1. August 1844 Zoologischer Garten in Berlin eröffnet
Ob Pelz, Schuppe, Zahn, Pranke, Kralle, Rüssel oder Horn: Alles war erwünscht, wenn es nur dazu diente, Staunen zu erregen. Bei den Artgenossen war das von Vorteil und diente der Fortpflanzung. Sobald Tiere die Menschen faszinieren wird es gefährlich: Menschen geben gern mal mit fremden Federn an.
01. August
Montag, 01. August 2022
Autor(in): Anja Mösing
Sprecher(in): Johannes Hitzelberger
Illustration: Tobias Kubald
Redaktion: Frank Halbach
Dichter Pelz, lederne Schuppen, gebogene Riesenzähne, gewaltige Hörner, farbenprächtige Federn, auch Pranken groß wie Pfannen: einfach alles war erwünscht. Schon immer! Alles, was dazu diente, Faszination und Aufmerksamkeit der Weibchen zu erregen. Ist ja extrem wichtig für die Tiere: Fortpflanzung und so. Wunderbare Sache!
Schrecklich ist des Tigers Zahn
Jetzt kommt aber der Mensch: Von seiner ganzen Art her ein Jäger und Sammler. Von Beginn an. Gut: anfangs wird es mehr ums eigene Überleben gegangen sein. Um Nahrung. Aber irgendwann ging‘s los und die Menschen waren so "fasziniert" von manchen Tieren, dass die eben nicht gleich umgebracht und gegessen wurden. Gerade die gefährlichen nicht! Zum Beispiel die mit dem schönen Pelz: Ein Leopard vielleicht, oder ein Bär, oder ein Tiger, vielleicht sogar mal ein Löwe!
Ein wildes Tier einfach zu fangen, quasi zum Spaß, weil man‘s draufhat, das haben gerade mächtige Menschen schon vor tausenden Jahren gern gemacht. Oder machen lassen! Denn was sie Machtmäßig so draufhatten, konnten sie damit überdeutlich zeigen: Sie waren fähig, ein gefährliches Tier gefangen zu halten. Lebendig! Im Käfig! Und geschützt durch Gitterstäbe war es noch für das kleinste Menschenkind vollkommen ungefährlich, so ein Tier aus der Nähe anzustaunen. Faszinierend!
Bekannt ist, dass sich schon die altägyptische Pharaonin Hatschepsut in Theben eine Menagerie mit exotischen Tieren aller Art geleistet hat. Vermutlich war sie nicht die erste!
Damit mehr Action in diese Art Machtdemonstration hinein kam, gab es über viele Jahrhunderte eine kostspielige Unterhaltungsform: Gefährliche wilde Tiere wurden zum großen Vergnügen des Publikums aufeinandergehetzt, damit sie sich vor aller Augen zerfleischen. Das ist vorbei. Zum Glück.
Tiere für alle
Ob die Menschen zartfühlender wurden, oder ob irgendwann schlicht der Nachschub an kampftauglichen wilden Tieren ausging, ist nicht verbürgt.
Sicher ist: Menschliche Sammelleidenschaft einerseits und Überbietungswettbewerbe andererseits führten dazu, dass ungewöhnliche Tiere unter Mächtigen gern gönnerhaft verschenkt und präsentiert wurden. Wer es sich leisten konnte, hielt sich im eigenen Heim gern sein Wappentier: Bären im Burggraben, Löwen im Turm, ein Nashorn im Park, Elefanten, Antilopen, Leoparden oder mindestens: Fasane auf einer Insel - natürlich im eigens dafür angelegten See!
Erst in der Zeit der Aufklärung kamen aristokratische Tier-Sammlungen in Verruf. Warum diese "nutzlosen" Tiere füttern, während die Bevölkerung hungert?
Als am 1. August 1844 in Berlin der Zoologische Garten eröffnet wurde, war das in vielerlei Hinsicht ein großes Ding: Adelstitel? Egal! Bis heute ist das so. Alle Tiere darin gehörten schon im Jahre darauf jedem, der sich eine Zoo-Aktie kaufen konnte. Nun waren es Bürgerinnen und Bürger selbst, die sich eine Art Garten Eden schufen: angeleitet von Naturwissenschaftlern wandelten sie den Zoo Schritt für Schritt in einen Erlebnisraum. Inzwischen sogar in Räume, die recht erträglich wirken für ihre pelzigen, schuppigen oder gefiederten Bewohner.