Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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19. Juli 1696 Weltweit erste Heiratsanzeige erscheint in englischer Wochenzeitung

Drum prüfe, wer sich ewig bindet… Ob sich was Besseres findet, lässt sich zum Beispiel eruieren über einen Blick in einschlägige Kontaktanzeigen. Groß, schön, unsagbar reich sucht… Autorin: Carola Zinner

Stand: 19.07.2018 | Archiv

19 Juli

Donnerstag, 19. Juli 2018

Autor(in): Carola Zinner

Sprecher(in): Ilse Neubauer

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Früher war alles einfacher. Wer sich verheiraten wollte, fragte seine Eltern, schaute sich im Dorf um und ging zum Tanz, und irgendwann traf er dann schon auf die Richtige. Und falls nicht, gab es immer noch den "Schmuser", den Hochzeitslader, der nicht nur perfekt Hochzeitsfeiern organisierte, sondern auch dafür sorgte, dass sie überhaupt zustande kamen. Ein Schmuser wusste, wer im heiratsfähigen Alter war, wie der familiäre Hintergrund aussah und ob es Vermögen gab, kurz: er wusste, was zusammenpasste und sorgte -  gegen ein kleines Entgelt - dafür, dass es auch zusammenkam.

Deckel für Topf

Mittlerweile ist der Beruf des Schmusers so gut wie ausgestorben und auf seine Eltern hört in Liebesdingen hierzulande auch niemand mehr. Also bleibt suchenden Herzen nichts anderes übrig, als selbst aktiv zu werden. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Mitgliedschaft in einem Wanderverein etwa oder regelmäßige Besuche von "Single Parties". Unangefochten Nummer eins jedoch ist die Kontaktanzeige. 

Nehmen wir den?

"Ein Herr von etwa 30 Jahren mit ansehnlichem Besitz sucht eine junge Dame mit einem Vermögen von ca. 3000 Pfund". So lautet das erste  bekannte Inserat dieser Art, erschienen am 19. Juli 1695 in der englischen Zeitschrift "Sammlung für den Fortschritt in Handel, Haus- und Landwirtschaft". Der Text ist kurz und knapp, das ist schon mal gut, ob er ein Erfolg war, steht trotzdem zu bezweifeln. Dafür hätte der Herr mit dem ansehnlichen Besitz nämlich schon noch ein bisschen mehr von sich preisgeben müssen. So lautet das Fazit zahlreicher Studien zum Thema "Kontaktanzeigen". Demnach ist die Chance auf Zuschriften umso größer, je mehr der Inserent über sich selbst verrät und je weniger er seinen Wunschpartner beschreibt. Herren verschaffen sich zudem Pluspunkte, wenn sie Humor beweisen.

Der heiratswillige Gentleman von 1695 jedoch scheiterte an einer anderen Hürde: Offenbar wirkte seine öffentliche Partnersuche per Anzeige auf die damalige Leserschaft extrem unseriös. So sah sich der Herausgeber der Zeitung genötigt, in der folgenden Ausgabe die ernsten Absichten des Inserenten zu beteuern. Später legte sich das Misstrauen. Heiratsanzeigen wurden so populär, dass es schließlich sogar eigene Heiratszeitungen gab, bei der man unter zahlreichen, meist außerordentlich gutaussehenden, humorvollen und vermögenden Wunschpartnern die Wahl hatte. Und genau so ging es dann im Internet weiter, dem heute größten Schauplatz für Kontaktanzeigen. Inserierende Damen sind dort übrigens besonders erfolgreich, wenn sie sich als blond und schlank beschreiben - völlig egal, ob es stimmt oder nicht. Bei der Partnersuche im Internet gibt allein das Foto den Ausschlag, ob Bild und Text zusammenpassen, spielt kaum eine Rolle.

Ob sich, was auf diesem Weg seinen Anfang nimmt, dann auch bewährt, steht auf einem anderen Blatt. Für die Chancen auf eine dauerhafte Beziehung spielt die "Liebe auf den ersten Blick" nämlich kaum eine Rolle. Entscheidend ist vielmehr, auch das hat die Wissenschaft herausgefunden, ob die Partner einem ähnlichen familiären Hintergrund entstammen und sich einigermaßen ebenbürtig sind in punkto Vermögen  und Bildung.

Das - spräche dann doch eher wieder für den Schmuser.


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