Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Januar 1855 Wilhelm Ganzhorn, Dichter des Volkslieds "Im schönsten Wiesengrunde", heiratet

Das "Wiesengrund-Lied" von Wilhelm Ganzhorn ist eines der meistgesungenen deutschen Volkslieder. Und noch heute wird dort, wo der Dichter als Amtsrichter wirkte, war, sein Andenken gepflegt. Autor: Xaver Frühbeis

Stand: 18.01.2021 | Archiv

18 Januar

Montag, 18. Januar 2021

Autor(in): Xaver Frühbeis

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Frank Halbach

Es ist eins der bekanntesten deutschen Volkslieder. Eine Liebeserklärung an die Heimat, das Lied vom "schönsten Wiesengrunde". Sein Schöpfer heißt Ganzhorn. Wilhelm Ganzhorn. Der Mann war Richter und Poet dazu, ein Württemberger, aufgewachsen in Sindelfingen, als 15jähriger schon auf dem Gymnasium, später auch als Student der Rechte hat Ganzhorn Gedichte geschrieben, und als er Gerichtsaktuar in Neuenbürg war, ist ihm sein Meisterstück gelungen. Ein Heimat- und Wandergedicht mit dem Titel: "Das stille Tal", und den berühmten ersten Zeilen: "Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus". Dreizehn Strophen, wir kennen heute bloß mehr drei, die erste und die letzten beiden. Welches Tal und welchen Wiesengrund Ganzhorn in den dreizehn Strophen gemeint haben könnte, das haben viele versucht, herauszufinden. Als er alt war, hat man ihn danach gefragt, und er hat geantwortet, es war in Sindelfingen, als er dort in der Nähe spazieren ging. Jetzt gibt es da vermutlich einige Täler, aber in einem hatte Ganzhorns Großvater eine Mühle, bei dem Orte Döffingen, und da ist er wohl oft zu Besuch gewesen, also, denken die Döffinger, war das bei uns, und so haben sie ihre neue Sporthalle "Wiesengrundhalle" genannt.

Das Mädchen aus dem stillen Tal

Allerdings gibt es noch ein weiteres Tal in Ganzhorns Leben, und das zieht sich von dem Dörfchen Conweiler am Feldrennacher Bach entlang in das Nachbardörfchen Feldrennach. Conweiler liegt nicht weit von Neuenbürg, wo Ganzhorn Gerichtsaktuar gewesen ist. In Conweiler selbst gibt es ein Wirtshaus, das "Rössle", der Wirt, ein Herr Alber, hatte eine Tochter, und die hieß Luise. Wilhelm und Luise haben einander gekannt, sind wohl auch ab und an in dem Tal spazieren gegangen, und das hat dann so geendet, dass sie einander in Feldrennach, am anderen Ende des kleinen Wiesentals, geheiratet haben. Und dazu weiß der Volksmund jetzt eine rührende Geschichte.

Es heißt, der zwar schon verliebte, aber noch unverheiratete Ganzhorn sei eines Tages ziemlich plötzlich vom Amtsgericht Neuenbürg ins weit entfernte Aalen versetzt worden. Weg von seiner Liebsten, weg vom Gasthof ihres Vaters, und auch weg vom stillen Tal, in dem er mit ihr spazieren gegangen war. Und so habe sich in seiner letzten Nacht am Ort der Gerichtsaktuar Ganzhorn die dreizehn Strophen des Lieds vom Herzen gedichtet, und am nächsten Morgen habe Luise die beschriebenen Blätter auf dem Tisch im Gastzimmer gefunden, wo ihr Verlobter immer zu sitzen pflegte.

Liebe, aber kein Liebesgedicht

So geht die Geschichte. Dumm ist nur, dass sie nicht recht passt. Das Lied ist kein Liebesgedicht, die konnte Ganzhorn zwar auch, aber hier ist kein Wort von Liebe, sondern nur von Naturschönheiten. Als Ganzhorn das Gedicht geschrieben hat, war Luise erst vierzehn, und versetzt worden ist er erst drei Jahre später. Außerdem hätte er die Geschichte ja wohl erzählt, als sie ihn, als er alt war, danach gefragt hatten. Sowas vergisst man ja wohl nicht.

Wie immer es gewesen sein mag: am 18. Januar 1855 haben die beiden geheiratet, da war Luise achtzehn, und als Wilhelm Ganzhorn ein halbes Menschenalter später als Oberamtsrichter gestorben ist, war sein Lied vom schönsten Wiesengrund schon so populär, dass man es an seinem Grab gesungen hat. Im Gasthof "Rössle" übrigens weiß man heute noch ganz genau, wo der Gerichtsaktuar Ganzhorn damals immer gesessen ist, beim Trinken, beim Schäkern mit Luise und dann auch an diesem letzten Abend beim Dichten. Man nennt den Platz die "Dichterecke".


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