Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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9. November 1313 Ludwig der Bayer besiegt Friedrich den Schönen bei Gammelsdorf

Manchmal ist die Familienidylle perfekt, ein andermal genügt ein kleiner Zwist und aus dem, was einst völlige Harmonie war, wird bitterer Streit. Bis hin zur Auseinandersetzung auf dem Schlachtfeld. So passiert bei Ludwig dem Bayern und seinem Cousin Friedrich dem Schönen. Autor: Sebastian Kirschner

Stand: 09.11.2023 | Archiv

09 November

Donnerstag, 09. November 2023

Autor(in): Sebastian Kirschner

Sprecher(in): Hans-Jürgen Stockerl

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Wer Familie hat, braucht keine Feinde mehr: Wo eben noch friedvolle Einigkeit in der Sippe, da kann im nächsten Moment schon eine Blutfehde vom Zaun brechen. Familienfrieden passe. Respektvoller Umgang mit den lieben Verwandten? Nicht mehr in diesem Leben. Schon tausendfach so geschehen, und das Schema bleibt meist das gleiche.

Man wächst miteinander auf, erlebt Reibereien unter Geschwistern, versöhnt sich wieder. Alles super. Man trifft sich zum Kaffee, feiert rauschende Familienfeste, bittet, Pate für die lieben Kleinen zu werden. Die Oma freut sich, wenn die Enkel Weihnachten bei ihr verbringen, Onkel Georg ist der beste und großzügigste überhaupt. Und die Geschwister in der Familie sind so eng miteinander, da passt kein Haar dazwischen. Doch dann kommt sie, die eine Sache, die alles verändert.

Auf einmal gibt es kein nächstes Mal

Mal ist es der Zwist um Kleinigkeiten, der ins Grundsätzliche driftet, mal ein neuer Partner, der das Konstrukt Familie aus dem Gleichgewicht bringt. Und nur zu oft ist es der Tod eines Verwandten, der Streit ums Erbe entfacht. Die einen schimpfen dann im Stillen über die Bagage, fressen den Groll in sich hinein, bekommen Magengeschwüre. Bei anderen entlädt sich alles in einem großen Zoff. So auch schon vor über 700 Jahren, bei Ludwig dem Bayern und seinem Cousin Friedrich dem Schönen.

Zoff ums Erbe

Am Anfang stehen Reibereien unter Brüdern: Zwischen dem jungen Ludwig und Rudolf, Herzöge von Oberbayern. Denn Rudolf nimmt seinen kleinen Bruder nie so richtig ernst als gleichberechtigten Herrscher. Schließlich schlägt sich ihre habsburgische Mutter auf die Seite Ludwigs und lässt ihn am Wiener Hof aufwachsen. Dort lebt Ludwig mit seinem Cousin Friedrich. Sie sind Spielkameraden, lernen zusammen Latein.

Doch dann sterben zwei Cousins von Ludwig: Stephan und Otto, Herzöge von Niederbayern. Ludwig übernimmt die Vormundschaft für deren Söhne - und hat damit kurzerhand die Macht über ganz Niederbayern. Eine Sache, die den Witwen von Stephan und Otto überhaupt nicht behagt. Wo bleiben denn da bitteschön IHRE Rechte? In ihrer Not wenden sie sich an die benachbarten Habsburger. Herzog Friedrich soll‘s richten, ER soll Vormund sein und regieren.

Am 9. November 1313 kommt, was kommen muss: Die Brüder Ludwig und Rudolf haben sich inzwischen versöhnt, doch mit Cousin Friedrich folgt der große Knall - und zwar bei einem kleinen Ort westlich von Landshut. Der Familienstreit eskaliert in der Schlacht bei Gammelsdorf. "Eine Stunde lang schwankte die Entscheidung in dem Kampfe", heißt es bei Chronisten. Dann hatten die Bayern gesiegt.

In die Geschichte geht die Keilerei als große Schlacht ein, wegweisend für Ludwigs Karriere: König ab 1314, Kaiser des Heiligen Römischen Reichs ab 1328. Heute noch wird alle 50 Jahre der Schlacht gedacht, inklusive Ansprache des bayerischen Ministerpräsidenten, zuletzt Horst Seehofer 2013.

Ironie der Geschichte: Neueren Studien zufolge war die Schlacht nur ein kleines Scharmützel, das erst hinterher mythisch verklärt wurde. Und auch das ist typisch für Familienzwist: Die Geschichten darum werden mit der Zeit reichlich aufgebauscht. Doch oft war nur viel Tamtam um nichts.


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