Bayern 2 - Notizbuch


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Rheuma und Corona Was bedeutet die Covid-19-Pandemie für Rheumapatienten?

Was bedeutet eine Infektion mit Covid 19 speziell für Rheumapatienten? Welche Erkenntnisse gibt es aus dem Covid-19-Register und sollten sich Rheumapatienten impfen lassen?

Stand: 11.10.2021

COVID-19 mRNA vaccine | Bild: picture-alliance/dpa

Was bedeutet eine Infektion mit Covid 19 speziell für Rheumapatienten?

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hat schon sehr früh in der Pandemie Empfehlungen für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen erarbeitet, um die Patienten bestmöglich durch die Pandemie zu führen. Diese Empfehlungen werden seither kontinuierlich aktualisiert. Im März 2020 basierten die Empfehlungen auf Erfahrungen von Experten sowie Analogieschlüssen aus verfügbaren Daten aus dem Verlauf anderer Virusinfektionen, im Laufe der Pandemie dann zunehmend auch auf Erkenntnissen einer Infektion mit SARS-CoV-2. Wichtig ist für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, dass jede Aktivierung ihrer Rheumaerkrankung zu vermeiden ist. Eine aktive Rheumaerkrankung erhöht nämlich das Risiko für eine Infektion – und wenn die Rheumaerkrankung dann mit Kortison behandelt wird, erhöht dieses das Risiko einer Infektion noch einmal. Andererseits gibt es – neben dem Kortison – nur für ganz wenige Medikamente, die zur Behandlung von entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden, Daten, die auf eine Gefährdung von Rheumapatienten hinweisen. Dazu gehören das Rituximab, das Cyclophosphamid und möglicherweise – die Daten sind nicht eindeutig – auch Mycophenolat. Für alle anderen Medikamente, die in der Therapie von Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen eingesetzt werden, besteht kein Risiko für eine Infektion und daher lautet die Empfehlung der DGRh auch konsequenterweise, die anti-entzündliche Therapie der Rheumaerkrankung bei den allermeisten Patienten nicht zu ändern oder gar abzusetzen. Eine Patient mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung ist per se einmal nicht mehr gefährdet, eine SARS-CoV-2 Infektion zu erleiden, als ein nicht an Rheuma erkrankter Mensch. Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind daher für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen nicht notwendig – ein konsequentes Einhalten der geltenden Abstands- und Hygieneregeln schon (wie für jeden Menschen auch...). Wenn eine SARS-CoV-2 Infektion mittels PCR-Test nachgewiesen ist, kann eine Pause bestimmter Medikamente für wenige Tage erwogen werden, um zu sehen, ob die Infektion tatsächlich zu einer Erkrankung führt. Das gilt aber nicht für Kortison in einer niedrigen Dosierung, welches weiter eingenommen werden sollte. Wenn ein Patient mit einer entzündlich-rheumatischen Erkrankung Symptome einer COVID-19 Erkrankung entwickelt, sollte die Dauertherapie der Rheumaerkrankung unterbrochen werden – in Absprache mit den behandelnden Rheumatologen und gemäß Empfehlungen der DGRh. Wichtig ist auch hier, dass jede Aktivität der Rheumaerkrankung ein Risiko für den Patienten darstellt und daher unbedingt vermieden werden sollte. Ein Patient mit Rheuma entwickelt dieselben Symptome wie ein nicht an Rheuma leidender Mensch. Wenn eine Rheumaerkrankung allerdings innere Organe wie Herz oder Lunge befallen hat, haben Rheumapatienten ein ernstes Risiko für einen schwereren Verlauf einer COVID-19 Infektion. Daher gilt es, die Risiken für eine SARS-CoV-2 Infektion so gut wie möglich zu vermeiden. Nicht durch besondere Maßnahmen, sondern durch eine gute Therapie der Rheumaerkankung, das Einhalten der allgemein gültigen Hygiene- und Abstandsregeln und eine Impfung gegen SARS-CoV-2.

Welche Erkenntnisse gibt es aus dem Covid-19-Register?

Das COVID-19-Register der DGRh ist ein unvorstellbarer Schatz für Rheumapatienten, da es uns erlaubt, Daten zum Verlauf einer Infektion, zu Risikofaktoren für eine Infektion oder eine schwere COVID-19 Erkrankung, aber eben auch Daten zur Sicherheit einer Rheumatherapie zu erfassen und damit unsere Patienten korrekt und nicht auf dem Boden von Annahmen zu beraten. Das Register hat dazu beigetragen, dass wir die wichtigsten Risikofaktoren (höheres Lebensalter, Übergewicht, Komorbiditäten, hohe Krankheitsaktivität der Rheumaerkrankung) kennen. Es hat auch dazu beigetragen, Leben zu retten, denn im Register haben wir bereits im Mai 2020 erkannt, dass bestimmte Therapien ein hohes Risiko für schwere, manchmal sogar tödliche Verläufe einer SARS-CoV-2 Infektion, hatten. Diese Erkenntnis hat dazu geführt, dass solche Therapien in jedem Einzelfall überprüft und häufig auch geändert wurden. Im Register erfassen wir auch die Impfung und deren Folgen für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und wir können mit Recht sagen, dass das Risiko einer Aktivierung einer Rheumaerkrankung durch eine Impfung sehr sehr gering ist (etwa bei 1% der Geimpften).

Was spricht – mit Blick auf Rheuma – für oder gegen eine Covid-Impfung?

Die Impfung gegen SARS-CoV-2 ist die einzige Möglichkeit, das Risiko einer Infektion sowie das Risiko eines schweren Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung zu verringern. Die Impfstoffe sind sicher, sie sind keine Lebendimpfstoffe und die Daten aus den Beobachtungsstudien und Registern zeigen, dass sie für Patienten mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen kein anderes Risiko darstellen, als für nicht an Rheuma Erkrankte. Es stimmt zwar, dass es nach einer SARS-CoV-2-Impfung – wie bei jeder Impfung – zu einer vorübergehenden Aktivierung der zugrunde liegenden rheumatischen Erkrankung kommen kann, mit einer ähnlichen Wahrscheinlichkeit passiert das aber auch bei einer Infektion mit dem Virus. Während eine Reaktivierung einer Rheumaerkrankung aber im Falle einer SARS-CoV-2 Impfung mit entzündungshemmenden Medikamenten üblicherweise sehr gut behandelt werden kann, ist dieses bei einer Reaktivierung der Rheumaerkrankung in Folge einer Infektion nur eingeschränkt möglich. Denn das würde den Kampf des Immunsystems gegen das Virus beeinträchtigen und daher potentiell gefährlich sein. Mit Blick auf Rheuma spricht nichts, aber auch gar nichts gegen eine Impfung gegen SARS-CoV-2. Eine gewisse Vorsicht ist wegen der Gefahr von Thrombosen bei Patienten geboten, die an einem anti-Phospholipid-Antikörpersyndrom leiden. Bei diesen Patienten sollte die Impfung in enger Rücksprache mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt erfolgen. Unter laufender hoch dosierter Glukokortikoidtherapie, unter einer Therapie mit Rituximab und möglicherweise unter einer Therapie mit Mycophenolat kann der Impferfolg abgeschwächt sein. Deshalb sollte auch hier die Impfung zusammen mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten geplant werden. Generell empfiehlt die DGRh aber jeder Patientin und jedem Patienten mit Rheuma die Impfung gegen SARS-CoV-2.


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