Bayern 2 - Das Kalenderblatt


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18. Juli 1937 Münchner "Haus der Deutschen Kunst" eröffnet

Ein "Haus der Deutschen Kunst" – doch was die Kuratoren ausgesucht hatten für die Eröffnungsschau missfiel der Regiemspitze. Nachgebessert musste werden – nach dem zweifelhaften Kunstverständnis der NSDPA. Autorin: Birgit Magiera

Stand: 18.07.2018 | Archiv

18 Juli

Mittwoch, 18. Juli 2018

Autor(in): Birgit Magiera

Sprecher(in): Johannes Hitzelberger

Illustration: Tobias Kubald

Redaktion: Susi Weichselbaumer

Der Führer war echt sauer. Oder wie Josef Goebbels in seinem Tagebuch notiert: "der Führer tobt vor Wut." Adolf Hitler und sein Propagandaminister wollten an diesem Frühsommertag 1937 sehen, wie weit die Vorbereitungen waren: in wenigen Wochen sollte Hitlers Lieblingsprojekt eröffnen, - das Haus der Deutschen Kunst. Eine Jury hatte für eine allererste Ausstellung mehrere hundert Werke ausgewählt, die ihrer Ansicht nach deutsche Kunst hervorragend repräsentierten. Leider trafen sie des Führers Geschmack nicht so ganz.

Nichts dabei!!!

Goebbels Tagebuchnotizen: "Wir schaun uns die Auslese der Jury an. Bei der Plastik geht es noch, aber bei der Malerei ist es zum Teil direkt katastrophal." Und das wenige Wochen vor der Eröffnung! Hitler schmeißt die Jury raus und schickt seinen Fotografen Heinrich Hoffmann vor. Der tauscht etliche zu moderne Gemälde gegen genehmere Exponate aus: viel sentimentale Landschaftsmalerei, überdimensionale Skulpturen, kernige Bauernburschen, dralle Dorfschönheiten…

Am 18. Juli 1937, einem Sonntag, ist ganz München auf den Beinen. Die Straßen sind mit Draht überspannt, an denen bunte Fähnchen flattern. Hohe Fahnenmasten mit Bannern säumen die Ludwigstraße. Als sich der Festzug in Bewegung setzt, marschieren auf drei Kilometern Länge zweitausend Jahre deutsche Kunst: Darsteller der Bronzezeit hinter einem Wikingerschiff, weiß gekleidete deutsche Griechen flankieren einen riesigen rollenden Kopf der Göttin Athene. Vater Rhein folgt auf Mutter Erde. Siegfrieds in goldenen Umhängen begleiten den Themenwagen Richard Wagner und dazwischen marschiert SA und SS.

Pomp und Kult

Die Eröffnung des Hauses der Deutschen Kunst mitsamt Festumzug wird zur vielbesuchten Kultur-Propaganda. Mehr als 400tausend Besucher strömen in den kommenden Wochen durch die Ausstellungssäle.

Aber noch viel mehr Neugierige drängen ein paar hundert Meter weiter in die Ausstellung unter dem Titel "entartete Kunst": Picasso, Chagall, Otto Dix und Max Ernst, Klee und Kandinsky….konfisziert und geschmäht. 650 entartete Kunstwerke.

Aus den Notizen von Josef Goebbels: "Gestern Verfallsausstellung angeschaut. Das ist das Tollste was ich je gesehen habe. Glatter Wahnsinn. Wir nehmen nun keine Rücksicht mehr." 16tausend moderne Kunstwerke insgesamt werden im Lauf der Säuberungen ins Ausland verkauft oder zerstört, die Künstler mindestens mit Berufsverbot belegt.  

Dann, im Mai 1945 kommen die Amerikaner. Weil das Museums-Gebäude zwischen all den zerbombten Trümmerhaufen der Münchner Innenstadt eins der wenigen heilen ist und weil es eine funktionierende Gastronomie und Platz zum Tanzen hat, installieren die amerikanischen Besatzer im Haus der deutschen Kunst ihren Offiziersclub. Auf den Marmorboden der Ehrenhalle werden in roter Ölfarbe die Markierungen für ein Basketballfeld gepinselt und ins goldene Buch schreibt ein Sergeant neben die Unterschrift von Benito Mussolini: GI George was here too.

Als entnazifiziert gilt das Haus der Kunst – das "deutsch" war mittlerweile gestrichen - spätestens im September 1949, mit der Ausstellung: "der Blaue Reiter – München und die Kunst des 20. Jahrhunderts".

Der Führer hätte getobt vor Wut.


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