Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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2. September 1949 Pfanni gründet Fertigknödelimperium

Auch wenn Kochkonkurrenten im Fernsehen weismachen wollen, dass man schon etliches da eben mal vorbereitet haben muss - Kochen geht auch ganz einfach. Packung aufreißen und ratz-fatz: Knödel auf den Tisch!

Von: Brigitte Kohn

Stand: 02.09.2019 | Archiv

02 September

Montag, 02. September 2019

Autor(in): Brigitte Kohn

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Vielleicht ist die Beziehung zwischen Mensch und Knödel deswegen so eng, weil der Mensch im Rohzustand mal selbst ein Knödel war. "Der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß", so steht es in der Bibel. Und er stattete ihn mit Händen aus, aber nicht mit Messer und Gabel. Die musste der Mensch schon selbst erfinden.

Tischbesteck im engeren Sinne gibt es allerdings erst seit dem 17. Jahrhundert. Vorher aß der Mensch mit den Fingern und neigte dazu, seine Nahrung zu Ballen zu formen, bevor er sie in den Mund schob. Von diesen Ballen konnte man ohne Mühe abbeißen; sehr praktisch in einer Zeit ohne Zahnprothesen. Das also war die Urform der Knödel, die überall auf der Welt verbreitet sind. Lange Zeit wurden sie nicht aus Kartoffeln, sondern aus Brot und Getreide gemacht, mit Fleischstücken drin, wenn man gerade welche hatte.

Fleischklops

Historisch betrachtet ist der Semmelknödel also viel älter als der Kartoffelknödel. Kein Wunder, die Kartoffel kam ja erst im Laufe des 16. Jahrhunderts von Südamerika nach Europa. Und hatte es in Bayern ganz besonders schwer. Denn die katholische Geistlichkeit stand der exotischen Knolle feindselig gegenüber. Über die kam die Kirche in ihrer Eigenschaft als Grundherrin nämlich nicht an den Zehnten heran, also an die zehnprozentige Abgabesteuer, die von den leibeigenen Bauern meist in Naturalien zu leisten war. Die Abgaben waren seit dem Mittelalter so festgelegt. Da die alten Verordnungen von Kartoffeln nichts wussten, verpflichtete ihr Anbau den modernen neuzeitlichen Bauern zu gar nichts. Und das gefiel der Kirche natürlich nicht.

Heute ist das alles längst Geschichte. Heute ist ein Leben ohne Kartoffeln ebenso undenkbar wie ein Schweinsbraten ohne Knödel. Knödelmachen geht ja auch ganz einfach: Packung aufreißen, Pulver in die Schüssel, Wasser dran und umrühren.

Es gab Zeiten, da musste man kiloweise Kartoffeln nach Hause schleppen, sich die Finger am Reibeisen blutig schaben: Die Hausfrauen der Nachkriegszeit hatten meist kein Küchenpersonal und keine Zeit für so was.

Leichter knödeln

Und die ursprünglich in München ansässige Firma Pfanni merkte das. Am 2. September 1949 brachte sie ein Kartoffelpulver auf den Markt, das man wahlweise zu Puffern oder Knödeln verarbeiten konnte. Das war damals gänzlich neu, eine Revolution auf dem Lebensmittelmarkt. Werbebusse fuhren übers Land, freundliche Propagandistinnen veranstalteten Kochvorführungen und verteilten Werbegeschenke an die skeptisch dreinblickenden Hausfrauen.

Da gab es zum Beispiel Taschenspiegel mit Zeichnungen von vergnügten Damen auf der Rückseite, deren Leben sich dank Pfanni so gestaltet, dass sie in der Hängematte liegen und gute Bücher lesen. Oder auf dem Sofa faulenzen und dicke Katzen streicheln. Oder auf der Parkbank sitzen und mit dem Liebsten turteln. Reicher an Gemütlichkeit ist die Welt im Wirtschaftswunderland trotzdem nicht geworden. Aber reicher an Fertigknödeln, das schon - die Pfanni-Produktpalette wuchs und wuchs.


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