“ an, wie den „Knaben im Moor“ in Annette von Droste-Hülshoffs vielzitiertem Gedicht. Doch nicht nur Dichtern, auch Malern waren Moorlandschaften eine düstere Inspirationsquelle: Das niedersächsische Teufelsmoor fand gegen Ende des 19. Jahrhunderts Eingang ins Schaffen der Künstlerkolonie Worpswede. In Nürnberg widmet sich heute der Maler Jan Gemeinhardt den Moorlandschaften und nimmt den Betrachter mit in raue, fremdartige Welten, durch die Nebelschleier ziehen und Irrlichter spuken.
Die in Bad Neustadt an der Saale ansässige Buchautorin Regina Rinke hat die Rhönmoore im Lauf ihres Lebens intensiv erkundet und erzählt von alten Moorsagen sowie von ihrer Suche nach sagenhaften Dörfern, die im Moor verschwunden sein sollen. Der Heimatverein Grafenwöhr wiederum hält die Erinnerung an die Sagen um die Moorlandschaft des Röthelweihers lebendig, die Bestandteil des Truppenübungsplatzes geworden ist.
Heute geht es vornehmlich um die Erhaltung der Moore als Ökosysteme, die dem Klimaschutz dienen, und man begeht sie auf Bohlenwegen, die von Informationstafeln flankiert sind. Über diesem neuen Nützlichkeitsdenken dürfen die Bilderwelten und Sagen, die sich um die Moore ranken, nicht vergessen werden.

Akustische Reisen durch Bayerns Regionen

Zeit für Bayern zeigt das Land im Herzen Europas in seiner ganzen Vielfalt. Eine unterhaltsame Heimatkunde für alle, ob alteingesessen oder neuzugezogen, ob aus Kempten oder Köln, Nürnberg oder Neapel, Berlin, Bagdad oder Berchtesgaden. Denn Heimat ist da, wo man sich kennt und auskennt. Zeit für Bayern bietet die Gelegenheit, die Landstriche und die Menschen Altbayerns, Frankens und Schwabens näher kennen zu lernen und neu zu erfahren - bayerisches Leben und bayerisches Lebensgefühl abseits aller Klischees.

"Zeit für Bayern" ... sollte jeder haben!