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Der "Neue Mensch"

Weimar Der "Neue Mensch"

Stand: 04.02.2019

Vier junge Frauen mit Lauten bei einem Ausflug in das Plagefenn in Brandenburg (1926) | Bild: picture-alliance/dpa

Große Veränderungen in allen Lebensbereichen prägen die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, insbesondere die Zeit zwischen den Weltkriegen. Zahlreiche Utopien, Leitbilder und Reformkonzepte entstehen, in deren Mittelpunkt die Suche nach dem »Neuen Menschen« steht.

Ein altes Phänomen

Die Vorstellung vom »Neuen Menschen« ist ein altes Phänomen, sie reicht weit zurück bis in die Antike. So spielt die individuelle Läuterung eine wichtige Rolle in der christlichen Theologie. In der Zeit der Aufklärung träumt man von der Perfektionierung des Menschen, aber erst im 19. Jahrhundert setzt ein Denken ein, das die Vorstellung vom »Neuen Menschen« in eine greifbare Zukunft verlagert. Nach dem Ersten Weltkrieg erfasst diese Entwicklung große Teile der Gesellschaft. Die Hoffnung auf einen neuen Menschentypus wird universal, religiöse und gesellschaftliche Suchbewegungen gewinnen zunehmend an Raum. Im Mittelpunkt dieser Suche steht die Idee einer radikalen Erneuerung.

Konstante in allen politischen Lagern

In allen politischen Bewegungen der Weimarer Republik findet sich die Utopie vom »Neuen Menschen«, der die Gesellschaft reformiert. Er steht sowohl im Mittelpunkt völkischer Utopien, die den »Neuen Menschen« als Reinkarnation einer glorifizierten Vergangenheit wieder erstehen lassen will, wie auch in sozialistischen Visionen, welche die Schöpfung eines »Neuen Menschen« in eine erreichbare Zukunft projiziert. Dieses Streben nach einer radikalen Erneuerung wird zu einem zentralen Element aller totalitären Bewegungen des 20. Jahrhunderts, deren Entgrenzung und Gewaltexzesse sich ohne den Glauben an die Erreichbarkeit einer - wie auch immer gearteten - idealen Gesellschaftsordnung nicht verstehen lassen.

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