Bayern 2 - Zeit für Bayern


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Mir san Bier Bayerisch Manna - eine Hommage

Das Bayerische Reinheitsgebot hat viele Vorläufer und viele "Erfinder". Wir gehen in "Zeit für Bayern" seiner Geschichte nach. Einer Erfolgsgeschichte, die zu großer Biervielfalt geführt hat, die aber auch kritisiert wird.

Von: Gerald Huber und Tanja Gronde

Stand: 23.04.2016 | Archiv

Heute bieten viele kleine Brauereien so genannte "Craft"-Biere an. Ob fruchtig, herb oder exotisch - die handwerklich gebrauten Biere aus regionalen Minibrauereien spiegeln den Zeitgeist. In manch bayerischer Wirtschaft ist die Bierkarte länger als die Speisenkarte. Eine nicht ganz bierernste Sendung mit vielen Tipps und Typen.

Hopfen und Malz, Bayern erhalts

Es war der Georgitag 1516 – also genau gestern vor 500 Jahren, als die bayerischen Herzöge Wilhelm und Ludwig das Reinheitsgebot für Bier erstmals als landesweites Gesetz für ganz Bayern vorgeschrieben haben. Notwendig geworden war dieses Reinheitsgebot, das all die Jahrzehnte zuvor zahlreiche mehr oder weniger regionale Vorläufer gehabt hatte, durch eine kleine Eiszeit, eine Klimaverschlechterung im Spätmittelalter.

Der Wein, bis dahin das Massengetränk in den bayerischen Städten, wurde nicht mehr recht reif. Jetzt sollte ihn das Bier ersetzen. Der Übergang hat lang gedauert. Erst im 19. Jahrhundert war er in Altbayern abgeschlossen. Franken dagegen blieb geteilt: Einerseits die weiterhin weinseligen, vom Klima begünstigten Mainfranken, andererseits die Mittel- und Oberfranken, wo das Bier schon viel früher als in Altbayern Alleingetränk war. So ist Oberfranken bis heute das bayerische Bierland geblieben. Rund 100 Brauereien gibt es allein in Bamberg und drumherum. Und so stimmt noch immer, was der Berliner Romantiker Wilhelm Heinrich Wackenroder 1793 vermerkt hat:

"Der Charakter der Bamberger soll im Allgemeinen Biederherzigkeit, Phlegma, Aberglaube und häufiges Biertrinken sein."

Wackenroder

Heute hat die Stadt 70.000 Einwohner und 10 Brauereien. Damals 17.000 Einwohner und 65 Brauereien. Doch damals wie heute gilt: die Durststrecken zwischen den Brauereien sind kurz. Die Weltkulturerbestadt ist kein schlechtes Pflaster, um sich auf die Spur des Bier-Reinheitsgebotes zu setzen, zumal dort ein lang verschollenes bayerisch-fränkisches Reinheitsgebot wieder entdeckt wurde.


Ungeachtet seiner vielfältigen und durchaus komplizierten Geschichte ist so das Reinheitsgebot für Bier erst im 20. Jahrhundert so richtig zum Mythos geworden. Ein vielbeschworener Mythos, auch ein Gründungsmythos gewissermaßen für die vielbeschworene bayerische Lebensart. Und wie das mit Mythen so ist, dichtet jeder Erzähler immer noch ein bisserl was dazu. Zum Beispiel die Musikkabarett-Gruppe „Da Huawa, da Meier und i“, deren eigens zum Reinheitsgebotsjubiläum geschriebenes Lied mit dem schlichten Titel „1516“, demnächst auf CD erscheint.

Das Bayerische Reinheitsgebot, das mit 500 Jahren älteste noch gültige Lebensmittelgesetz der Welt. Das einstige bayerische Massengetränk, das einst mit Schlagworten wie „immer gleich“ oder „immer gleich gut“ für sich geworben hat, wird seit einigen Jahren entdeckt von Liebhabern und Feinschmeckern. Entdeckt in seiner Vielfalt, seinem Variationsreichtum, seiner Finesse, die es erreichen kann abseits eines industriellen Brauprozesses. Betont handwerklich arbeitende sogenannte Mikrobrauereien sind dabei, den bayerischen Biermarkt aufzumischen – im übertragenen, wie durchaus auch im konkreten Sinn…

Ja, auf die nächsten 500 Jahre! Das Bayerische Reinheitsgebot soll leben – als festes Fundament, nicht als Kreativitätsbremse. Es ist halt wie immer mit den Regeln und Vorschriften, die durch gewisse Ausnahmen nur bestätigt werden. Vielleicht sollte man die Auslegung des Bayerischen Reinheitsgebots nicht irgendwelchen bierernsten Beamten überlassen, sondern gebildeten, kreativen Brauern, beziehungsweise deren durchaus geschmackssicheren Kunden.


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