Bayern 2 - radioWissen


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Download-Service Einsatz im Unterricht

Stand: 23.09.2013 | Archiv

Vorarbeit

  • Lernziele: Die Schülerinnen und Schüler werden mit der Sudetenkrise des Jahres 1938 vertraut gemacht. Sie erfahren, dass die NS-Führung die deutsche Minderheit in der Tschechoslowakei zur Revolte ermuntert und die Sudetendeutsche Partei, die mit der NSDAP sympathisiert, dazu bringt, den Anschluss der Sudentengebiete an das Reich zu fordern. Als Hebel nutzt Hitler die Idee des Selbstbestimmungsrechts. Die Tschechoslowakei braucht in dieser Situation dringend die Unterstützung der Westmächte, Europa gerät an den Rand eines Krieges. Am 29./30. September 1938 einigen sich England, Frankreich, Italien und Deutschland auf der Münchner Friedenskonferenz auf die sofortige Abtretung der überwiegend deutsch besiedelten Sudetengebiete. Die Jugendlichen bewerten das Münchner Abkommen und verstehen es als politisch-moralische Niederlage der Demokratien des Westens, die um des Friedens willen vor Hitler "einknicken". Hitler, längst unersättlich geworden, sieht seine Zweifel an der Willenskraft der Westmächte bestätigt und zerschlägt ein halbes Jahr später den tschechischen Reststaat. Im September 1939 beginnt der Zweite Weltkrieg. "München" hat sich für die Westmächte als Fehleinschätzung erwiesen. Mithilfe der Sendung werden die Schülerinnen und Schüler zudem angeregt, über Appeasement-Politik und das Verhalten westlicher Regierungen gegenüber aggressiven Machthabern nachzudenken.

Einsatz im Unterricht

  • Hinführung zum Thema: Als ein an der Südostgrenze Deutschlands gelegenes Land musste Bayern nach dem Zweiten Weltkrieg besonders viele Flüchtlinge aufnehmen. 1950 waren es rund 1,9 Millionen aus den ehemaligen Ostgebieten des Reichs, dem Sudetenland, aber auch aus Polen, Ungarn, Jugoslawien und Rumänien. Mit über einer Million Menschen, die ihr verbliebenes Hab und Gut oft nur auf armseligen Karren mitbrachten, bildeten die Sudetendeutschen die stärkste Gruppe und damit den Kern des "vierten Stammes". Viele Schülerinnen und Schüler haben sudentendeutsche Vorfahren. Die Lehrkraft könnte auf diese besondere Zuwanderung hinweisen und klar machen, dass ein enger Zusammenhang zwischen dem Münchner Abkommen und der grausamen Vertreibung der Bewohner des Sudetenlandes besteht. Für Politiker wie den 1938 als Staatspräsident der Tschechoslowakei zurückgetretenen Edvard Beneš, der während des Zweiten Weltkriegs als Chef der tschechoslowakischen Exilregierung in London wirkte, waren das Münchner Abkommen und die Protektoratszeit zwischen 1939 und 1945 Grund genug, Pläne für die Aussiedlung der Sudetendeutschen zu schmieden. Das über 800-jährige Zusammenleben von Tschechen und Deutschen war für Beneš spätestens nach "München" endgültig zerrüttet. Mit Billigung der Alliierten musste die Masse der Sudetendeutschen 1945/46 das Land verlassen.

Nachbearbeitung

Nacharbeit: Bearbeiten der Arbeitsblätter 1-4.
Das Thema "München" lässt sich im Unterricht gut erweitern, denn die Erinnerung an das Versagen Großbritanniens und Frankreichs im September 1938 ist bis heute wach geblieben. Als Chiffre ist "München" vielseitig verwendbar. So wird häufig an das Münchner Abkommen erinnert, wenn westliche Regierungen nach Wegen suchen, mit aggressiven Machthabern umzugehen. "München" lässt sich auch gut instrumentalisieren, wenn Argumente für Militärinterventionen gesucht werden.
Beispiele:

  • Während des Kaltes Kriegs erinnern US-Regierungen ihre Verbündeten immer wieder an das Münchner Abkommen und verweisen darauf, dass der Westen nie mehr Schwäche zeigen darf wie im Jahr 1938. In Abgrenzung zu "München" konzipiert der amerikanische Historiker und Diplomat George F. Kennan die Containment-Politik (Eindämmungspolitik) gegenüber der UdSSR.
  • 1956 begründet Frankreichs Regierung ihr Eingreifen in den Konflikt zwischen Ägypten und Israel mit den "Lehren aus München".
  • Seit Jahren sorgt der Iran mit Drohungen gegen Israel und dem Versuch, Atombomben zu bauen, für Aufsehen. Regierungen westlicher Staaten, die auf Verhandlungen setzen, sehen sich nicht selten mit dem Vorwurf "München" konfrontiert.
  • Während des georgisch-russischen Kriegs 2008, der im Streit um die abtrünnigen georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien ausbricht, erinnern mehrere westliche Medien an "München" und vergleichen Russland mit Hitler-Deutschland ("Adolf Putin").
  • Als im August/September 2013 der Bürgerkrieg in Syrien eskaliert und dem syrischen Präsidenten Assad der Einsatz von Giftgas vorgeworfen wird, plädiert US-Präsident Obama für einen Militärschlag. Sein Außenminister Kerry kontert Bedenken, in dem er auf Pressekonferenzen vom "München-Moment" spricht.

Als Diskussionsthema bietet sich an:
Wie weit darf sich die Regierung eines demokratischen Staates mit Tyrannen arrangieren?
Zu fragen ist dabei: Wann gelangt man an eine Grenze, wenn man den Frieden erhalten will? Wie reagiert eine demokratische Regierung auf die Stimmung im Volk (Wählerwille), wenn dieses beispielsweise Militäreinsätze ablehnt? Welche Mittel setzt man ein? Wann zeigt man Härte, wann wird verhandelt?

Lehrplanbezug

Lehrplan für die bayerische Mittelschule
GSE
8. Jahrgangsstufe
8.6 Demokratie und NS-Dikatatur
8.6.4 Außenpolitik und Zweiter Weltkrieg
- Ziele, z. B. Revision des Versailler Vertrages, Lebensraum im Osten
- Entfesselung des Zweiten Weltkriegs

Lehrplan für die bayerische Realschule
Geschichte
9. Jahrgangsstufe
9.5 Totalitäre Herrschaft, Zweiter Weltkrieg und die Folgen
Die nationalsozialistische Diktatur
- Festigung der Macht
- Außenpolitik

Lehrplan für das bayerische Gymnasium
Geschichte
9. Jahrgangsstufe
9.2 Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg
- Expansions- und Eroberungspolitik des "Dritten Reichs"


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