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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Drei Haselnüsse für Aschenbrödel

„Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ ist nicht wegzudenken an Weihnachten. Doch vielleicht liegt der Erfolg des Märchenfilms nicht nur an unserem eigenen Wunsch solche Wundernüsse zu besitzen… Vielleicht ist das nur ein schlauer Coup der Haselnussindustrie. Eine Glosse von Johannes Marchl.

Von: Johannes Marchl

Stand: 26.10.2023

Nein, nein jetzt nicht wieder wegducken, mit dem Argument, Ihre Schulzeit gehöre längst der Vergangenheit an. Jetzt wird es zumindest ein wenig geschichtlich. Wer trägt die Titel: „Von Gottes Gnaden König von Polen, Großfürst in Litthauen, Reußen und Preußen, Masovien, Samogitien, Kyovien, Volhynien, Podolien, Podlachien, Smolenscien, Sewerien und Tschernikovien? Und ist zudem noch des heiligen Römischen Reiches Erzmarschall und gefürsteter Graf zu Henneberg? Na gut, noch ein Tipp: er war auch noch ab 1694 Kurfürst von Sachsen.

Genau richtig, August der Starke war das – und ich schwöre, ich habe noch nicht mal die Hälfte der Titel aufgezählt, die in Wikipedia für ihn aufgelistet sind. Und warum das Ganze? Weil August der Starke nicht nur mitunter seine Kraft zur Schau stellte, indem er so manches Hufeisen zerbrach, nein, August war es auch, der dem wunderbaren Jagdschlösschen Moritzburg sein heutiges Aussehen geschenkt hat. Moritzburg? Kennen Sie nicht? Doch, doch, kennen Sie! Denn das ist das Schloss vom Prinzen von „Drei Haselnüsse von Aschenbrödel“ – und an dem Film sind sie in den letzten 50 Jahren sicher nicht vorbeigekommen.

Genau heute vor 50 Jahren war die Galapremiere von „Drei Haselnüssen für Aschenbrödel“, der sozialistische Jugendverband der Tschechoslowakei SSM hatte das Vergnügen in erster Reihe zu sitzen. Bleibt die Frage, warum wir alle immer noch – nach fünf Jahrzehnten – so angerührt sind und jedes Weihnachten wieder und wieder uns auf die tschechoslowakische Nussknacker Cinderella Story einlassen. Denn dass wir schauen, davon muss ausgegangen werden.

Her mit Löffel, hin zum Kühlschrank, raus mit dem Nutella

Die ARD und seine Sender werden schon nicht umsonst allein an diesem Weihnachten wieder 16-mal Drei Haselnüsse anbieten, was dann insgesamt schon 48 wären, zuletzt übrigens für alle die es bis dahin nicht gesehen haben der Bayerische Rundfunk am Heilig Drei Königstag, 6. Januar 2024 um 11.15. Warum also? Ist es die Freude über den Schneeball, der den Prinzen just in dem Moment trifft, als der das Rehlein mit der Armbrust erlegen will?

Ist es die wackre und schlaue Aschenbrödel, das Kind aus dem Volke, die dem etwas trotteligen Prinzen intellektuell haushoch überlegen auf die Sprünge hilft? Oder ist es einfach nur der Wunsch, selber drei solche Wunsch-Nüsse zu haben und schon mit der ersten Nuss sich weitere tausend zu wünschen… Vielleicht ist es aber auch nur eine unfassbar geschickte Produkt-Platzierung der Haselnussindustrie.

Die bei jedem Zuschauer schon während des Films den unwiderstehlichen Drang erzeugt: Her mit Löffel, hin zum Kühlschrank, raus mit dem Nutella.


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