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Ende der Welt - Die tägliche Glosse Duftmarken setzen

Das Baguette soll eigentlich eine österreichische Erfindung sein. Dennoch hat die französische Post jetzt Briefmarken mit diesem Odeur herausgebracht. Lavendelduft wäre für Frankreich wohl typischer gewesen, vielleicht auch Camembert oder Roquefort, Austern oder Burgunder, Chanel No.5 oder Pernod, auch wenn das die Postzustellung womöglich erschwert, aber Schließfächer lassen sich ja bestimmt aromaversiegeln. Okay, Urlauber müssten sich was einfallen lassen, wenn die Duftmarken in Mode kommen. Ob die Nachbarn die Post dann noch zwei Wochen aufbewahren, das sei dahingestellt, außer sie haben Räucherstäbchen. Eine Glosse von Peter Jungblut.

Von: Peter Jungblut

Stand: 23.05.2024

Eine Zeit, die sprechende Kühlschränke, singende Toilettenschüsseln, tanzende Bücherregale und rotierende Politiker hervorgebracht hat, die wird vor duftenden Briefmarken kaum zurückschrecken. Aber warum muss es ausgerechnet der Geruch frisch gebackener Baguettes sein?

Dafür hat sich jedenfalls die französische Post bei der Herausgabe ihrer neuen Sonderbriefmarke entschieden: Wer bereit ist, 1,96 Euro anzulegen und lange genug rubbelt, der darf die abgebildete Weißbrotstange nicht nur sehen, sondern riechen. Dabei soll das Baguette eigentlich eine österreichische Erfindung sein. Lavendelduft wäre für Frankreich wohl typischer gewesen, vielleicht auch Camembert oder Roquefort, Austern oder Burgunder, Chanel No.5 oder Pernod, auch wenn das die Postzustellung womöglich erschwert, aber Schließfächer lassen sich ja bestimmt aromaversiegeln.

Okay, Urlauber müssten sich was einfallen lassen, wenn die Duftmarken in Mode kommen. Ob die Nachbarn die Post dann noch zwei Wochen aufbewahren, das sei dahingestellt, außer sie haben Räucherstäbchen. Wie auch immer: Philatelisten werden sich erst mal mit einer Mischung aus Iris, Vanille, Veilchen und Puder bescheiden müssen. Das ist jedenfalls die karamellig-süßliche Duftkombination, die professionelle Parfümeure mit frischen Baguettes in Verbindung bringen.

Normale Menschen denken dabei wohl eher an Hefe, und da liegen sie gar nicht mal falsch: Frankreich geht ja bei jeder Temperatur sehr leicht auf, und auch wenn die Proteste nicht immer richtig fluffig werden, kross sind sie meistens. Franzosen sind halt gewohnt, nicht nur von ihren Baguettes, sondern auch von ihrer Regierung immer mal wieder ein Stück abzureißen. Dabei riecht Präsident Emmanuel Macron nach eigener Aussage gar nicht nach Baguette, sondern nach „Eau Sauvage“, eine Mischung aus Zitrone, Rosmarin und Basilikum, was Briefmarken zweifellos auch aufhübschen und Mahnschreiben eine sonnige Note verleihen würde.

Bitte nur für private Zwecke einsetzen, Behörden könnten nachbohren

Deutsche Finanzämter werden aber wohl eher auf Moschus setzen, denn Geld gilt hierzulande ja als sinnlich und mancher Vorauszahlungsbescheid ist ja regelrecht animalisch. Das könnte die passende Briefmarke diskret, aber unverwechselbar unterstreichen. Schuldnern stünde immer noch der Weg offen, mit Patchuli-Duftnoten zu reagieren. Moderndes Holz verfehlt seine Wirkung auf Gläubiger meist nicht, ebenso wenig wie feuchte Keller und balsamisch kompostierte Gartenabfälle.

Wer will, kann Baguette-Krümel oder Wohlfahrtsmarken hinzufügen, beides erregt Mitleid. Die Deutsche Post lieferte dazu 2010 die passenden Wertzeichen in den Spielarten Apfel, Zitrone, Erd- und Heidelbeere. Auf keinen Fall sollten Steuerpflichtige zur österreichischen Sondermarke aus dem Jahr 2007 greifen: Die roch nach Erdöl. Bitte nur für private Zwecke einsetzen, Behörden könnten nachbohren.

Eine Schweizer Schokoladenmarke gab´s übrigens auch mal, offenbar für die Korrespondenz in der dunklen Jahreszeit. Über manchen Schwarzgeldern wird´s ja niemals richtig hell. Rubbeln Sie ruhig, dann haben Sie womöglich immerhin die Briefmarke satt.  


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