Bayern 2 - radioWissen


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Eigensinnige Atome der Mathematik

Von: Hellmuth Nordwig / Sendung: Christiane Neukirch

Stand: 01.02.2016 | Archiv

Mensch, Natur und UmweltMS, RS, Gy

Sie sind nur durch 1 und durch sich selbst teilbar. So weit, so einfach. Doch Primzahlen geben Mathematikern bis heute viele Rätsel auf. Zum Beispiel warum die seltsamen Zahlen in unregelmäßigen Abständen auftauchen.

Zwei, drei, fünf, sieben, elf - das sind die ersten Primzahlen. Ganze Zahlen größer als 1, die nicht durch andere Zahlen geteilt werden können. Mit anderen Worten: Eine Zahl ist entweder eine Primzahl oder ein Produkt aus Primzahlen. So wie jeder Stoff nur aus einer Atomsorte besteht oder aus mehreren, die sich in einem stets gleich bleibenden Verhältnis zusammentun.

Faszinierend seit dem Altertum

"Die Elemente" nannte der griechische Mathematiker Euklid denn auch sein Werk über die Primzahlen. Unendlich sei ihre Anzahl, behauptete er aus Gründen der Logik - inzwischen ist das längst bewiesen. Und sein Zeitgenosse Eratosthenes ersann die erste Methode, um Primzahlen zu finden. Heute erledigen das Computer, und bis jetzt sind sie an keine Grenze gestoßen.

Im 18. Jahrhundert brachte Carl Friedrich Gauß die Primzahlforschung voran. Er stellte fest: Je größer die Zahlen werden, desto seltener sind Primzahlen dabei. Dieses "Ausdünnen" folgt einem bestimmten Muster, das Gauß in eine Formel packte. Doch sie stimmt nicht hundertprozentig. Erst Gauß' Schüler Bernhard Riemann konnte die Abweichung erklären. Seine Formel nutzt sogenannte komplexe Zahlen und gibt die Primzahlen korrekt wieder. Jedenfalls die paar Trillionen, die man bisher kennt - aber wirklich alle, wo es doch unendlich viele gibt? Bis heute ist diese "Riemann-Vermutung" nicht bewiesen. Wer es schafft, dem winken eine Million Dollar.

Unentbehrlich für Verschlüsselung

Das ist alles andere als ein theoretisches Problem. Primzahlen sind nämlich äußerst wichtig für die Kryptographie. Die Verschlüsselung von Geheimzahlen, Nachrichten oder Computerdateien funktioniert mit langen Zahlen, die in Faktoren zerlegt werden müssen. Doch bei sehr großen Zahlen ist das extrem langwierig. An einer Zahl mit mehreren hundert Stellen scheitern auch Supercomputer; sie würden Jahrtausende brauchen. Könnte man aber auch große Primzahlen zuverlässig vorhersagen, wäre das Geheimnis schnell gelüftet und die Verschlüsselung geknackt. Bis jetzt gelingt das nicht - denn die Primzahlen sind buchstäblich unberechenbar.


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